Vertragsrecht, Gebrauchtwagenkauf
Fragestellung
Sehr geehrter Herr Burgmer,
ich Januar 2019 habe ich ein gebrauchtes Fahrzeug bei der Mercedes Benz Niederlassung in Suhl (Thüringen) erworben.
Im Nachgang sind versteckte Mängel aufgetreten:
1. Unsachgemäße Ausbesserung am Frontscheibenrahmen und am Heck Fahrerseite (Für die Behebung dieser Mängel liegt eine bebilderte DAT Kostenschätzung i.H.v. rund 4500€ von der Mercedes Niederlassung Düsseldorf vor)
2. Das Dach wurde einmal komplett nachlackiert (im Heckbereich unsachgemäß), am Scheibenrahmen der Türe Fahrerseite hinten sind 2 kleine Roststellen (Fahrzeug ist aus EZ 12/2016). Für die Behebung dieser beiden Mängel hat mir die Niederlassung Düsseldorf mündlich Kosten i.H.v. ca. 3500 genannt.
3. Das Fahrzeug weist einen Schiefstand auf (es steht auf der Fahrerseite ca. 2 cm tiefer als auf der Beifahrerseite). Für die Korrektur wurde mir von der Niederlassung Düsseldorf mündlich ein Pries von ca. 2000€ genannt.
Gemäß den HIS Datenbank ist das Fahrzeug aber unfallfrei (zumindest wurde kein Schaden über eine Versicherung abgerechnet).
Der Verkäufer (die Mercedes Niederlassung in Suhl) hat mir nun den Rückkauf des Fahrzeuges abzüglich einer kalkulierten Nutzung angeboten.
Das Problem: Der angebotene Rückkaufwert obwohl nach dem Richtwert von 0,64% des KP je 1000km berechnet) liegt etwa 10.000€ unter dem Preisniveau welches ich aufwenden müsste, um zum gegenwärtigen Zeitpunkt ein vergleichbares Fahrzeug zu beschaffen. Grund: Es handelt sich um ein Mercedes G-Modell der letzten Baureihe, die sehr Wertstabil sind, bzw. zwischenzeitlich im Wert gestiegen. Demnach ist die Nachbesserung der o.g. Mängel für mich wirtschaftlich sinnvoller.
Hier ist der Verkäufer (da er natürlich in Kenntnis der o.g. Situation ist) nicht kooperativ. Aufgrund der räumlichen Distanz hatte man sich vor rund zwei Monaten darauf geeinigt, dass die Behebung der Mängel (vgl. Punkt 1) durch die NL Düsseldorf durchgeführt wird und die NL Suhl die Kosten hierfür übernimmt. Mein Fahrzeug hat dann 4 Wochen bei der NL gestanden, ohne dass etwas passiert ist, da die NL Suhl anders als vereinbart die Kostenzusage nicht erteilt hat, denn zwischenzeitlich sind die unter Pkt. 2 und 3 aufgeführten Mängel aufgetreten/sichtbar geworden. Ich habe dann das Fahrzeug nach 4 Wochen unverrichteter Dinge wieder abgeholt. Seitdem versuche ich von der NL Suhl die Zusage für die vollständige Beseitigung der Mängel zu erreichen. Jedoch wird von der Verkäuferseite seit Wochen nur taktiert, in dem man mir die vollständige Beseitigung nicht explizit zusagt. Es wird immer drum herum geschrieben. Das Fahrzeug soll per Spedition abgeholt werden. Nach Mängelbeseitigung (es wird nicht bestätigt, dass alle drei Mängel beseitigt werden) soll ich das Fahrzeug eigenständig wieder im 500km entfernten Suhl abholen. Von der Zur Verfügungstellung eines Ersatzfahrzeuges ist keine Rede.
Was würde Sie mir in diesem Fall raten?
Besten Dank für Ihre Einschätzung im Voraus und freundliche Grüße.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwalt Kriminaldirektor aD Willy Burgmer
Gerne zu Ihrem Fall:
Ihre Ausgangfrage: „Der Verkäufer (die Mercedes Niederlassung in Suhl) hat mir nun den Rückkauf des Fahrzeuges abzüglich einer kalkulierten Nutzung angeboten.“
Antwort: Das ist juristisch nichts anders als eine Rückabwicklung über das Gewährleistungsrecht beim Gebrauchsgüterkauf (§ 474 BGB) bei Vorliegen eines Mangels.
Hier gilt für die ersten 6 Monate eine Vermutung zu Ihren Gunsten: Zeigt sich innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang ein Sachmangel, so wird vermutet, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar.
Das heißt jedoch nicht, dass danach die Gewährleistung ausgeschlossen wäre. Nur könnte sich dann der Verkäufer entlasten, was aber bei den vorliegend von Ihnen beschriebenen Mängeln kaum gelingen wird.
„Angeboten“ hat der Verkäufer (VK) das wohl deshalb, weil das formaljuristisch Ihren Rücktritt vom Vertrag nach § 437 Absatz 1 Nr. 2 BGB voraussetzt, der allerdings zuvor eine verweigerte Nacherfüllung voraussetzt, weil diese einen Vorrang vor dem Rücktritt hat.
Diese Nacherfüllung muss sich auf sämtliche unter Ziff. 1 – 3 aufgeführten Mängel richten. Verweigert also der Verkäufer nach angemessener Fristsetzung diese Nacherfüllung auch nur teilweise, können Sie zurücktreten.
Aus der Ferne betrachtet, scheint der Verkäufer die Verweigerung der Nacherfüllung im Hinblick auf § 439 Absatz 4 BGB im Sinn zu haben so dass Sie auch ohne Fristsetzung vom Kauf zurücktreten könnten. Diesen Rücktritt müssen Sie dem Verkäufer (schriftlich per Fax oder Einschreiben - Einwurf und Inhalt möglichst vor Zeugen) erklären.
Rechtsfolge wäre die eingangs erwähnte Rückabwicklung: Ihr Geld zurück gegen Fahrzeug zurück.
Sie haben aber die freie Wahl: Nämlich nach § 439 Absatz 1 BGB als Nacherfüllung die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache zu verlangen.
Dabei hat der Verkäufer die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen, § 439 Absatz 2 BGB.
Also auch den Transport nach Suhl oder die Mängelbeseitigung in Düsseldorf.
Nach § 440 Satz 2 BGB gilt eine Nachbesserung nach dem erfolglosen zweiten Versuch als fehlgeschlagen, wenn sich nicht insbesondere aus der Art der Sache oder des Mangels oder den sonstigen Umständen etwas anderes ergibt, was ich vorliegend nicht erkennen könnte.
Der Fristsetzung bedarf es dann nicht, wenn der Verkäufer beide Arten der Nacherfüllung gemäß § 439 Absatz 4 erweigert oder wenn die dem Käufer zustehende Art der Nacherfüllung ( 2 mal) fehlgeschlagen ist.
Lassen Sie sich also nicht darauf ein, von Suhl nach Düsseldorf und zurück hin- und her verwiesen zu werden, sondern halten Sie sich an Ihren zur Gewährleistung verpflichteten Verkäufer und setzen Sie ihm vorsorglich eine angemessene, jedoch unmissverständliche Frist zur Nacherfüllung Ihrer Wahl und kündigen Sie nach fruchtlosem Fristablauf "Rücktritt und Schadensersatz ! (§ 325 BGB) an.
Stellen Sie mir gerne noch Nachfragen, wenn etwas unklar geblieben ist.
Bis dahin verbleibe ich,
mit freundlichen Grüßen:
Ihr
Willy Burgmer
- Rechtsanwalt
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