Erbrecht
Fragestellung
Sehr geehrte Damen und Herren,
Folgenden Sachverhalt möchte ich erklärt bekommen.
Es geht um ein Haus mit Grundstück.
Mein Vater ist 1993 verstorben.Er hatte kein Testament.
Meine Mutter und wir (4) Kinder sind dadurch eine Erbgemeinschaft geworden.
Sie hat ein Testament verfasst und dieses notariell beglaubigen lassen.Folgenden steht drin:
Ich treffe folgende Teilunganordnung:
Mein Anteil am Grundeigentum erhält meine Tochter X zu Alleineigentum.
Für die Übernahme hat sie an ihre Geschwister je 1/4 des Verkehrswertes meines Anteils ( Auszustellen durch Sachverständigungsgutachter)auszuzahlen.
Den Wert dieser Urkunde gebe ich mit ca.100.000 Euro an.
Meine Frage:
Ich verstehe nicht wie hoch der Anteil meiner Mutter ist.
Hat sie 100.000 Euro festgesetzt ?
Warum einen Gutachter?
Lieben Dank im Voraus
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwältin und Notarin Andrea Fey
Sehr geehrte/r Rechtsratsuchende/r,
nachfolgend nehme ich gerne zu den von Ihnen aufgeworfenen Fragen im Zusammenhang mit der Teilungsanordnung durch Ihre Mutter Stellung:
Dabei ist zunächst darauf hinzuweisen, dass Ihr Vater nach der gesetzlichen Erbfolge und dem gesetzlichen Güterstand zu folgenden Erbquoten folgt beerbt wurde: 1/2 Ihre Mutter und je 1/8 die 4 Kinder
Über diesen hälftigen Miteigentumsanteil hat Ihre Mutter nun durch notarielle Teilungsanordnung verfügt, dass Tochter X diese Hälfte erhält und die 3 Geschwister in Höhe von je 1/4 des Verkehrswertes des Anteils Ihrer Mutter auszahlt.
Da sich der Wert der Immobilie seit 1993 und seit der notariellen Beurkundung der Teilungsanordnung Ihrer Mutter sicherlich verändert hat, wünscht Ihre Mutter, dass der Verkehrswert zum Todeszeitpunkt Ihrer Mutter durch Sachverständigengutachten ermittelt wird, damit sich keines der Kinder benachteiligt fühlt.
Falls demgegenüber alle 4 Kinder Einigkeit über die Auszahlungshöhe haben sollten, könnte nun auch ein anderer Betrag durch notarielle Beurkundung festgelegt werden, bspw. dass Ihre Schwester allen 3 übrigen Geschwistern 25.000 EUR zahlt oder eben einen anderen Betrag.
In der Praxis stellt man aber häufig fest, dass es ohne Sachverständigengutachten nicht zu einer einvernehmlichen Regelung unter Geschwistern kommt, da wenigstens einer einen Nachteil befürchtet.
Der Wert der Urkunde, der mit ca.100.000 Euro angegeben wurde, dient im wesentlichen zu einer groben Orientierung und zur Abrechnung der Notarkosten. Nachträgliche Wertänderungen sind dabei natürlich nicht berücksichtigt. Die 100.000 EUR waren daher lediglich zum Zeitpunkt der notariellen Beurkundung von Ihrer Mutter angegeben und müssen nicht mit dem tatsächlichen Wert zum Todeszeitpunkt Ihrer Mutter übereinstimmen.
Daher wird in der Praxis meist ein Sachverständigengutachten von einem der Miterben gefordert.
Sie können aber natürlich auf Ihre Geschwister zugehen und diese befragen, ob man sich auch ohne Sachverständigengutachten einigen könnte. Dies sollte dann wiederum notariell beurkundet werden, damit Rechtssicherheit für alle Beteiligten eintritt.
Ich hoffe, Ihnen mit meinen Anmerkungen weitergeholfen zu haben, wünsche Ihnen viel Erfolg und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Andrea Fey
Rechtsanwältin und Notarin
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Vielen lieben Dank für die schnelle und ausführlich Antwort!
Können Sie mir den Verhalt der Anteile anhand eines Rechenbeispiel erklären?
Bezieht sich die Hälfte auf den Anteil meines Vaters oder des Gesamten?
Lieben Dank im Voraus
die Beantwortung, was konkret die Hälfte beinhaltet, hängt davon ab, wer ursprünglich Eigentümer der Immobilie war, also entweder Ihr Vater zu 100% oder Ihr Vater und Ihre Mutter hälftig zu je 50%.
Mit freundlichen Grüßen
Andrea Fey
Rechtsanwältin und Notarin
Es gehörte beiden zu jeweils 50%
nach dem Tod Ihres Vaters betrug somit der Anteil Ihrer Mutter am Grundstück 3/4. Sofern daher die notarielle Teilungserklärung nach dem Tod Ihres Vaters von der Mutter getroffen wurde, bezieht sich die Teilungsanordnung auf 3/4 des gesamten Grundstücks, da Ihre Mutter Miteigentümerin zu 3/4 war.
Bei einem Wert des gesamten Grundstücks von 400.000 EUR besaß daher Ihre Mutter 300.000. Die Immobilie geht daher zu einem angenommenen Wert von 300.000 EUR an Ihre Schwester. Diese muss dafür die 3 übrigen Geschwister zu je 1/4, also zu je 75.000 EUR auszahlen.
Dennoch sind dann die 3 übrigen Geschwister Miteigentümer nach dem Tod des Vaters zu je 1/16 der gesamten Immobilie geblieben. Hier kann es sich empfehlen, auch diesbzgl. eine Auszahlung der 3 Geschwister durch Ihre Schwester zu bewirken, damit sie danach Alleineigentümerin der Immobilie wird.
Denn dieser Punkt scheint noch nicht geregelt bzw. beachtet zu sein.
Mit freundlichen Grüßen
Andrea Fey
Rechtsanwältin und Notarin