Enterbung
Fragestellung
Meine Eltern hatten ein "Berliner Testament" verfasst und nach dem Tod meiner zurückgebliebenen Mutter im Jahre 2006 waren mein Bruder und ich Alleinerben. Wir waren zum Schluss unterhaltspflichtig für meine Mutter, so dass kein geldliches Vermögen mehr vorhanden war. Bei dem Erbe handelte es sich in erster Linie um Wohnungsgegenstände, vielleicht Schmuck und persönliche Dinge. Mein Bruder und meine Eltern waren in Berlin wohnhaft, während ich in Heidelberg lebe. An der Wohnungsauflösung meiner Eltern war deshalb lediglich mein Bruder beteiligt.
Inzwischen ist auch mein Bruder verstorben. In seinem Testament hat er mich enterbt und stattdessen dem Blindenwerk Vermögenswerte und Wohnungsgegenstände vererbt und mit der Wohnungsauflösung beauftragt.
Ich habe lediglich folgendes Problem. Bei der von meinem Bruder durchgeführten Wohnungsauflösung meiner Eltern befanden sich in der Wohnung ein Öl- und ein Aquarellbild. Beide Bilder haben für mich einen hohen Erinnerungswert. Eine Aufstellung darüber wer was „bekommt“ hat es nicht gegeben. Da die Bilder zur „Erbmasse“ meiner Eltern gehörten würde mich interessieren, ob ich trotz der Enterbung durch meinen Bruder ein Anrecht auf die elterlichen Bilder habe?
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Antwort von Rechtsanwalt Jürgen Vasel
Sehr geehrte/r Ratsuchende/r,
Ihren Angaben entnehme ich, daß Sie, da Ihr Bruder offenbar unverheiratet und kinderlos war, nach gesetzlicher Erbfolge als Erbe berufen gewesen wären.
Vorausgesetzt, daß das von Ihrem Bruder verfaßte Testament formgültig und wirksam war, sind Sie bezüglich des Nachlasses Ihres verstorbenen Bruders nunmehr tatsächlich vollständig enterbt und haben keine Herausgabeansprüche.
Als Miterbe nach Ihrer Mutter haben Sie jedoch einen Anspruch auf Aufeinandersetzung der Erbschaft nach Ihrer Mutter. Dieser ist noch nicht verjährt (Verjährung droht aber zum 31.12.2014). Der Anspruch ist gegen das Blindenwerk zu richten. Er richtet sich nicht unmittelbar auf die Gemälde, sondern auf die Hälfte des Gesamtnachlasses Ihrer verstorbenen Mutter.
Da Sie den Anspruch über einen recht langen Zeitraum nicht angemeldet haben, könnte der Anspruch jedoch verwirkt sein. Insoweit kommt es auf alle Umstände des Einzelfalls an.
Sie sollten das Blindenwerk zunächst zur Auskunft darüber auffordern, welche Gegenstände aus dem Nachlaß Ihrer Mutter (noch) vorhanden sind und dann in Verhandlungen über die Auseinandersetzung des Nachlasses treten.
Mit freundlichen Grüßen
Vasel
Rechtsanwalt
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