Bitte um Steuerberatung – Spekulationssteuer/gewerbl.Verkauf
Fragestellung
Wir sind Ehepartner und kürzlich zusammen mit unserem jüngeren Sohn von
Baden-Württemberg nach Bayern in die Nähe unseres älteren Sohnes gezogen.
Aus Alters- und familiären Gründen ergaben bzw. ergeben sich div. Immobilienverkäufe,
zu denen wir folgende Fragen wegen evtl. steuerlicher Folgen haben:
Frage 1: Fällt für unsere folgende Situation Spekulationssteuer an?:
- Kauf von 2 Eigentumswohnungen für den Eigenbedarf am 12.12.2013
(1x für Eltern, 1x für erwachsenen jüngeren Sohn).
- Übergabe der Wohnungen an uns nach Fertigstellung am 17.06.2015.
- Einzug in die Wohnungen aber erst am 15.07.2017
(Grund: Sohn schwer erkrankt, erst danach Verkauf unseres
30 Jahre selbst bewohnten Hauses möglich) während der ca. 2 Jahre Leerstand
zwischen Übergabe und Einzug keine Vermietung oder anderweitige Nutzung,
keine Abschreibung – immer für Eigennutzung vorgesehen – dagegen hohe Ausgaben
für Hausgeld und Zwischenfinanzierung bis zum Verkauf unseres o.a. Hauses).
- Verkauf der Wohnungen am 06.11.2018 (Datum Kaufvertrag) wg. Umzug nach Bayern
- Auszug aus den Wohnungen am 31.01.2019.
Frage 2: Auch für folgendes Vorhaben interessiert uns, ob Spekulationssteuer anfällt:
Die Ehefrau hat aus der gemeinsamen Erbmasse mit ihrer Schwester
am 14.06.2010 eine kleinere Eigentumswohnung in Baden-Württemberg
übernommen und der Schwester deren ½- Anteil abgekauft.
Sie möchte diese Wohnung nun ab ca. August 2019 (also ca. nach 9 Jahren) verkaufen.
Frage 3: besteht für uns die Gefahr eines gewerblichen Verkaufs?:
- Verkauf unseres 30 Jahre selbst bewohnten Hauses per 15.03.2017.
- Verkauf der 2 Eigentumswohnungen gem. Frage 2 per 06.11.2018.
- geplanter Verkauf der vermieteten Eigentumswohnung gem. Frage 2 noch in 2019.
Vielen Dank und freundliche Grüße
Hannelore und Hans K.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
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Antwort von Steuerberater Knut Christiansen
Guten Tag und vielen Dank für die Beauftragung bei yourXpert. Ihre Fragen beantworte ich Ihnen gerne im Rahmen einer Erstberatung. Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass dieses Forum eine ausführliche und persönliche steuerliche Beratung nicht ersetzen kann, sondern vor allem dafür gedacht ist, eine erste steuerliche Einschätzung zu ermöglichen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen könnte die rechtliche Beurteilung Ihres Anliegens anders ausfallen.
Zu Frage 1:
Der § 23 EStG regelt die grundsätzlich Besteuerung privater Veräußerungsgeschäfte. Die sogenannte Spekulationsfrist beträgt bei Immobilien grundsätzlich erst einmal 10 Jahre. Maßgeblich sind dabei immer die Daten der Kaufverträge. Der tatsächliche Übergang der Immobilien oder Umschreibungen im Grundbuch sind unerheblich. Sofern die Immobilie selbst genutzt wurde, ergeben sich jedoch Besonderheiten. Wurde die Immobilie seit Anschaffung bis zum Verkauf ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt, so liegt gem. § 23 EStG kein privates Veräußerungsgeschäft vor. Gleiches gilt für Immobilien, die im Jahr des Verkaufs und in den vorangegangenen beiden Jahren ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden.
In den Verwaltungsanweisungen der Finanzverwaltung liegt eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken in folgenden Fällen vor:
Der Steuerpflichtige muss das Wirtschaftsgut zu eigenen Wohnzwecken genutzt haben. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn er das Wirtschaftsgut allein, mit seinen Familienangehörigen oder gemeinsam mit einem Dritten bewohnt hat. Unschädlich ist, wenn der Steuerpflichtige Teile des Wirtschaftsguts einem Dritten unentgeltlich zu Wohnzwecken überlassen hat. Die dem Steuerpflichtigen zu eigenen Wohnzwecken verbleibenden Räume müssen jedoch noch den Wohnungsbegriff erfüllen und ihm die Führung eines selbständigen Haushalts ermöglichen. Ein Wirtschaftsgut wird auch dann zu eigenen Wohnzwecken genutzt, wenn es vom Steuerpflichtigen nur zeitweise bewohnt wird, in der übrigen Zeit ihm jedoch als Wohnung zur Verfügung steht (z. B. Wohnung im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung, nicht zur Vermietung bestimmte Ferienwohnung; auf die Belegenheit der Wohnung in einem Sondergebiet für Ferien oder Wochenendhäuser kommt es nicht an).
Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken liegt auch vor, wenn der Steuerpflichtige das Wirtschaftsgut einem Kind, für das er Anspruch auf Kindergeld oder einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG hat, unentgeltlich zu Wohnzwecken überlassen hat. Die unentgeltliche Überlassung eines Wirtschaftsguts an andere – auch unterhaltsberechtigte – Angehörige stellt keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG dar. Die Altenteilerwohnung in der Land und Forstwirtschaft ist kein vom Eigentümer zu eigenen Wohnzwecken genutztes Wirtschaftsgut.
Somit ergeben sich folgende Antworten bezogen auf Ihre Wohnungen:
Wohnung 1 (Wohnung der Eltern):
Sie haben die Wohnung laut Sachverhalt zumindest im Jahr 2017 und 2018 tatsächlich selbst genutzt, so dass die Ausnahme der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken im Jahr der Veräußerung (2018) und in den vorangegangenen beiden Jahren (2017 + 2016) nicht offensichtlich zutrifft. Wenn Sie allerdings nachweisen oder plausibel begründen könnten, dass Sie die Wohnung auch im Jahr 2016 uneingeschränkt hätten nutzen können (es müsste eine eingerichtete Wohnung sein, weil es auf die tatsächliche Nutzungsmöglichkeit ankommt), würden Sie für diese Wohnung die Voraussetzungen für die Befreiung erfüllen, so dass eine Besteuerung des Gewinns aus dem Verkauf nicht erfolgt. Können Sie diese Nutzungsmöglichkeit nicht nachweisen, so würde ein privates Veräußerungsgeschäft vorliegen. Der Gewinn wäre im Rahmen der Einkommensteuererklärung des Jahres, in dem Ihnen der Kaufpreis zufließt zu besteuern.
Wohnung 2 (Wohnung für den Sohn):
Wie oben in den Verwaltungsanweisungen ersichtlich, fällt die unentgeltliche Überlassung an Angehörige, für die kein Kinderfreibetrag mehr gewährt wird, nicht unter die Befreiungsmöglichkeit, so dass die Nutzung durch den erwachsenen Sohn nicht unter die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken fällt. Damit wäre der Gewinn aus dem Verkauf dieser Immobilie grundsätzlich als privates Veräußerungsgeschäft zu behandeln und zu versteuern. Sollten Sie für Ihren Sohn im Jahr 2018 noch Kindergeld oder Anspruch auf einen Kinderfreibetrag gehabt haben, müssten die Nutzungsvoraussetzungen wie in Wohnung 1 nachgewiesen werden.
Zu Frage 2:
Grundsätzlich ergeben sich aufgrund der Erbschaft und des Anteilskaufs zwei Anschaffungsvorgänge für Ihre Frau. Für den Anteil, den sie geerbt hat, übernimmt sie das Anschaffungsdatum sowie den Anschaffungszeitpunkt des Erblassers/der Erblasserin. Dieser dürfte länger als 10 Jahre in der Vergangenheit liegen und somit wäre ein Verkauf dieses Anteils steuerfrei möglich. Der Anteil, der im Jahre 2010 von der Schwester gekauft wurde, würde aber, da der Verkauf innerhalb von 10 Jahren erfolgt, steuerpflichtig. Ein Verkauf sollte daher, wenn er steuerfrei sein soll, erst nach dem 14.06.2020 erfolgen.
Zu Frage 3:
Verkauf des 30 Jahre selbst bewohnten Hauses per 15.03.2017.
Ob ein gewerblicher Grundstückshandelt vorliegt, bestimmt sich nach der Verwaltungsanweisung des Bundesfinanzministeriums (BMF-Schreiben). Dieses finden Sie z.B. hier: https://datenbank.nwb.de/Dokument/Anzeigen/129733/
Ein gewerblicher Grundstückshandel liegt insbesondere dann vor, wenn innerhalb eines Zeitraums von etwa 5 Jahren (dieser Zeitraum ist nicht als starr anzusehen) mehr als 3 Objekte veräußert werden. Ob die entsprechende Immobilie als Objekt in diesem Sinne behandelt wird, ergibt sich auch aus dem o.g. BMF-Schreiben.
Eine Immobilie, die mind. 5 Jahre selbst zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde, fällt dabei nicht unter die Objektdefinition. Der Verkauf des Wohnhauses ist also nicht als gewerblich zu qualifizieren und kann auch nicht in die Betrachtung eines möglichen Grundstückshandels einbezogen werden.
Verkauf der 2 Eigentumswohnungen per 06.11.2018
Diese Wohnungen haben Sie beide keine 5 Jahre selbst bewohnt, so dass diese grundsätzlich als o.g. Objekte in Frage kommen. Das BMF-Schreiben sieht aber noch folgende Ausnahme vor:
Ebenfalls nicht einzubeziehen sind Grundstücke, die eigenen Wohnzwecken dienen. Zu eigenen Wohnzwecken genutzte bebaute Grundstücke gehören in aller Regel zum notwendigen Privatvermögen (vgl. BFH-Urteil vom 16. Oktober 2002, BStBl 2003 II S. 245). Etwas anderes kann sich allerdings ergeben, wenn ein zur Veräußerung bestimmtes Wohnobjekt nur vorübergehend zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird (vgl. BFH-Urteil vom 11. April 1989, BStBl II S. 621). Bei einer Selbstnutzung von weniger als fünf Jahren ist das Grundstück dann nicht einzubeziehen, wenn der Veräußerer eine auf Dauer angelegte Eigennutzung nachweist, indem er darlegt, dass die Veräußerung auf offensichtlichen Sachzwängen beruhte (vgl. BFH-Urteil vom 18. September 2002, BStBl 2003 II S. 133).
Wenn Sie also nachweisen können, dass Sie die selbst genutzte Wohnung aus offensichtlichen Sachzwängen (ggfs. berufliche Veränderung --> Umzug nach Bayern) veräußern mussten, wäre diese Wohnung nicht mit einzubeziehen.
Die Wohnung, die Ihr Sohn genutzt hat, wäre aus meiner Sicht mit einzubeziehen und damit erst einmal als „Objekt“ im Sinne der 3-Objekt-Grenze zu definieren.
Geplanter Verkauf der vermieteten Eigentumswohnung gem. Frage 2 noch in 2019
Hier wäre der entgeltlich erworbene Anteil der Immobilie zu überprüfen, da der geerbte Anteil bereits länger als 10 Jahre im Eigentum war. Für den anderen Anteil wäre das Prüfschema des Gewerblichen Grundstückshandels abzuarbeiten (sie finden das Prüfschema am Ende des oben aufgeführten Links, ich finde es sehr hilfreich und übersichtlich). Demnach handelt es sich nicht um ein Objekt im Sinne der 3-Objekt-Grenze, wenn der Verkauf zwar innerhalb von 10 Jahren mit Gewinn erfolgt, der Verkäufer aber kein Branchenkundiger ist. Davon gehe ich bei Ihnen grundsätzlich nicht aus. Bitte korrigieren Sie mich, wenn es anders sein sollte. Danach wäre der Verkauf dieser Wohnung also auch nicht im Rahmen eines Gewerbebetriebs zu qualifizieren.
Zusammenfassung
Ein gewerblicher Grundstückshandel kann nur vorliegen, wenn mehr als 3-Objekte veräußert werden und diese Objekte im Sinne des gewerblichen Grundstückshandels sind. Da das Wohnhaus definitiv nicht unter die 3-Objekt-Grenze fällt, würden Sie „schlimmsten Fall“ max. 3 Objekte veräußern. Bei mind. 1 Objekt (Anteil der Eigentumswohnung in BW) gehe ich davon aus, dass dieses kein „Objekt“ ist. Aber selbst wenn, würden Sie die Grenze nicht überschreiten, so dass alle Verkäufe auf der privaten Ebene erfolgen. Ein gewerblicher Grundstückshandel ist unter den von Ihnen gemachten Angaben daher nicht zu erwarten.
Ich hoffe Ihre Frage damit beantwortet zu haben, sonst stellen Sie gerne kostenfreie Rückfragen ein.
Mit freundlichen Grüßen
Knut Christiansen
Steuerberater
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