In jedem von uns ist das kleine Kindlein von damals verborgen. Auch wenn wir erwachsen werden, bleibt die Erfahrung aus der Kindheit (alles was uns bewusst und unbewusst ist und damals war) in uns. Und somit ist das kleine Kind unter den Schichten, die wir mit der Zeit angelegt haben verborgen. Man kann das mit einer Zwiebel vergleichen. Die braune Schale ist der jetzige Erwachsene. Die weiteren Schichten sind die Erfahrungen, die man im Laufe des Lebens gesammelt hat. Je weiter man zur Mitte vordringt, desto weiter liegen die damaligen Erinnerungen und Erfahrungen vom jetzigen Zeitpunkt und desto mehr sind sie mit unseren Kindheit verbunden. In der Mitte ist der kleine Junge oder das kleine Mädchen, das darauf wartet erwärmt zu werden, dass man an ihn/sie sich erinnert und ihm/ihr einen Raum im Leben eines jeden Erwachsenen einräumt.

Kinder, die aus gestörten Familien in das Erwachsenenleben rauskommen, sind oft gestörte Kinder, weil es meistens an protektiven Faktoren nicht ausreicht, die das gestörte Familienleben ausgleichen können. Es ist bei Ihnen ein tiefes Gefühl von Verlust und Entsagung tief vergraben. Dieses ist einem Erwachsenen oft gar nicht bewusst. Dieses Gefühl regiert die gegenwärtigen Handlungen eines Erwachsenen. Da der Ruf des Verlustes vergraben bleibt und der Erwachsene keine Schritte in Richtung Ausgleich und Nachholung des Verlorengegangenen (Emotionen der Liebe, Geborgenheit, Aufmerksamkeit usw..) unternimmt, sucht er nach kurzfristigen emotionalen Erleben, die so intensiv sind, dass sie den Schmerz, der sich von Zeit zur Zeit bemerkbar macht, übertönen. 

Bei körperlichen oder sexuellen Misshandlungen sind die Verhaltensweisen des Täters und das Empfinden des Opfers offensichtlich, daher liegt es in der Gewohnheit die traumatischen Erfahrungen solchen negativen Ereignissen zu zuschreiben. Die emotionalen Verletzungen können das Leben eines Menschen genau so tief und langfristig beeinflussen. Diese sind heimtückischer, da man diese oft nicht genau kennt bevor man sich mit dem emotionalen Erleben in der Kindheit auseinander setzt. Bei emotionalen Verletzungen handelt es sich um äußere Bedürfnisse (essen, Hobbys nachgehen, Freundschaften pflegen usw..) und um innere Bedürfnisse (Liebe, Geborgenheit, Anerkennung usw..). Bei mangelnden Befriedigung der emotionalen Bedürfnisse eines Kindes, liegt der Grund meistens in der mangelnden Kenntnis der Eltern zu diesem Thema als wenn sie absichtlich ihre Kinder emotional vernachlässigen. Auch können die Eltern selbst in ihrer Kindheit eine emotionale Vernachlässigung erfahren haben, so dass es ihnen doppelt schwer ist den emotionalen Bedürfnissen ihres Kindes gerecht zu werden. 

Denkt man an grundlegenden Überlebensbedürfnisse eines Menschen, so hat man ein Bild im Kopf, dass das wichtigste um zu Überleben die Nahrung, Wasser, Schlaf, Wohnmöglichkeit sind. Die Kinder brauchen zum überleben mehr. Ihre psychische und emotionale Bedürfnisse spielen genau so wichtige Rolle, wie die physischen Bedürfnisse. Wenn man ein Kind einfach ernährt, wettergerecht anzieht und es ignoriert, wird so ein Kind nur selten überleben. Bspw. fand man in einer Studie mit neugeborenen Rhesusäffchen heraus, dass Trost für die wichtiger war als die Nahrungsaufnahme. Den kleinen Rhesusaffen stand die Wahl zwischen einer Drahtmutter und einer weich überzogenen Mutter. Die kleinen Tiere verbrachten mehr Zeit mit der Stoffmutter, obwohl diese nicht mit einer Fütterung in Verbindung gebracht werden konnte. Es wurde aus dieser Untersuchung ein Schluss gezogen, dass der Hauptgrund des Stilens den häufigen Körperkontakt und eine Zuwendung zwischen der Mutter und dem Kind darsellt. Demnach sind liebevolle Berührungen, Geborgenheit und Zuwendung grundlegende menschliche Bedürfnisse, die enorm wichtig für das innere und äußere Wachstum eines Kindes sind. 

Bei Kindern, deren Bedürfnisse unregelmäßig oder spontan befriedigt wurden, suchen als Erwachsene diese Bedürfnisbefriedigung mit falschen Mitteln. Sie lassen sich auf falsche Beziehungen ein, da sie nicht wissen, wie es richtig und guttuend für sie sein sollte. Sie verwechseln Liebe und einem Anflug von Gefühlen, die mit der Zeit schwinden. Diese Erwachsenen suchen nach Zärtlichkeit, Liebe und Geborgenheit, übersehen dabei die Absichten ihres Gegenübers. Sie gehen zu schnell Beziehungen ein, da sie oft davon ausgehen, dass ihr Gegenüber genau solche Bedürfnisse und Absichten hat, wie sie selbt. Sie projizieren ihre Gefühle und Bedürfnisse in ihr Gegenüber. Dieses Verhaltensmuster lässt sich auch in Freundschaftsbeziehungen erkennen und auch zum Teil in den Beziehungen zwischen den Kollegen. 

Kinder, denen postivite Streicheleinheiten fehlen, greifen oft zu den destruktiven Verhaltensweisen, um wenigstens auf diese Art Aufmerksamkeit zu bekommen. Sie ertragen negativen Streicheleinheiten und stillen somit ihr emotionales Bedürfnis nach Zuwendung. Die intensiven negativen Gefühle versetzen sie in Aufregung, die in einer ähnlicher Weise bei den positven Streicheleinheiten dabei ist. Somit haben sie ein Surrogat an Zuwendung von den Eltern bzw. der nahe stehenden, für das Kind wichtigen Personen. 

Hass steht auf dem anderen Achsenende als Liebe. Daher bekommen die Kinder lieber die intensive, hassmarkierte Aufmerksamkeit als mit einer Gleichgültigkeit zu leben. Sie spüren unbewusst, dass sie eine Aufmerksamkeit zum Überleben brauchen und nehmen dafür schwere Strafen, ausgeschimpft sein usw.. in Kauf. Der Paradox besteht darin, dass Kinder an das Elternteil gebunden bleiben, dass sie vernachlässigt hat oder gar schwer körperlich und psychisch misshandelt. Es kommt die Frage auf - warum bleiben die Kinder an ein gleichgültiges oder aggressives Elternteil gebunden? Beim Nachdenken können mehrere Faktoren herausgefiltert werden. Zum Bspw. geben die Kinder sich selbst die Schuld, dass sie ungeliebt waren, da sie sich schlecht benommen haben, nicht zugehört haben usw.. Zum anderen könnten diese Kinder im Erwachsenenalter denken, dass Ihre Eltern ihre Fehler irgendwann einsehen werden und sich für das ihnen zugefügte Leid entschuldigen werden. Dabei strengen sich manche Kinder oft an, um die elterliche Anerkennung zu bekommen, indem sie mit den Eltern den Kontakt aufrechterhalten, ihnen in Problemsituationen helfen usw.. 

Das Suchen nach Aufmerksamkeit durch das Zeigen eines negativen Verhaltens bleibt setzt sich bei diesen Kindern auch im Erwachsenenalter fort. Denn dies ist die einzige Möglichkeit die Aufmerksamkeit zu bekommen, die sie kennen. Bei manchen Erwachsenen ist das Selbstwertgefühl dermaßen angegriffen, dass sie zum Teil denken, sie habe die Strafen und das Schlechtbehandeltwerden verdient. Sie gehen Beziehungen ein und die seelische bzw. psychische Misshandlung setzt sich fort. Auch wenn sie spüren, dass ihnen die Beziehung geistig und körperlich nicht gut tut, bleiben sie darin, da sie einen anderen Umgang mit sich selbst und eine andere Lebensweise nicht kennen. Verschiedene Arten von Süchten, Depressonen, Essstörungen usw. sind weitere Formen der Konsequenzen, die aus der Kindheitsverletzheit resultieren können.