Urlaubsanspruch
Fragestellung
Guten Tag,
folgende Situation:
Ich bin seit 2010 bei meinem jetzigen Arbeitgeber. Hatte seit 2012 ca. ein unbefristeten Vertrag (siehe Anhang "Arbeitsvertrag". Nur ein Foto, welches den Abschnitt der Urlaubsregelung zeigt.) welcher 20 Urlaubstage plus 10 tariflich geregelte Urlaubstage beinhaltete.
Im Jahr 2015 habe ich über meinen Arbeitgeber ein duales Studium begonnen. Der alte Vertrag "ruht" seitdem.Der neue Praxisvertrag (siehe Anhang "Praxisvertrag") welcher geschlossen wurde für die Zeit vom 01.08.2015-31.07.2018 ist nicht tariflich geregelt und weist 30 Tage Urlaub aus.
Jetzt habe ich zum 31.07.2018 gekündigt. Meine Frage ist jetzt, wie viel Urlaubsanspruch ich habe.
Habe bis jetzt aus dem Betrieb heraus verschiedene Aussagen.
Zum einen die 1/12 Regelung, was 17,5, aufgerundet 18 Tage bedeuten würde.
Zum anderen die Aussage eines Gewerkschaftsvertreters, welcher meinte mir würde der volle gesetzlich zugesicherte Urlaub zustehen. Das wären in diesem Fall 20 Tage. Hierzu sei gesagt, er wusste nichts von dem Praxisvertrag. Er ging nur von dem normalen Arbeitsvertrag aus.
Ich kenne die ganzen Gesetze mit dieser Klausel, die drin stehen muss usw.
Mir stellt sich die Frage, worauf bezieht sich meine Kündigung? Zur Zeit gilt ja der Praxisvertrag, da der andere ruht. Gleichzeitig würde der Vertrag ja aber generell eh nur bis 31.07.18 laufen.
Vielleicht können Sie Licht ins dunkle bringen. Das würde mir sehr helfen!
Vielen Dank im voraus!
Mit freundlichen Grüßen
Marcus Oppermann
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwältin Uta Ordemann
Sehr geehrter Mandant,
vielen Dank für Ihre Anfrage die wie folgt zu beantworten ist:
1.
Es gibt Fälle, in denen ein Arbeitsvertrag kraft Gesetzes ruht. Dies ist zum Beispiel in der Elternzeit und beim Krankengeldbezug der Fall. In dieser Zeit sind die beiderseitigen Hauptleistungspflichten außer Kraft gesetzt, die Nebenpflichten aus dem Arbeitsverhältnis wie zum Beispiel die Verschwiegenheitsverpflichtung bleiben aber bestehen.
Auch bei einem ruhenden Arbeitsverhältnis erwirbt der Arbeitnehmer grundsätzlich einen Urlaubsanspruch.
2.
Sofern das Arbeitsverhältnis nicht kraft Gesetzes ruht, kann ein Ruhen von den Parteien auch vereinbart werden. Dies geschieht z.B. bei einem Sabbatical des Arbeitnehmers.
In Ihrem Fall ruht der alte Arbeitsvertrag nicht kraft Gesetzes. Es hätte damit ein Ruhen für die Dauer der Praxissemesterausbildung ausdrücklich vereinbart werden müssen. Aus dem Praxisvertrag ergibt sich nicht, dass der alte Arbeitsvertrag ruht und mit dem Ablauf des befristeten Praxisvertrages automatisch wieder auflebt.
Ich nehme an, dass es in Ihrem alten Arbeitsvertrag auch eine Klausel gibt, nach der Änderungen zu dem Vertrag der Schriftform bedürfen. Das bedeutet. dass Änderungen zu dem Vertrag und damit auch ein Ruhen des Vertrages hätten schriftlich vereinbart werden müssen. Gibt es eine solche schriftliche Vereinbarung nicht, ist nicht von einem Ruhen des Vertrages auszugehen. Dann gilt vielmehr der aktuelle Praxisvertrag, der damit den alten Arbeitsvertrag ersetzt hat. Der alte Arbeitsvertrag wäre damit mit dem Inkraftreten des Praxisvertrages obsolet bzw außer Kraft gesetzt. Wenn der alte Arbeitsvertrag nach dem Ablauf der Befristung hätte wieder aufleben sollten, hätte dies ausdrücklich vereinbart werden müssen. Dies ist hier offensichtlich aber nicht geschehen. Es gilt damit ausschießlich der Praxisvertrag, der am 31.07.2018 aufgrund der Befristung ausläuft.
3.
Für den bestehenden Urlaubsanspruch ist dies letztlich aber nicht relevant; denn der volle Urlaubsanspruch entsteht nach Ablauf der Wartezeit von 6 Monaten (§ 4 BUrlG). Die Zwölftelregelung findet nur dann Anwendung, wenn der Arbeitnehmer vor Ablauf der Wartezeit oder im ersten Halbjahr eines Jahres ausscheidet. Beides trifft hier aber nicht zu. Da Sie erst zum 31.07. aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden, haben Sie den Anspruch auf den vollen Jahresurlaub für das Jahr 2018 bereits am Jahresbeginn erworben. Auf die Befristung kommt es dabei nicht an.
Der Arbeitnehmer hat - wenn das Arbeitsverhältnis mehr als 6 Monate bestanden hat - immer den Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub von 20 Tagen bei einer 5-Tage-Woche bzw. von 24 Tagen bei einer 6-Tage-Woche. Diesen kann er bei einem Ausscheiden nach mehr als 6-monatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses und einem Ausscheiden in der zweiten Jahreshälfte immer beanspruchen. Darüber hinaus hat er grundsätzlich auch Anspruch auf den zusätzlichen vertraglichen Urlaub. Der Arbeitgeber hat aber die Möglichkeit, im Vertrag zu regeln, dass der Arbeitnehmer in Bezug auf den zusätzlichen vertraglichen Urlaub nur einen anteiligen Anspruch pro Monat erwirbt, wenn er in der zweiten Jahreshälfte ausscheidet. Hier kann dann die Zwölftel-Regelung vertraglich vereinbart werden. Eine solche Regelung hat der Arbeitgeber aber nicht in den Vertrag mit aufgenommen, so dass Sie den vollen Urrlaubsanspruch von 30 Tagen gegenüber Ihrem Arbeitgeber beanspruchen können. Er kann dann entweder gewährt oder auch abgegolten werden, wenn er wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr genommen werden kann.
Der Arbeitgeber hat bei Beendigung eine Bescheinigung über den bereits gewährten bzw abgegoltenen Urlaub zu erstellen (§ 6 BUrlG). Falls Sie bereits den kompletten Jahresurlaub in Ihrem jetzigen Arbeitsverhältnis beansprucht haben, haben Sie keinen Urlaubsanspruch mehr gegenüber dem neuen Arbeitgeber für das Jahr 2018.
Falls Sie noch Fragen hierzu haben, melden Sie sich gern.
Mit freundlichen Grüßen
Uta Ordemann
Rechtsanwältin
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Melden Sie sich jederzeit gern, falls nochmals Fragen auftreten sollten.
Mit den besten Grüßen
Uta Ordemann
Kann gut sein, da mein Arbeitgeber wohl darauf pocht die 1/12 Regelung in Anspruch zu nehmen im Eintritts- und Austrittsjahr. Aber das kläre ich Anfang nächster Woche.
Mal sehen wie weit ich da alleine komme.
Wünsche Ihnen ein schönes Wochenende!
Mit freundlichen Grüßen
Marcus Oppermann
Mit freundlichen Grüßen
Uta Ordemann
folgende Antwort habe ich jetzt erhalten von meinem derzeitigen Arbeitgeber:
Sehr geehrter Herr Oppermann,
in Bezug auf Ihr Schreiben vom 20.06.2018 und Ihrer u.a. Mail nehme ich wie folgt Stellung:
Leider können wir einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zustimmen. Ihr Arbeitsverhältnis endet aufgrund Ihrer Kündigung vom 31.05.2018 zum 31.07.2018. Gerne können wir Sie ab 15.07.2018 bis zum 31.07.2018 unbezahlt freistellen.
Ihr Urlaubsanspruch für das Jahr 2018 beträgt 20 Tage, davon haben Sie bis einschließlich 30.06.2018 19 Tage genommen. Der verbleibende Anspruch von einem Tag ist bitte bis zur Beendigung zunehmen. Ihrem Gesamtanspruch wird die Teilungsregelung des Bundesurlaubsgesetzes zu Grunde gelegt, d.h. 2,5 Tage pro Monat und aufgrund des Ausscheidens zum 31.07.18 auf den gesetzlichen Mindesturlaub auf 20 Tage aufgerundet.
Würde mich freuen, wenn sie mir dazu noch einmal eine Stellungnahme schicken würden. Der Urlaub im Vertrag ist ja nicht aufgesplittert in 20 gesetzliche Tage und 10, vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten, Tage.
Mit freundlichen Grüßen
Marcus Oppermann
ich bin jetzt gleich in Verhandlungen und werde Ihnen vsl heute am späteren Abend noch antworten. antworten.
Mit besten Grüßen
Uta Ordemann
das ist richtig. Der Arbeitgeber geht hier zutreffend davon aus, dass Sie den vollen gesetzlichen Urlaubsanspruch von 20 Tagen bei einer 5-Tage-Wche erworben haben, da Sie erst in der zweiten Jahreshälfte ausscheiden. Er hätte rechtlich die Möglichkeit gehabt, den darüber hinausgehenden vertraglichen Urlaubsanspruch von 10 Tagen zu beschränken und zu regeln, dass Sie insoweit nur einen anteiligen Anspruch erwerben, wenn Sie in der 2. Jahreshälfte ausscheiden. Von dieser Möglichkeit hat der Arbeitgeber hier aber keinen Gebrauch gemacht, so dass Sie auch den vollen zusätzlichen vertraglichen Urlaubsanspruch von 10 Tagen bereits erworben haben und gegenüber Ihrem Arbeitgeber geltend machen können.
Mit den besten Grüßen
Uta Ordemann