Steuerpflicht bei Immobilienverkauf
Fragestellung
Ausgangslage:
1. Kauf eines Reihenhauses vom Bauträger im Jahre 1998 zur ausschließlichen Vermietung im Privatvermögen.
2. Hohe Abschreibungen und Werbungskosten in den Jahren 1998 bis 2004.
3. Da in dieser Zeit die Abschreibungen und Werbungskosten einer Reihe meiner Immobilien sehr hoch waren, enthalten die Steuerbescheide den teilweise Vorläufigkeitsvermerk nach § 165 Abs. 1 Satz 2 A0 mit dem Bezug unter den Erläuterungen auf die entsprechenden Anlagen V und Liebhaberei.
4. Ab dem Jahr 2005 beziehen sich die Vorläufigkeitsvermerke nicht mehr auf die Immobilien, es wurde also scheinbar nicht mehr von Liebhaberei ausgegangen. Ab 2007 wurden ausschließlich Gewinne erzielt.
5. Einschl. Steuererklärung 2019 werde ich noch einen minimalen über den Gesamtzeitraum bilanzierten steuerlichen Verlust ausweisen, d. h. es ist insgesamt kein steuerlicher Gewinn erzielt worden.
6. Ich überlege, diese Immobilie in 2020 nach erfolgter Kündigung der Mieter zu verkaufen.
Meine Frage:
Ist das Finanzamt nach Verkauf berechtigt – sofern dieser steuerliche Verlust erkannt wird – die Bescheide 1998 bis 2004 neu zu berechnen unter Abzug der entsprechenden Abschreibungen und Werbungskosten auf diese Immobilie und eine Nachversteuerung vorzunehmen, die ja dann mit entsprechend aufgelaufenen Zinsen zu zahlen wäre? Da die Bescheide ab 2005 Bestand hätten, wären dann die positiven Einkünfte der Folgejahre nicht mit zu berücksichtigen?
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Steuerberater Knut Christiansen
Guten Tag und vielen Dank für die Nutzung von yourXpert. Ihre Frage möchte ich Ihnen gerne im Rahmen einer Erstberatung beantworten.
Grundsätzlich führt ein Vorläufigkeitsvermerk gem. § 165 AO dazu, dass die Festsetzungsverjährung im Ablauf gehemmt ist. Gem. § 171 Abs. 8 AO endet die Festsetzungsverjährung erst nach Ablauf eines Jahres, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erhält. In Ihrem Fall bestand die Ungewissheit in der Einkunftserzielungsabsicht, weil in den Jahren 1998-2004 hohe Werbungskosten geltend gemacht wurden und es daher zu hohen Verlusten führte. Ab dem Jahr 2007 wurden ausschließlich Gewinne erzielt. Demnach wäre unter Berücksichtigung des Urteils vom Finanzgericht Münster, Urteil vom 21.02.2018 – 7 K 288/16 E, davon auszugehen, dass diese Unsicherheit mit dem Jahr 2007 beseitigt wurde. Sie haben aus meiner Sicht seit dem Jahr 2007 bewiesen, dass positive Einkünfte erzielt werden und dass damit grundsätzlich ein Totalüberschuss erzielt werden kann. Das Finanzamt hatte dadurch auch Kenntnis davon, zumal sich die positiven Einkünfte nachhaltig in den Folgejahren bestätigten. Damit wären die Bescheide 1998-2004 im Jahr 2020 längst festsetzungsverjährt, so dass eine Änderung der Bescheide nicht mehr möglich wäre. Dieses betrifft dann im Übrigen auch die nachfolgenden Bescheide, wenn diese keinen Vorläufigkeitsvermerk hinsichtlich der Einkunftserzielungsabsicht enthalten.
Ich würde jedoch, weil das Verhalten des Finanzamtes nicht vorhersehbar ist und Sie sicherlich keinen Klageweg beschreiten wollen, das zeitnah Finanzamt anschreiben und um Aufhebung der Vorläufigkeitsvermerke für die Steuerbescheide 1998-2004 bitten und dieses mit o.g. Urteil begründen. Erläuterungen zu dem Urteil finden Sie z.B. hier: https://www.raschlosser.com/steuerrecht/einkommensteuer/einkommensteuer-privat/die-festsetzungsverjaehrung-bei-liebhaberei/
Ich hoffe Ihre Frage damit beantwortet zu haben, sonst stellen Sie gerne kostenfreie Rückfragen ein.
Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass dieses Forum eine ausführliche und persönliche steuerliche Beratung nicht ersetzen kann, sondern vor allem dafür gedacht ist, eine erste steuerliche Einschätzung zu ermöglichen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen könnte die rechtliche Beurteilung Ihres Anliegens anders ausfallen.
Mit freundlichen Grüßen
Knut Christiansen
Steuerberater
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