Rücktritt vom Mietvertrag
Fragestellung
Diese Frage stelle ich für die Mieterin, die die deutsche Sprache nicht beherrscht. Ggf. wird sie eine Vollmacht erteilen.
Die Mieterin kam gestern, nach einem 25-Stunden Flug und einem erforderlichen Covid-Test in Frankfurt an. Sie studiert an der Hochschule Darmstadt und hat ein Visum für 2 Jahre.
Die Miete eines Zimmers in diesem Studentenwohnheim hatte sie vorab online vorbereitet, vertrauend auf die Aussagen und Bilder im Internet. Beim Mietobjekt in Dieburg angekommen, unterzeichnete sie beim anwesenden Hausmeister den Vertrag, überreichte die Kaution und vereinbarte Miete in bar. Dann wurde das Zimmer besichtigt und ein entsprechendes Protokoll erstellt. Diese Unterlagen gibt der Hausmeister angabegemäß an die Fa. Quartier 56 als Vermieter.
Das war alles sehr überraschend und verwirrend für sie, weil sie auch die deutsche Sprache nicht beherrscht.
Ich habe dann gemeinsam mit ihr die gesamte Anlage besichtigt und festgestellt, dass das Zimmer in einem schlechten Zustand und die Gemeinschaftsräume, Küche, Dusche, Toilette in einem desolaten Zustand sind – völlig verdreckt, nahezu ekelerregend. Das alles entspricht in keiner Weise den Bildern und Aussagen im Internet.
Ich habe ihr geraten, sich umgehend an den Vermieter zu wenden und zu reklamieren. Auf ihre Nachricht erhielt sie heute Morgen die Antwort, dass der Zustand des Zimmers in Ordnung sei und die Sauberkeit in der Hausordnung geregelt. Hier solle sie auf die Mitbewohner zugehen.
Frage ist nun, ob und wie sie schnellstmöglich vom Vertrag zurücktreten kann, wenn ja, was dabei zu beachten ist und zu welchem weiteren Vorgehen Sie raten.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwalt Daniel Hesterberg
Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne auf Basis Ihres Einsatzes und des von Ihnen mitgeteilten Sachverhalts wie folgt beantworte:
Denkbar und möglich wäre hier eine außerordentliche Kündigung, was hier aber leider durchaus problematisch ist. Im Einzelnen:
Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten.
Aber:
§ 536b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) - Kenntnis des Mieters vom Mangel bei Vertragsschluss oder Annahme - schreibt vor:
"Kennt der Mieter bei Vertragsschluss den Mangel der Mietsache, so stehen ihm die Rechte aus den §§ 536 und 536a nicht zu.
Ist ihm der Mangel infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben, so stehen ihm diese Rechte nur zu, wenn der Vermieter den Mangel arglistig verschwiegen hat.
Nimmt der Mieter eine mangelhafte Sache an, obwohl er den Mangel kennt, so kann er die Rechte aus den §§ 536 und 536a [Minderung und Schadensersatz] nur geltend machen, wenn er sich seine Rechte bei der Annahme vorbehält."
Das bezieht sich zwar nicht direkt auf die Kündigung, sondern nur auf die Mängelrechte, aber hat dennoch eine Bedeutung für die Kündigung, da diese treuwidrig wäre, wenn man in Kenntnis der Mängel den Mietvertrag schließt, um ihn dann wieder direkt kündigen zu wollen.
Folgende Möglichkeit bestünde aber:
Nichtsdestotrotz sollte der Vermieter unter Fristsetzung zur Mängelbeseitigung aufgefordert werden und für den Fall des Unterlassens eine außerordentliche Kündigung angedroht werden.
Die Gefahr besteht, dass der Vermieter das eben nicht anerkennt.
Ihm Arglist zu unterstellen, ist zwar möglich, aber dann hätte man die Wohnung in diesem Zustand so nicht annehmen dürfen und der Vertrag hätte nicht unterschrieben werden müssen. Das kann und dürfte der Vermieter einwenden.
Leider wird man sich – da ist die Rechtsprechung streng – nicht allein mit Sprachproblemen herausreden können, da man ansonsten einen Begleitperson hätte mitnehmen müssen, was von der Rechtsprechung einem als zumutbares Mittel aufgebürdet wird.
Im Übrigen sind aber auch die Mängel, die erkennbar waren, nicht ein Problem der Sprache, sondern diese konnten ja unabhängig davon entdeckt werden.
Leider kann ich Ihnen da also hinsichtlich einer Kündigung keine allzu großen Hoffnungen machen und sehe das kritisch.
Ich bedaure, Ihnen keine bessere Antwort geben zu können, bin aber als Anwalt gehalten auf die nicht unerheblichen Risiken eines weiteren Vorgehens im Sinne einer Kündigung hinzuweisen.
Ich hoffe, Ihnen damit weitergeholfen zu haben und wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.
Vielen Dank im Voraus für Ihre Bewertung meiner Antwort. Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Hesterberg
Rechtsanwalt
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