Grunderwerbsteuer auf Grundstück und Haus?
Fragestellung
Hallo,
wir haben im April 2019 Kontakt zu einem Grundstücksverkäufer aufgenommen und im Mai 2019 eine E-Mail erhalten, dass der Bebauungsplan voraussichtlich im Juni 2019 rechtskräftig wird und daraufhin der Verkaufsstart zeitnah erfolgen kann.
Basierend auf dieser Angabe haben wir im Juli 2019 einen Bauträger, welchen in keinerlei Verbindung zum Grundstücksverkäufer steht, kontaktiert und ein Angebot für ein Haus im August 2019 erhalten sowie den Bauvertrag Ende August 2019 unterschrieben. Dieser Bauvertrag enthält die Kündigungsklausel, dasss bis vor Baubeginn mit einer Vertragsstrafe von 10% des Hauspreises gekündigt werden kann.
Anfang Juli teilte uns der Grundstücksverkäufer mit, dass der Bebauungsplan aufgrund von Kommunalwahlen erst im August 2019 wohl rechtskräftig wird und der Vertrieb der Grundstücke im September 2019 voraussichtlich erfolgen wird. Am Ende konnten wir das Grundstück erst Ende September 2019 reservieren und den Notarvertrag im November 2019 unterschrieben.
Das bedeutet, dass wir den Bauvertrag im August 2019 und den Notarvertrag im November 2020 unterschrieben haben.
Wir haben im Mai 2020 den Bauantrag gestellt und nun im Juli 2020 einen Fragebogen vom Finanzamt erhalten. Dieser soll klären, ob es sich um ein einheitliiches Vertragswerk handelt.
Da der Baustart noch nicht erfolgt ist und noch keine Baugenehmigung erteilt wurde, würden wir den Bauträger nicht erwähnen, da wir nach derzeitigen Stand jederzeit den Bauvertrag kündigen können und somit nicht zwanghaft am Bauträger gebunden sind.
Nun zur Frage:
Wie hoch stehen die Chancen, dass weiterhin nur auf das Grundstück die Grunderwerbssteuer erhoben wird
Mit freundlichen Grüßen
Steve Schneider
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Steuerberater Bernd Thomas
Sehr geehrter Herr Schneider,
gerne beantworte ich Ihre Anfrage aufgrund Ihrer Angaben im Rahmen einer Erstberatung auf yourXpert. Die Beantwortung erfolgt gemäß der von Ihnen gemachten Sachverhaltsangaben. Fehlende oder fehlerhafte Angaben können das rechtliche Ergebnis beeinflussen.
Ein rechtlicher Zusammenhang der beiden Verträge kann sich nach der Rechtsprechung daraus ergeben, dass sie in ihrer Gültigkeit ausdrücklich voneinander abhängig gemacht werden oder wenn die Vereinbarungen, auch ohne eine solche ausdrückliche Bestandsverknüpfung, nach dem Willen der Parteien derart voneinander abhängig sind, dass sie miteinander „stehen und fallen“ sollen. Dies ist z.B. anzunehmen, wenn der Kaufvertrag für das Grundstück unter der aufschiebenden Bedingung steht, dass ein Bauvertrag geschlossen wird (BFH v. 10.12.2019, II B 20/19, juris, Rn. 11). Auch wenn nur einer der Vertragspartner einen solchen Einheitswillen erkennen lässt und die andere Partei ihn anerkennt oder zumindest hinnimmt, kann ein einheitliches Vertragswerk vorliegen (vgl. BFH v. 23.6.1982, II R 155/80, BStBl II 1982, 741; BFH v. 21.12.1982, II R 124/79, BStBl II 1982, 330). (vgl. Jochum in Griesar/Jochum, eKomm Ab 1.1.2015, § 9 GrEStG Rz. 22 (Aktualisierung v. 23.7.2020)).
Grundsätzlich haben Sie gemäß Sachverhaltsdarstellung den Grundstückskaufvertrag so geschlossen , dass es Ihnen frei steht, mit welchem Bauunternehmen Sie das Gebäude errichten wollen und den Bauvertrag auch mit einem Kündigungsrecht ausgestattet.
Die zeitliche Abfolge der Verträge könnte jedoch als Indiz für eine Verbindung gewertet werden, da es nach der Lebenserfahrung unüblich ist, ohne Eigentum oder anderem dinglichen Recht am Grundstück einen Bauvertrag abzuschließen, der nur gegen einen Schadenersatz von 10 % gekündigt werden kann.
Das Finanzamt könnte dies als starkes Indiz dafür werten, dass beide Verträge tatsächlich miteinander verbunden sind ("Einheitswille" wird vom Käufer hingenommen, siehe oben).
Somit halte ich es nicht für ausgeschlossen, dass das Finanzamt einen entsprechenden Grunderwerbsteuerbescheid auch unter Einschluss des Bauvertrages erläßt. Dies könnte insbesondere auch dann der Fall sein, wenn die Kombination aus Grundstücksverkäufer und Bauunternehmen mehrer Grundstücke im selben Baugebiet mit einer solchen Konstruktion zeitnah veräußert.
Gerne stehe ich Ihnen für eine Rückfrage zur Verfügung und im Übrigen würde ich mich, für den Fall, dass Sie mit meiner Beratung zufrieden waren, über eine positive Bewertung hier auf yourXpert sehr freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Bernd Thomas
Steuerberater
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