Gesamtschuldnerausgleich
Fragestellung
Sehr geehrter Herr Joachim, ich brauche Ihre Unterstützung. Folgender Fall liegt vor. Meine Frau war verheiratet von 2009 bis 2017. Die Scheidung meiner Frau wurde verkündet am 08.08.2017. Der Versorgungsausgleich wurde vorgenommen. Der Gesamtschuldnerausgleich nicht. In dieser Zeit wurde ein Haus gekauft von den Eltern Ihres Ex-Manns am 07.04.2011 für einen Kaufpreis von 105T€. Der Ex-Mann war alleiniger Eigentümer im Grundbuch. Die Darlehensverträge über die zu finanzierende Bank wurden gemeinsam unterzeichnet am 6.April 2011. Beide waren Darlehensnehmer. Zu diesem Zeitpunkt befand sich meine Frau in der Ausbildung und hatte lediglich Einküfte von 400€ Netto im Monat. In dieser Ehe entstand 2009 eine Tochter, für welche aktuell Unterhalt gezahlt wird. Im Sommer 2014 trennte sich das Ehepaar räumlich. Meine Frau zog wieder bei Ihren Eltern ein. Der Ex-Mann blieb vorerst im Haus. Meine Frau wollte gerne aus den Darlehensverträgen raus. Im Mai 2015 wurde das Objekt dann zurück an die Eltern verkauft für 125T€. Durch die vorzeitige Ablösung der Darlehen entstand ein Schaden durch Vorfalligkeitsentschädigung in Höhe von 18000€. Im Jahr 2017 wurde der Scheidungsantrag gestellt.
Nun haben wir ein Schreiben vom Anwalt des Ex-Mann bekommen bezüglich eines Gesamtschuldnerausgleich. Wir sollen für den im Jahr 2015 entstandenen Schaden zur Hälfte aufkommen. Um eine schnelle Abwicklung zu erhalten sollen wir uns zur Hälfte, sprich 9000€ an dem Schaden beteiligen. Dieses wäre ein Vergleich um die Sache nicht zu verkomplizieren. Der Anwalt vom Ex-Mann droht nun Klage einzureichen. Wir bitten um Ihre Hilfe ob diese Forderung gerechtfertigt ist. Zum einen denken wir das die Mitverpflichtung der Ehefrau sittenwidirg war zu dem Zeitpunkt der Darlehensausnahmen weil Sie über sehr geringe Einkünfte verfügen kommt. Darüber hinaus stellt sich uns die Frage ob der Gesamtschuldnerausgleich nicht schon verjährt ist weil der Schaden aus dem Jahr 2015 ist. Vielen Dank.
Falls weitere Informationen oder genauere Daten gebraucht werden können wir gerne alles zur Verfügung stellen.
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Antwort von Rechtsanwalt und Mediator Christian Joachim
Sehr geehrter Fragesteller,
herzlichen Dank für Ihre Anfrage und das damit entgegengebrachte Vertrauen.
Die Frage lässt sich so mit Ihren Informationen und auch aufgrund Ihres Einsatzes nur allgemein beantworten, ich hoffe, dies hilft Ihnen auch entsprechend weiter.
Zunächst muss bei einem Schaden jemand Schädiger sein. Daher wäre zu hinterfragen, ob ihre Frau damals dem Verkauf des Hauses so zugestimmt hat in dem Bewusstsein, dass überhaupt ein Schaden im Rahmen der Vorfälligkeitsentschädigung entstanden sein kann.
Hat sie dem in dem Bewusstsein der Zinsen zugestimmt, könnte möglicherweise durchaus ein Schadensersatzanspruch bestehen, da Sie ja eben gerade nicht aus den Darlehensverträgen zwangsweise hätte heraus gehen müssen.
Die Mitverpflichtung im Rahmen eines Darlehens kann sittenwidrig sein. Auch bei Personen, die über ein niedriges oder kein Einkommen verfügen, ist eine Darlehensaufnahme grundsätzlich möglich. Verbunden damit ist natürlich dann auch die Rückzahlungsverpflichtung.
Der BGH ( XI ZR 32/16vom 15.11.2016) geht allerdings davon aus, dass eine entsprechende Mithaftungserklärung in einem Darlehen dann sittenwidrig sein kann, wenn eine krasse finanzielle Überforderung vorliegt. Ob dies der Fall wäre, wäre anhand sämtlicher Einzeltatbestände und Merkmale im vorliegenden Fall zu untersuchen, insbesondere nicht nur das Einkommen, sondern die Vermögenslage und möglicherweise auch zukünftige Erwerbsaussichten wären zu untersuchen.
Der BGH unterscheidet hier zwischen einer Mithaftung und Personen, die letztlich auch ein persönliches Interesse an der Aufnahme haben und gleichberechtigt sind. Bei Ersterem könnte eine Mithaftung entsprechend sittenwidrig sein.
Eine Mithaftungserklärung könnte hier durchaus vorliegen, die insbesondere dann gesehen wird, wenn der Hauptschuldner den Mithaftenden persönlich besonders nahe steht, was bei einer Ehefrau durchaus der Fall ist.
Weiter geht der BGH davon aus, dass, wenn die Zinslast so hoch ist, dass diese nicht aus dem eigenen Einkommen aufgebracht werden kann, ein Fall der krassen Benachteiligung und somit eine Sittenwidrigkeit vorliegen kann.
Insofern könnte dies hier einen Gesamtschuldnerausgleich durchaus entgegenstehen.
Auch der Einwand der Verjährung ist hier meines Erachtens möglich, wenn der Schaden tatsächlich bereits im Jahr 2015 entstanden ist und der Ehemann hier auch davon wusste, wovon auszugehen ist, dass die Ehefrau hier einen solchen Schaden mitverursacht hat. Auch im Rahmen des Gesamtschuldnerausgleichs dürfte hier die dreijährige Verjährungsfrist gelten, so dass dieser Einwand einer gerichtlichen Auseinandersetzung in jedem Fall geltend gemacht werden soll.
Fasst man diese beiden Dinge zusammen, wäre auch zu hinterfragen, ob auch die Forderung letztlich des Ehemannes auf Gesamtschuldnerausgleich in Verbindung mit der Darlehensaufnahme sittenwidrig ist, hier kommt es dann möglicherweise auch darauf an, wer dafür verantwortlich war, dass die Vorfälligkeitsentschädigung entstanden ist und treibende Kraft war. In jedem Fall ist auch bei dem Gesamtschuldnerausgleich die wirtschaftliche Situation der Ehefrau im Rahmen der Sittenwidrigkeit zu betrachten.
Insofern teile ich Ihre Auffassung nach meiner ersten Einschätzung, dass hier Einwände gegen eine solche Gesamtschuldnerhaftung durchaus vorhanden sind.
Ich hoffe, dass ich Ihre Frage hilfreich beantwortet habe und stehen gerne für Nachfragen zur Verfügung.
Über eine anschließende positive Bewertung freue ich mich.
Viele Grüße
Christian Joachim
Rechtsanwalt
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