Bestimmung Kündigungsfrist
Fragestellung
Sehr geehrte Frau RAin Ordemann,
folgende Sachlage:
- Anstellungsvertrag für Niederlassungsleiter vom 01.06.2018
- vereinbarte Probezeit 6 Monate mit 1 Monat KÜ-Frist
- vereinbarte Kündigungsfrist nach Ablauf der Probezeit 6 Monate
- im Dezember wurde durch die Geschäftsleitung eine Verlängerung der Probezeit um weitere 6 Monate dem Niederlassungsleiter vorgelegt
- dieser unterzeichnete unter Druck
- die Verlängerung der Probezeit hat auch wiederum eine KÜ-Frist von 1 Monat zum Monatsende
- jetzt (16.05.2019) wurde dem Niederlassungsleiter eine geringere Stelle als Projektleiter angeboten oder die Kündigung angekündigt/angedroht
- die Ersatzstelle als Projektleiter wird nicht angenommen
- eigene Kündigung durch den AN kommt auch nicht in Frage, genauso wenig wie ein Aufhebungsvertrag
Folgende Fragen:
- ist die Verlängerung der Probezeit wirksam (§ 622 BGB) trotz Unterzeichnung
- bei Nichtannahme der Stelle als Projektleiter, mit welcher Kündigungsfrist darf der AG kündigen
- wenn der AG eine Kündigung gemäß nicht wirksamer Verlängerung der Probezeit zum 30.06. ausspricht, was raten Sie dem AN (Kündigungsschutzklage?)
Danke für Ihre Hilfe
Annegret Hauser
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Antwort von Rechtsanwältin Uta Ordemann
Sehr geehrte Mandantin,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die wie folgt zu beantworten ist:
1.
Grundsätzlich können die Parteien einvernehmlich auch eine längere Probezeit als 6 Monate vereinbarten. Dies ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung rechtlich grundsätzlich zulässig, wenn zum Beispiel die Art der Tätigkeit eine längere Erprobung erfordert. Bei einfachen Tätigkeiten wäre eine über 6 Monate hinausgehende Probezeit aber wohl nicht als angemessen und zulässig anzusehen, es sei denn, dass es z.B. krankheitsbedingte Ausfallzeiten gegeben hat, aufgrund derer eine Erprobung des Mitarbeiters innerhalb von 6 Monaten nicht hinreichend möglich war. Das Gesetz sieht in § 622 Abs. 3 BGB insoweit grundsätzlich eine Probezeit von maximal 6 Monaten vor.
In Ihrem Fall wurde die ursprünglich vereinbarte Probezeit auf Betreiben des Arbeitgebers um weitere 6 Monate einvernehmlich verlängert. Da es sich bei der Position eines Niederlassungsleiters um eine verantwortungsvolle Position handelt, ist es daher rechtlich grundsätzlich zulässig, auch eine längere Probezeit als die in § 622 Abs. 3 BGB vorgesehenen 6 Monate zu vereinbaren.
2.
Unabhängig von einer Verlängerung der Probezeit findet das Kündigungsschutzgesetz aber Anwendung, wenn das Arbeitsverhältnis mehr als 6 Monate bestanden hat. Das bedeutet, dass durch eine Verlängerung der Probezeit nicht der Kündigungsschutz umgangen werden kann. Es besteht damit Kündigungsschutz und im Falle des Ausspruchs einer Kündigung wäre diese darauf zu überprüfen, ob sie sozial gerechtfertigt ist. Es müsste damit ein betriebs-, personen- oder verhaltensbedingter Grund für die Kündigung gegeben sein. Darlegungs- und beweispflichtig für das Vorliegen eines Kündigungsgrundes ist der Arbeitgeber.
Ich empfehle daher unbedingt, im Falle des Ausspruchs einer Kündigung innerhalb der im Gesetz vorgesehenen Frist von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung Klage bei dem zuständigen Arbeitsgericht zu erheben (§ 4 KSchG).
Im Rahmen der Kündigungsschutzklage könnte man dann auch vortragen, dass die Verlängerung der Probezeit - auch wenn diese einvernehmlich erfolgt ist - offensichtlich bereits nicht angemessen war, da ein sachlicher Grund hierfür nicht vorlag. Dies ändert aber nichts daran, dass einvernehmlich grundsätzlich auch eine über 6 Monate hinausgehende Probezeit vereinbart werden kann. Man könnte hier nur noch ergänzend vortragen, dass diese Verlängerung offensichtlich willlkürlich gewesen ist, da in den ersten 6 Monaten bereits ausreichend Zeit gewesen ist, den Arbeitnehmer zu erproben.
3.
Nach Ablauf der im Gesetz vorgesehenen Probezeit von grundsätzlich maximal 6 Monaten gilt in jedem Fall die gesetzliche Mindestkündigungsfrist von 4 Wochen zum 15. oder zum Ende eines Monats gemäß § 622 Abs. 1 BGB. Diese Mindestkündigungsfrist ist mit der vereinbarten Kündigungsfrist von einem Monat gewahrt, wobei diese dann auch zum Monatsende erfolgen müsste, damit die gesetzliche Mindestfrist eingehalten ist.
Nach allem ist eine Verlängerung der Probezeit über 6 Monate im Einvernehmen rechtlich grundsätzlich möglich. Ob diese längere Probezeit hier überhaupt angemessen und erforderlich war, könnte dann im Rahmen des Kündigungsschutzverfahrens noch in Frage gestellt werden. Rechtlich würde sich dies aber nicht auswirken, da nach 6 Monaten ohnehin Kündigungsschutz besteht und daher im Falle des Ausspruchs einer Kündigung unbedingt Kündigungsschutzklage innerhalb der 3-Wochen-Frist gemäß § 4 KSchG erhoben werden müsste. Falls es nicht zu einer Verlängerung der Probezeit mit einer Vereinbarung über die Fortgeltung der verkürzten Kündigungsfrist von 1 Monat gekommen wäre, hätte sich dies dann nur auf die Kündigungsfrist ausgewirkt. Diese hätte nach Ablauf der Probezeit von ursprünglich 6 Monaten dann 6 Monate betragen. So wurde aber eine Vereinbarung getroffen, dass die Kündigungsfrist auch während der verlängerten Probezeit nur 1 Monat beträgt. Unabhängig davon greift aber der Kündigungsschutz immer nach 6 Monaten, auch wenn die Probezeit über 6 Monate hinaus verlängert wurde.
Falls Sie noch Fragen hierzu haben, melden Sie sich gern.
Mit freundlichen Grüßen
Uta Ordemann
Rechtsanwältin
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