Versteuerung Firmenwagen
Fragestellung
Guten Tag Herr Hiller,
ich hätte folgende Frage zur Versteuerung meines Firmenwagens:
Derzeit habe ich einen Firmenwagen, der laut meinem Arbeitsvertrag mit 1% des Listenpreises sowie 0,03% des Listenpreises für jeden Entfernungskilometer (63km) als geldwerter Vorteil zu versteuern ist. Meine Firma versteuert hiervon pauschal für 15 Arbeitstage (also 180 Arbeitstage pro Jahr) je Entfernungskilometer 0,30 EUR.
Tatsächlich war ich 2016 117 Arbeitstage an meiner Arbeitsstätte, den Rest der Tage war ich auf Dienstreise bzw. im Home Office.
Gibt es für mich eine Möglichkeit, in meiner Steuererklärung nachträglich den Umstand, dass ich nur 117 statt der in der Regel angenommenen 180 Arbeitstage in meiner Arbeitsstätte war, geltend zu machen, indem ich die tatsächlichen Arbeitstage nachträglich nachweise (ich denke hier ist kein Fahrtenbuch notwendig sondern nur ein formloser Aufschrieb?) und die 0,002% Besteuerung für diese Tage beantrage? Und wäre dies auch unter Berücksichtigung der dann für die übrigen Tage wegfallenden Pendlerpauschale ein Vorteil für mich (ich hatte in meinem letzten Einkommenssteuerbescheid gesehen, dass wohl die pauschal versteuerten Tage von der Pendlerpauschale abgezogen wurden)?
Wie würde dies dann ganz konkret in meiner Steuererklärung aussehen müssen?
Es steht des Weiteren ein Vertragswechsel für mich an, da meine bisherige Arbeitsstätte aufgelöst wird und ich meine neue Arbeitsstätte an einem dann 116km von meinem Wohnort entfernten Ort bekommen werde (ein Home-Office Vertrag ist nicht vorgesehen). Ich werde nicht umziehen und muss nur sporadisch in der neuen Arbeitsstätte anwesend sein. Ich gehe davon aus, dass mir das Finanzamt in dieser Konstellation ohnehin nicht mehr abnehmen würde, dass ich jeden Tag pendele. Wie würde in dieser Situation die beste steuerliche Regelung aussehen? Analog zu Frage 1?
Bitte lassen Sie mich wissen, falls Sie zur Beantwortung der Frage weitere Informationen von mir benötigen.
Mit freundlichen Grüßen
H. S.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Steuerberater Dipl. Finanzwirt Ulrich Hiller
Sehr geehrter Herr S.,
nochmals vielen Dank für die an mich gerichtete Frage auf yourXpert sowie die Korrektur Ihres Gebotes.
Die Finanzverwaltung gewährt bei der 1-%-Methode ein Wahlrecht zwischen dem 0,03-%-Monatszuschlag und der 0,002-%-Tagespauschale, bei der die Firma den geldwerten Vorteil nur noch für die tatsächlich durchgeführten Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte versteuern muss. Das Wahlrecht zugunsten des Ansatzes der tatsächlich durchgeführten Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte ist fahrzeugbezogen und kann für das jeweilige Kalenderjahr nur einheitlich ausgeübt werden. Ein Wechsel zwischen der 0,03-%-Monatspauschale und der 0,002-%-Tagespauschale ist während des Jahres nur beim Austausch des Firmenwagens zulässig.
Die Entscheidung über die Methodenwahl zwischen der 0,03-%-Regelung und der Berechnung des geldwerten Vorteils nach den tatsächlich durchgeführten Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte (Einzelnachweisregelung) obliegt dem Arbeitgeber. Er muss in Abstimmung mit dem Arbeitnehmer für jedes Kalenderjahr das Berechnungsverfahren für die Firmenwagenbesteuerung bei der 1-%-Methode festlegen. Er ist auch bei entsprechender Nachweisführung des Arbeitnehmers nicht zur Einzelbewertung der tatsächlichen Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte verpflichtet. Der Arbeitgeber kann z. B. arbeitsrechtlich die Firmenwagenüberlassung an die Anwendung der 0,03-%-Monatspauschale knüpfen.
Dem Arbeitnehmer bleibt es in diesem Fall unbenommen, in seiner persönlichen Einkommensteuererklärung von der im Lohnsteuerverfahren angewendeten Monatsbesteuerung zur Einzelberechnung überzuwechseln.
Sie müssten dann den durch Sie im Wege der Einzelberechnung ermittelten Wert (geldwerter Vorteil) dem durch den Arbeitgeber bei der Gehaltsabrechnung zugrunde gelegten Wert gegenüber stellen. Lassen Sie sich zu diesem Zweck am besten eine Bescheinigung des Arbeitgebers ausstellen, in dem dieser die genauen Werte und seine Berechnung mitteilt. Falls sich mit dieser Vergleichsberechnung ein Vorteil zu Ihren Gunsten ergibt (nur dann macht der Vergleich ja auch Sinn), tragen Sie den Differenzbetrag (d.h. den weniger zu versteuernden Betrag, also die Minderung des geldwerten Vorteils) mit Minuszeichen in Zeile 20 der Anlage N ("Arbeitslohn ohne Lohnsteuerabzug") ein, damit das steuerpflichtige Bruttogehalt um diesen Betrag korrigiert wird.
Es ist korrekt, dass der durch den Arbeitgeber pauschalversteuerte Teil des geldwerten Vorteils die als Werbungskosten abziehbare Entfernungspauschale mindert. Ob letztlich ein Vorteil für Sie verbleibt, wenn sich die Anzahl der für die Entfernungspauschale anzusetzenden Arbeitstage verringert, vermag ich nicht zu beurteilen. Allerdings kann ich mir vorstellen, dass durch den Wechsel der Berechnungsmethode des geldwerten Vorteils ein deutlich besseres Ergebnis erzielt wird, so dass letztlich eine (geringfügige) Verschlechterung des Ansatzes der Entfernungspauschale nicht so stark ins Gewicht fällt.
Für die künftige Konstellation, in der Sie nicht verpflichtet sind, den Firmensitz regelmäßig aufzusuchen, wäre es steuerlich vorteilhaft, wenn der Arbeitgeber in den neuen Vertrag hineinschreibt, dass Sie "keine erste Tätigkeitsstätte im Sinne des § 9 Abs. 4 EStG" haben. In diesem Falle würde die Notwendigkeit der Versteuerung eines geldwerten Vorteils für die Fahrten zwischen Ihrer Wohnung und dem Ort Ihres Arbeitgebers komplett entfallen. Voraussetzung wäre allerdings, dass Sie tatsächlich nur sporadisch dorthin fahren, da das Finanzamt dies möglicherweise überprüfen könnte. Das Gesetz "unterstellt" eine erste Tätigkeitsstätte in einer "betrieblichen Einrichtung", wenn
- der Arbeitnehmer an dieser typischerweise arbeitstäglich tätig werden soll ODER
- je Arbeitswoche zwei volle Arbeitstage oder mindestens ein Drittel seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll.
Soweit diese Kriterien nicht erfüllt sind, ist keine erste Tätigkeitsstätte gegeben und es braucht kein geldwerter Vorteil für die diesbezüglichen Fahrten versteuert zu werden.
Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen damit vollständig und verständlich beantworten konnte. Anderenfalls nutzen Sie bitte die kostenfreie Rückfragefunktion auf dieser Seite. Wenn Sie zufrieden sind, freue ich mich über eine gute Bewertung.
Mit freundlichen Grüßen
Ulrich Hiller
Steuerberater
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vielen Dank für Ihre Antwort, damit ist die Sache bereits deutlich klarer für mich. Ich hätte allerdings noch folgende Verständnisfragen:
Zur 0,002% Methode
Reicht bei der 0,002% Methode ein einfacher Aufschrieb der Arbeitstage in der Tätigkeitsstätte aus? Ich möchte gerne das Führen eines Fahrtenbuchs vermeiden.
Wenn ich nachträglich auf diese Methode wechsele und der Arbeitgeber für 2016 eine Pauschalversteuerung durchgeführt hat, müsste der Arbeitgeber hier die Versteuerung nicht nachträglich anpassen auf die tatsächlichen Arbeitstage?
Zum Ansatz "keine erste Tätigkeitsstätte § 9 EStG"
Das ist ein sehr interessanter Ansatz, vielen Dank für den Hinweis!
Können Sie mir bestätigen, wie die Grenze konkret in Arbeitstagen aussieht? 92 Tage p.a. (52 Wochen-6 Wochen Urlaub)?
Ich gehe davon aus, dass hierbei die Pauschalversteuerung komplett entfällt. Kann die Pendlerpauschale weiterhin für die tatsächlichen Fahren angesetzt werden? Und bestünde bei diesem Ansatz nicht die Gefahr, dass das Finanzamt erfahren möchte, wofür der Firmenwagen konkret genutzt wurde und ein Fahrtenbuch fordert?
Vielen Dank
H. S.
auf diesem Wege meine besten Wünsche zum neuen Jahr!
Zu Ihren Rückfragen:
Bei der 0,002%-Methode muss kein Fahrtenbuch geführt werden, es reicht eine formlose Aufzeichnung.
Die gesetzliche Definition der "ersten Tätigkeitsstätte" stellt allein auf eine "Wochenbetrachtung" ab, wobei beim Aufsuchen der Tätigkeitsstätte eine gewisse Regelmäßigkeit unterstellt wird. Die rein mathematische Berechnung auf Basis eines Arbeitsjahres halte ich daher für zu eng. Fordert der Arbeitgeber Ihre Anwesenheit z.B. regelmäßig 2 Mal / Woche, liegt automatisch eine erste Tätigkeitsstätte vor, auch wenn Sie die errechneten 92 AT nicht erreichen. Umgekehrt führt ein Überschreiten der errechneten 92 AT nicht automatisch zur Annahme der ersten Tätigkeitsstätte, wenn diese nur unregelmäßig aufgesucht wird, z.B. mehrere Wochen gar nicht oder bloß einmalig, dann wiederum ein paar Tage direkt hintereinander. Leider ist Ihre Frage nach Konkretisierung daher nicht so leicht zu beantworten, da es mehr auf ein Gesamtbild der konkreten Verhältnisse ankommt.
Wenn dieses Verfahren (ich denke, Sie meinen den von mir gemachten Vorschlag) so durchgeführt wird, liegt keine erste Tätigkeitsstätte vor. Das bedeutet:
- kein Ansatz der Entfernungspauschale, da nur dienstliche Fahrten vorliegen
- keine zusätzliche Versteuerung des geldwerten Vorteils der Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte
- es bleibt bei 1% / Monat für die pauschale Privatnutzung
- keine Lohnsteuer-Pauschalierung durch den Arbeitgeber möglich
Die Gefahr, dass das FA ein Fahrtenbuch haben möchte, sehe ich nicht. Die Privatfahrten werden doch über die 1%-Methode abgedeckt.
Ich hoffe, dass ich Ihre Rückfragen damit vollständig beantwortet habe.
Viele Grüße
Ulrich Hiller
Steuerberater
auch Ihnen alles Gute für 2017!
Vielen Dank für Ihre Antworten, die mir weiterhelfen. Sollte ich meinem Arbeitgeber meine finanzielle Belastung durch die verschiedenen Modelle darlegen müssen, würden Sie eine solche Vergleichsrechnung anbieten können und falls ja, zu welchem Preis?
Nochmals vielen Dank für Ihre schnelle Unterstützung,
H. S.
könnte ich gern machen auf Basis eines Stundensatzes von 100,00 € zzgl. MwSt.
Mit freundlichen Grüßen
Ulrich Hiller
Steuerberater