Verkauf von neuen Eigentumswohnungen
Beantwortet von Steuerberater, vBP Ingo Kneisel in unter 2 Stunden
Fragestellung
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich benötige eine Auskunft zu dem folgenden Sachverhalt:
Rentner A erstellt auf seinem geerbten Grundstück eine Eigentumswohnanlage mit insgesamt 5 Wohneinheiten und beabsichtigt, zur Finanzierung des Bauvorhabens, maximal drei dieser Wohneinheiten zu veräußern (Zeitpunkt: ???). Ist der bei der Veräußerung erzielte Überschuss einkommensteuerpflichtig?
Mit freundlichen Grüßen
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Steuerberater, vBP Ingo Kneisel
Sehr geehrter Fragesteller,
im Rahmen einer Erstberatung, Ihres Einsatzes und den von Ihnen gemachten Sachverhaltsangaben, möchte ich Ihre Fragen gerne im Nachstehenden wie folgt beantworten:
Eigentlich haben Sie 2 Fragen:
Zum einen die nach dem gewerblichen Grundstückshandel und zum Anderen die nach der Steuerpflicht, wenn kein gewerblicher Grundstückshandel vorliegt. Sie zielen in Ihrer Fragestellung also einerseits auf die Frage des gewerblichen Grundstückshandels, anderseits auf die Frage nach der sogenannten Spekulationssteuer i. S. d. § 23 EStG ab. Hierzu erläutere ich Ihnen zunächst erst einmal den Unterschied zwischen privatem Immobilienverkauf und gewerblichem Grundstückshandel.
Ein wichtiges Kriterium für die Abgrenzung zwischen privater Vermögensverwaltung und gewerblichem Grundstückshandel ist die sogenannte „3-Objekt-Grenze“ die Ihnen ja auch bekannt ist. Demnach geht das Finanzamt davon aus, dass ein Eigentümer, der mehr als 3 Immobilien innerhalb von 5 Jahren erwirbt bzw. erstellt und veräußert, gewerblich handelt. Voraussetzung ist dabei, dass der Eigentümer mit den Transaktionen eine Gewinnerzielungsabsicht verfolgt (z.B. weil die Immobilien vor Verkauf modernisiert wurden). Keine Gewinnerzielungsabsicht wird unterstellt, wenn eine Immobilie länger als 5 Jahre selbst bewohnt war.
Das Finanzamt kann von der 3-Objekt-Regel abweichen, wenn bereits bei oder vor dem Kauf der Immobilie eine Veräußerungsabsicht vorlag. Wie Sie es schildern, ist das der Fall und das gilt es zu vermeiden, bzw. so etwas zu dokumentieren. So musste ein Eigentümer in einem konkreten Fall den Gewinn aus 2 Transaktionen (Immobilienkauf und Immobilienverkauf innerhalb von 5 Jahren) als “Einkünfte aus Gewerbebetrieb” versteuern, weil er beim Kauf der beiden Immobilien bereits deren Verkauf geplant hatte (Az. 13 V 1733/09 Finanzgericht München).
In die Drei-Objekt-Grenze einzubeziehen sind auch Grundstücke, die im Wege der vorweggenommenen Erbfolge oder durch Schenkung übertragen und vom Rechtsnachfolger in einem zeitlichen Zusammenhang veräußert worden sind (BMF vom 26.3.2004, BStBl I 2004, 434, Rz. 9). Für die Frage des zeitlichen Zusammenhangs ist in diesen Fällen auf die Anschaffung oder Herstellung durch den Rechtsvorgänger abzustellen.
Nach dem BFH Urteil vom 20.4.2006 (III R 1/05 unter 2. Buchst. d, BStBl II 2007, 375) bleibt die Veräußerung von Grundstücken, die durch Erbschaft oder unentgeltlich erworben wurden, für die Beurteilung der Drei-Objekt-Grenze unberücksichtigt. Denn in dieser Art des Erwerbs ist keine Anschaffung zu sehen, so dass die Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels unter dem Aspekt händlertypischen Verhaltens ausscheidet, sofern nicht ein Missbrauchsfall gegeben ist.
Die Veräußerung ererbter oder geschenkter Grundstücke ist jedoch gewerblich, wenn über die Veräußerung hinaus erhebliche weitere Aktivitäten zur Verbesserung der Verwertungsmöglichkeiten – ähnlich denen eines Bauträgers oder Erschließungsunternehmers – entfaltet wurden, etwa durch umfangreiche Modernisierung bebauten Grundbesitzes oder die Erschließung und Baureifmachung unbebauter Grundstücke (BMF vom 26.3.2004, BStBl I 2004, 434, Rz. 11).
Insoweit bestätigt der BFH die Auffassung der Verwaltung mit zwei Urteilen vom 23.8.2017 (BFH Urteil vom 23.8.2017, X R 8/15, LEXinform 0950512 und X R 7/15, LEXinform 0950513) wonach eine an den anderen Ehegatten verschenkte Eigentumswohnung in die Beurteilung eines gewerblichen Grundstückshandels des Steuerpflichtigen einbezogen werden kann, wenn dieser – bevor er sich zur Schenkung entschlossen hat – die (zumindest bedingte) Absicht hatte, auch dieses Objekt am Markt zu verwerten.
Bei Ehepartnern gilt die Drei-Objekt-Grenze im Übrigen für jeden Ehepartner. Daher können beide Ehepartner nach diesem Grundsatz jeweils drei Objekte innerhalb der 5-Jahres- Frist erwerben und ohne steuerliche Folgen (im Hinblick auf den Grundstückshandel) veräußern.
Wichtig:
Wer eine Immobilie erst nach Ablauf der 10 jährigen Spekulationsfrist verkauft, unterliegt weder dem gewerblichen Grundstückshandel, noch muss er einen möglichen Gewinn versteuern. Das bedeutet: man kann z.B. auch 6 oder 7 Immobilien innerhalb von 5 Jahren steuerfrei verkaufen, sofern jede Wohnung vor über 10 Jahren gekauft wurde.
Aus dem gewerblichen Grundstückshandel ergeben sich steuerlich gesehen eine Reihe von Besonderheiten im Vergleich zum privaten Veräußerungsgeschäft (z.B. Buchführungs- und Bilanzierungspflicht, Gewerbesteuerpflicht). Wer häufiger Immobilien verkauft, sollte sich mit den Regelungen des gewerblichen Grundstückhandels vertraut machen.
Nun zum 2. Thema:
Hier auszugsweise der einschlägige Gesetzestext bezüglich der Veräußerung des selbstgenutzten Hauses:
Einkommensteuergesetz (EStG)
§ 23 Private Veräußerungsgeschäfte
(1) 1Private Veräußerungsgeschäfte (§ 22 Nummer 2) sind
1.Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken und Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen (z. B. Erbbaurecht, Mineralgewinnungsrecht), bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. 2Gebäude und Außenanlagen sind einzubeziehen, soweit sie innerhalb dieses Zeitraums errichtet, ausgebaut oder erweitert werden; dies gilt entsprechend für Gebäudeteile, die selbständige unbewegliche Wirtschaftsgüter sind, sowie für Eigentumswohnungen und im Teileigentum stehende Räume. 3Ausgenommen sind Wirtschaftsgüter, die (1. Alternative) im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder (2. Alternative) im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden;
2.Veräußerungsgeschäfte bei anderen Wirtschaftsgütern, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt. 2Ausgenommen sind Veräußerungen von Gegenständen des täglichen Gebrauchs. 3Bei Anschaffung und Veräußerung mehrerer gleichartiger Fremdwährungsbeträge ist zu unterstellen, dass die zuerst angeschafften Beträge zuerst veräußert wurden. 4Bei Wirtschaftsgütern im Sinne von Satz 1, aus deren Nutzung als Einkunftsquelle zumindest in einem Kalenderjahr Einkünfte erzielt werden, erhöht sich der Zeitraum auf zehn Jahre;
Bei einem geerbten Grundstück gilt allerdings die sogenannte Fußstapfen Theorie. Sie bzw. der gedachte Rentner A als Erbe treten die Rechtsnachfolge des Erblassers an. Für A gilt insoweit als Anschaffungsdatum (auch der Neubauten) das des notariellen Vertrages des Verstorbenen für die Ermittlung der 10 Jahresfrist.
Nach der Rechtsprechung des BFH ist dem Erben die Anschaffung durch den Erblasser zuzurechnen. Erblasser und Erbe werden demnach für die Berechnung der steuerschädlichen Veräußerungsfrist und für die Ermittlung des Veräußerungsgewinns als Einheit behandelt. Ein auf dem unentgeltlich durch Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge (geerbten) erworbenen Grund und Boden errichtetes Gebäude ist in die Veräußerungsgewinnbesteuerung einzubeziehen, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung des Grund und Bodens durch den Rechtsvorgänger und Veräußerung durch den Rechtsnachfolger nicht mehr als 10 Jahre beträgt. Dies gilt nach Auffassung der Finanzverwaltung unabhängig davon, ob der Rechtsvorgänger oder der Rechtsnachfolger das Gebäude errichtet hat.
Alles klar? Zur Berechnung der 10 Jahresfrist gilt also die Anschaffung durch den Verstorbenen im Verhältnis zum Veräußerungsgeschäft des A.
Hüten Sie sich also vor der „Gewerblichkeit“
Ich hoffe Ihre Anfrage richtig verstanden- und ausreichend beantwortet zu haben. Sollten Rückfragen bestehen, nutzen Sie bitte gerne die Nachfragefunktion.
Sollte meine Antwort zu Ihrer Zufriedenheit ausgefallen sein, würde ich mich sehr über eine Bewertung freuen.
Vielen Dank
Mit freundlichen Grüßen
Ingo Kneisel
Steuerberater
vereidigter Buchprüfer
Potsdamer Str. 148a, 33719 Bielefeld
Telefon (0521) 92420-0
E-mail: info@ingo-kneisel.de
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vielen Dank für Ihre umgehende und umfassende Beantwortung meiner Anfrage. So stelle ich mir eine Beratung vor. Bei Bedarf komme ich gerne wieder auf Sie zu.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort des Experten: Vielen Dank
vielen Dank für Ihre umfangreiche Auskunft.
Da ich mir nicht sicher bin, ob ich Sie bezüglich der Fußstapfentheorie richtig verstanden habe, bitte ich um Beantwortung der folgenden Nachfrage:
Die Eltern von A waren mehr als 50 Jahre Eigentümer des zu bebauenden Grundstückes
vielen Dank für Ihre umfangreiche Auskunft.
Da ich mir nicht sicher bin, ob ich Sie bezüglich der Fußstapfentheorie richtig verstanden habe, bitte ich um Beantwortung der folgenden Nachfrage:
Die Eltern von A waren mehr als 50 Jahre Eigentümer des zu bebauenden Grundstückes bis vor ca. 11 Jahren die Mutter von A durch Tod
vielen Dank für Ihre umfangreiche Auskunft.
Da ich mir nicht sicher bin, ob ich Sie bezüglich der Fußstapfentheorie richtig verstanden habe, bitte ich um Beantwortung der folgenden Nachfrage:
Die Eltern von A waren mehr als 50 Jahre Eigentümer des zu bebauenden Grundstückes bis vor ca. 21 Jahren die Mutter von A durch Tod des Vaters von A alleinige Eigentümerin wurde. Die Mutter von A ist vor ca. 11 Jahren verstorben wodurch A Eigentümer des Grundstückes wurde. Ist der Verkauf einer Eigentumswohnung aus der von A noch zu erichtenden Eigentumswohnanlage steuerfrei, weil sich das Grundstück bereits mehr als 10 Jahre im Eigentum von A befindet?
Mit freundlichen Grüßen .
Mit freundlichen Grüßen
Ingo Kneisel
Steuerberater, vBP
unser Ruf lebt von Ihrer Meinung. Wenn Sie insoweit mit meiner Beratung zufrieden waren, würde ich mich sehr über eine Bewertung Ihrerseits freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Ingo Kneisel
Steuerberater, vBP