Private Hausverkäufe - Vermeidung Spekulationssteuer
Fragestellung
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich beabsichtige wegen eines Umzuges mit der Familie in den kommenden Wochen den Verkauf unseres jetzigen, seit dem Kauf 2012 selbst bewohnten Hauses. Allerdings habe ich am 29.03.2012 (Notarurkunde) unser vorher selbst bewohntes Haus verkauft. Im selben Jahr am 18.07.2012 habe ich ein lange zuvor geerbtes Haus verkauft.
Ich habe gehört, dass ich als privater Veräußere hier aufpassen muss, dass keine Spekulationssteuer auf diese Verkäufe anfällt.
Wie ist der Sachverhalt? Was muss ich tun, dass keine Spekulationssteuer anfällt?
Freundliche Grüße
Robert G. König
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Steuerberater, vBP Ingo Kneisel
Sehr geehrter Fragesteller,
im Rahmen einer Erstberatung, Ihres Einsatzes und den von Ihnen gemachten Sachverhaltsangaben, möchte ich Ihre Fragen gerne im Nachstehenden wie folgt beantworten:
Nun habe ich mich doch heute Abend noch mit Ihrem Problem befasst, da es durchaus verständlich und nichts dringlicher ist, als Wissensnöte zu beseitigen. in die ma gestürzt wurde. Wie sagt man so schön, gefährliches Halbwissen kann in der Tat sehr beunruhigend sein und schlaflose Nächte bereiten. Ich erteile vorab "Entwarnung".
Von Anfang an:
Sie zielen in Ihrer Fragestellung einerseits auf die Frage des gewerblichen Grundstückshandels, anderseits auf die Frage nach der sogenannten Spekulationssteuer i. S. d. § 23 EStG ab. Hierzu erläutere ich Ihnen zunächst erst einmal den Unterschied zwischen privatem Immobilienverkauf und gewerblichem Grundstückshandel.
Ein wichtiges Kriterium für die Abgrenzung zwischen privater Vermögensverwaltung und gewerblichem Grundstückshandel ist die sogenannte „3-Objekt-Grenze“. Demnach geht das Finanzamt davon aus, dass ein Eigentümer, der mehr als 3 Immobilien innerhalb von 5 Jahren erwirbt bzw. erstellt und veräußert, gewerblich handelt. Voraussetzung ist dabei, dass der Eigentümer mit den Transaktionen eine Gewinnerzielungsabsicht verfolgt (z.B. weil die Immobilien vor Verkauf modernisiert wurden). Keine Gewinnerzielungsabsicht wird unterstellt, wenn eine Immobilie länger als 5 Jahre selbst bewohnt war.
Das Finanzamt kann von der 3-Objekt-Regel abweichen, wenn bereits bei Kauf der Immobilie eine Veräußerungsabsicht vorlag. So musste ein Eigentümer in einem konkreten Fall den Gewinn aus 2 Transaktionen (Immobilienkauf und Immobilienverkauf innerhalb von 5 Jahren) als “Einkünfte aus Gewerbebetrieb” versteuern, weil er beim Kauf der beiden Immobilien bereits deren Verkauf geplant hatte (Az. 13 V 1733/09 Finanzgericht München).
Bei Ehepartnern gilt die Drei-Objekt-Grenze für jeden Ehepartner. Daher können beide Ehepartner nach diesem Grundsatz drei Objekte innerhalb der 5-Jahres- Frist erwerben und ohne steuerliche Folgen (im Hinblick auf den Grundstückshandel) veräußern.
Wichtig:
Wer eine Immobilie erst nach Ablauf der 10 jährigen Spekulationsfrist verkauft, unterliegt weder dem gewerblichen Grundstückshandel, noch muss er einen möglichen Gewinn versteuern. Das bedeutet: man kann z.B. auch 6 oder 7 Immobilien innerhalb von 5 Jahren steuerfrei verkaufen, sofern jede Wohnung vor über 10 Jahren gekauft wurde.
Aus dem gewerblichen Grundstückshandel ergeben sich steuerlich gesehen eine Reihe von Besonderheiten im Vergleich zum privaten Veräußerungsgeschäft (z.B. Buchführungs- und Bilanzierungspflicht, Gewerbesteuerpflicht). Wer häufiger Immobilien verkauft, sollte sich mit den Regelungen des gewerblichen Grundstückhandels vertraut machen.
Bei einem geerbten Grundstück gilt die sogenannte Fußstapfen Theorie. Sie als Erbe treten die Rechtsnachfolge des Erblassers an. Für Sie gilt insoweit als Anschaffungsdatum, das Anschaffungsdatum des Verstorbenen.
Hier auszugsweise der einschlägige Gesetzestext:
Einkommensteuergesetz (EStG)
§ 23 Private Veräußerungsgeschäfte
(1) 1Private Veräußerungsgeschäfte (§ 22 Nummer 2) sind
1.
Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken und Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen (z. B. Erbbaurecht, Mineralgewinnungsrecht), bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. 2Gebäude und Außenanlagen sind einzubeziehen, soweit sie innerhalb dieses Zeitraums errichtet, ausgebaut oder erweitert werden; dies gilt entsprechend für Gebäudeteile, die selbständige unbewegliche Wirtschaftsgüter sind, sowie für Eigentumswohnungen und im Teileigentum stehende Räume. 3Ausgenommen sind Wirtschaftsgüter, die im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden;
2.
Veräußerungsgeschäfte bei anderen Wirtschaftsgütern, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt. 2Ausgenommen sind Veräußerungen von Gegenständen des täglichen Gebrauchs. 3Bei Anschaffung und Veräußerung mehrerer gleichartiger Fremdwährungsbeträge ist zu unterstellen, dass die zuerst angeschafften Beträge zuerst veräußert wurden. 4Bei Wirtschaftsgütern im Sinne von Satz 1, aus deren Nutzung als Einkunftsquelle zumindest in einem Kalenderjahr Einkünfte erzielt werden, erhöht sich der Zeitraum auf zehn Jahre;............
Nun zur weiteren Beantwortung Ihrer Fragen i. S. Spekulationssteuer (§23 EStG):
Fall 1: EFH gekauft in 2005, verkauft in 2012, ständig selbst bewohnt. Ein entstandener Gewinn fällt nicht unter § 23 EStG. Es fällt keine Steuer an. Ausnahmeregel § 23 Abs. 1 Nr. 1 S.3 EStG.
Fall 2: geerbtes Haus, hier ist das Anschaffungsdatum des Erblassers maßgebend. Wenn Sie hier außerhalb der 10 Jahre liegen, dann bleibt auch hier ein entstandener Gewinn steuerfrei, er fällt nicht unter § 23 EStG.
Fall 3: EFH gekauft in 3/2012, anstehender Verkauf in 2017 und ebenfalls ausschließlich und ständig selbst bewohnt. Ein entstandener Gewinn fällt ebenfalls nicht unter § 23 EStG. (Ausnahmeregelung, s.o.)
Somit konnten beide Fragen Ihrerseits geklärt werden. Es handelt sich in Ihren Fällen jeweils nicht um einen gewerblichen Grundstückshandel. Die Gewinne sind in allen 3 Fällen nach dem EStG steuerfrei.
Ich hoffe Ihre Anfrage richtig verstanden- und ausreichend beantwortet zu haben. Sollten Rückfragen bestehen, nutzen Sie bitte gerne die Nachfragefunktion.
Sollte meine Antwort zu Ihrer Zufriedenheit ausgefallen sein, würde ich mich sehr über eine Bewertung freuen.
Vielen Dank.
Mit freundlichen Grüßen
Ingo Kneisel
Steuerberater
vereidigter Buchprüfer
Potsdamer Str. 148a, 33719 Bielefeld
Telefon (0521) 92420-0
E-mail: info@ingo-kneisel.de
Internet: www.ingo-kneisel.de
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Antwort des Experten: Vielen Dank für die Bewertung, es war in der Tat schon recht spät geworden. Aber das ist ja das Privileg der Selbständigen. (Selbst und ständig ;-))
Viele Grüße
gerne beantworte ich Ihre Frage, würde Sie aber gerne bitten, die Deadline auf den morgigen Tag zu verlegen, da ich gleich den Heimweg antreten möchte und mich am morgigen Vormittag Ihrer Frage in Ruhe widmen zu können..
Bitte vorab noch zur Klarstellung:
1. Verkauf des 1. EFH 29.03.2012
2. EFH seit 2012 soll aktuell in 2017 verkauft werden.
3. Geerbtes Haus in 2012 verkauft.
Habe ich das so richtig verstanden?
mfG
Ingo Kneisel
Steuerberater, vBP
Zu Ihren Fragen:
- erstes Objekt 2005 gebraucht gekauft, die ganze Zeit selbst bewohnt, 29.3.12 notarielle Beurkundung Verkauf
- zweites Objekt 2003 im Zuge einer Schenkung von den Eltern bekommen mit der Bedingung, bei einem Verkauf meine Geschwister anteilig auszuzahlen, war Vermieter, Verkauf 18.7.12 beim Notar, keine Spekulationssteuer fällig geworden, weil 2003 Schenkung, vom Finanzamt anerkannt
- drittes und jetzt zum Verkauf anstehendes Gebäude: März 2012 gekauft und durchgehend selbst bewohnt
Sie können mich bei Fragen gerne auch anrufen: 0163 88 00 99 0.
Gerne warte ich auf Ihre Antwort.
Beste Grüsse,
Robert Gerhard König
zuerst einmal herzlichen Dank für Ihr Verständnis und die Bearbeitung am späten Abend! Das ist wirklich nicht selbstverständlich und meine Frau und ich wissen das wirklich sehr zu schätzen!
Bitte erlauben Sie mir noch kleine Rückfragen:
- zum Hausverkauf Fall 2: das Haus habe ich Anfang 2003 als Schenkung von meinen Eltern bekommen; allerdings mit der Auflage, dass ich meine Geschwister im Falle eines Hausverkaufes oder beim Tod des letztversterbenden Elternteils anteilig auszahlen muss. Das Haus gehörte meinem Vater seit 1963. Verkauft habe ich es mit notariellem Termin vom 18.07.2012, also noch unterhalb von 10 Jahren in meinem Eigentum. Aufgrund der Schenkung wurde keine Spekulationssteuer fällig; allerdings gab es erst "Diskussionen" mit dem FA und wurde jedoch nach Darlegung des Sachverhaltes vom FA anerkannt.
Ist es nach Ihrer Ansicht nun als Erbschaft oder Schenkung (mit dieser Bedingung auf Auszahlung, s.o.) zu sehen bzw. gibt es da steuerlich einen Unterschied oder ist es egal, ob Schenkung mit Auszahlungsbedingung oder Erbschaft?
- wie ermitteln sich die fünf Jahre; z.B. bei Haus 1: der notarielle Termin mit der Kaufurkunde war am 29.03.2012, Übergabe des Hauses Ende August 2012. Zählt der Beurkundungstermin oder ein anderer Termin? Wenn es ja der Beurkundungstermin war, liegt der Verkauf ja bereits über fünf Jahre zurück (sofern nicht schlicht Kalenderjahre gezählt werden).
- Entschuldigen Sie meine Angstfrage: Dürfen wir nun angstfrei unser jetziges Haus verkaufen? Oder müssen wir das mit dem Finanzamt in irgendeiner Weise vorher besprechen?
Noch einmal ganz, ganz herzlichen Dank für Ihre nächtliche Rückantwort!
Allerbeste Grüße
Robert Gerhard König
zum Hausverkauf Fall 2: das Haus habe ich Anfang 2003 als Schenkung von meinen Eltern bekommen; allerdings mit der Auflage, dass ich meine Geschwister im Falle eines Hausverkaufes oder beim Tod des letztversterbenden Elternteils anteilig auszahlen muss. Das Haus gehörte meinem Vater seit 1963. Verkauft habe ich es mit notariellem Termin vom 18.07.2012, also noch unterhalb von 10 Jahren in meinem Eigentum. Aufgrund der Schenkung wurde keine Spekulationssteuer fällig; allerdings gab es erst "Diskussionen" mit dem FA und wurde jedoch nach Darlegung des Sachverhaltes vom FA anerkannt.
Ist es nach Ihrer Ansicht nun als Erbschaft oder Schenkung (mit dieser Bedingung auf Auszahlung, s.o.) zu sehen bzw. gibt es da steuerlich einen Unterschied oder ist es egal, ob Schenkung mit Auszahlungsbedingung oder Erbschaft?
Es handelt sich um eine Schenkung unter Auflage, die Auflage mindert den Wert der Schenkung. Dies hat nur Schenkungssteuerechtliche Bewandtnis.
Als Anschaffungszeitpunkt gilt für Sie das Jahr 1963.
- wie ermitteln sich die fünf Jahre; z.B. bei Haus 1: der notarielle Termin mit der Kaufurkunde war am 29.03.2012, Übergabe des Hauses Ende August 2012. Zählt der Beurkundungstermin oder ein anderer Termin? Wenn es ja der Beurkundungstermin war, liegt der Verkauf ja bereits über fünf Jahre zurück (sofern nicht schlicht Kalenderjahre gezählt werden).
Es werden die Immobilien zusammengezählt, die man innerhalb von 5 Jahren erwirbt bzw. erstellt und wieder veräußert. Dabei gehören die Ihrigen Immobilien nicht in diesen Prüf-Pool.
Für das Datum gilt der Tag der notariellen Urkunde und nicht der Tag der Übergabe.
- Entschuldigen Sie meine Angstfrage: Dürfen wir nun angstfrei unser jetziges Haus verkaufen? Oder müssen wir das mit dem Finanzamt in irgendeiner Weise vorher besprechen?
Ja dürfen Sie, nein, besprechen müssen Sie mit dem FA Nichts.
Einen schönen Tag noch und danke noch einmal für die Bewertung.
MfG
Ingo Kneisel
Steuerberater. vBP
MfG
Ingo Kneisel
Steuerberater, vBP