Gesellschaftsrecht
Beantwortet
Fragestellung
Sehr geehrte Frau Fritsch
ich möchte Sie in folgender Angelegenheit um Rat bitten.
Seit ca. 20 Jahren führen mein Onkel und meine Mutter eine GmbH & Co KG ( Immobiliengesellschaft). Durch Testament meiner verstorbenen Großmutter wurde geregelt das meine Mutter Eigentümerin zu je einem 2/5 des ideellen Anteils wird, 3/5 erhielt mein Onkel.
Mein Onkel ist Geschäftsführer und zur alleinigen Vertretung befugt und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Seine Einsetzung als Geschäftsführer war der durch Testament festgelegte Wille meiner Großmutter.
Meine Mutter erhielt regelmäßig monatliche Zahlungen aus dem Gewinn der Gesellschaft, die Höhe der Zahlungen und die zeitlichen Eingänge variierten, wurden jedoch niemals aufgrund des Vertrauensverhältnisses seitens meiner Mutter hinterfragt.
Vor ca. 3 Jahren erkrankte meine Mutter schwer an Krebs, und mein Vater wurde zeitgleich aufgrund eines Unfalls pflegebedürftig. Seitdem hat mein Onkel keine monatlichen Zahlungen mehr geleistet. Auf Nachfrage meiner Mutter, wurde diese immer wieder vertröstet mit den Worten, dass zur Zeit soviel Ausgaben in der Firma wären. Nun wurde ich vor einer Woche gebeten die Interessen meiner Mutter wahrzunehmen, weil meine Mutter mittlerweile zu schwach geworden ist durch die Erkrankung. Ein erster Blick in die letzte Steuererklärung meiner Eltern ( von meinem Onkel und dem Steuerberater der Gesellschaft verfasst) von 2014 wies allerdings unter dem Punkt „Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb“ einen Gewinn über ca. 20 000€ für meine Mutter aus. Die Bezahlung der Steuern wurde „großzügig“ vom Geschäftskonto übernommen, da mein Onkel meiner Mutter erzählte, dass dieser Gewinn leider nicht an sie ausgezahlt werden könne,
da größere Reparaturen innerhalb der Firma anstehen würden. Es macht aus meiner Sicht keinen Sinn einen Gewinn auszuweisen, welcher dann wieder an die Firma/Gesellschaft zurückfließt.
Leider ist/war meine Mutter sehr gutgläubig und hat keinerlei Unterlagen über die Bilanzen nebst Gewinn – und Verlustrechnung. Auch keine Kenntnis über die Geschäftskonten noch Kopien über die Vollmachten bzw. über die von ihr „blind“ unterschriebenen Schriftstücke der letzten Jahre, welche sie meinem Onkel gegeben hatte. Teilweise wurde sie von ihm zum Zwecke der Unterschrift während ihres Krankenhausaufenthalten aufgesucht.
Leider war es mir nie möglich vorher Einblicke bzw. die Erlaubnis zu erhalten die Geschäfte/Verpflichtungen meiner Mutter zu führen, da diese Sorge um den Familienfrieden hatte.
Nunmehr ist es jedoch so, dass meine Mutter auf die Zahlungen angewiesen ist, da zu befürchten ist, dass sie ebenfalls wie mein Vater in ein Pflegeheim muss und die wenigen Rücklagen schnell aufgebraucht wären.
Meine Frage wäre, wie ich im Moment schlimmeres verhindern kann, da ich leider noch keine Beweise für eine eventuelle Veruntreuung der Gelder durch meinen Onkel habe.
Reicht es als Beweis für eine Veruntreuung, wenn ich nachweisen könnte, dass Gelder vom Geschäftskonto auf sein Privatkonto geflossen sind? Wie kann ich diesen Nachweis ( Einsicht in die Geschäftskonten, Bankkonto) am schnellsten erbringen bzw erreichen?
Kann ich meinem Onkel in diesem Fall die Vollmacht über die Geschäftskonten entziehen?
Da ich nicht weiß was meine Mutter alles unterschrieben hatte...kann man dann mit einem Schreiben alle Vollmachten widerrufen?
Kann man ihn als Geschäftsführer abberufen aus wichtigen Grund? Er ist ja durch Testament als Geschäftsführer eingesetzt. Ich möchte das in diesem Fall meinem Onkel die Möglichkeit verwehrt ist eventuell weitere Gelder aus der Firma „abzuziehen“.
Noch habe ich wie gesagt keinerlei Beweise da mein Onkel alle Unterlagen inclusive Buchführung in seinen Händen hält , ich habe ihn bereits vor einer Woche freundlich aber bestimmt gebeten mir diese Zuzusenden bin mir aber sicher das ich keine erhalten werde.
Macht es Sinn, für den Fall das ich die Veruntreuung beweisen kann, vorab von meinem Onkel ein Schuldanerkenntnis zu verlangen im Sinne einer gütlichen Einigung oder sollte ich dann für diesen Fall sofort Strafnzeige stellen
Für eine Antwort wäre ich dankbar und verbleibe mit freundlichen Grüßen
S. W.
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Antwort des Experten
Sehr geehrter Mandant,
zunächst einmal bedanke ich mich für das mir entgegengebrachte Vertrauen und möchte die von Ihnen geschilderte Sachlage wie folgt schildern:
1.
Die Lage ist sicherlich misslich und es ehrt Ihre Mutter, dass sie so lange zugewartet hat. Sicherlich ist dies vor dem Hintergrund eines eigentlich jahrzehntelangen Vertrauensverhältnisses sowie der früher ja immer recht regelmäßig bezogenen Einkünfte aus der Gesellschaft auch nachvollziehbar.
Nunmehr ist sie aber in der Tat an einem Punkt, an dem sie zum einen an sich selbst denken muss und zum anderen - im Falle des Entstehens von hohen Pflegekosten - ohnehin von den zuständigen Stellen in ein Handeln gezwungen werden würde. Wie Sie sicherlich bereits aus dem Fall Ihres Vaters wissen, mögen die Mühlen langsam mahlen, das Zusammentragen möglicherweise vorhandener Einkünfte jedoch sehr zuverlässig funktionieren.
2.
Zu Lasten Ihrer Mutter mag man zwar vortragen, dass Sie nie auf der Vorlage von Kopien, Bilanzen und ähnlichem bestanden hat. Allerdings würde dieses Argument nach meiner Einschätzung ganz entscheidend dadurch entkräftet, dass es zum einen in früheren Zeiten keinen Anlass für Verdachtsmomente gegeben hat, zum anderen diese nun aufgrund der nicht mehr erfolgenden Auszahlungen und der Hinhaltetaktik Ihres Onkels geschürt werden und schließlich ganz offensichtlich auch noch die Krankheit und Schwäche Ihrer Mutter ausgenutzt worden ist, um die aktuelle Taktik Ihres Onkels weiter laufen lassen zu können - wie auch immer diese aussehen mag.
3.
Im Gesamtzusammenhang bitte ich um Verständnis dafür, dass ich natürlich weder den Inhalt des Testaments Ihrer Großmutter, noch des Gesellschaftsvertrages kenne, weshalb ich nur eine sehr grobe Darstellung und Handlungsempfehlung abgeben kann:
Die Tatsache, dass Ihr Onkel allein vertretungsberechtigt ist, entbindet ihn selbstverständlich nicht von den bestehenden Rechenschaftspflichten der anderen Gesellschafterin, also Ihrer Mutter gegenüber.
Dies ändert sich auch dann nicht, wenn sie von diesem Recht bislang keinen Gebrauch gemacht hatte.
Die aktuellen Verdachtsmomente (keine Gewinnausschüttung mehr, Verzögerungen bei versprochenen Rückäußerungen und dubiose "Reparaturankündigungen", die eigentlich bereits vor der Gewinnausschüttung wertmäßig hätten abgezogen werden müssen) rechtfertigen daher im schlimmsten Falle in der Tat eine Strafanzeige und eine Absetzung des Onkels als Geschäftsführer.
4.
Ich empfehle Ihnen daher, Ihrer Forderungen schriftlich zusammenzufassen und dies durchaus auch als Einwurfeinschreiben zu versenden sowie Ihrem Onkel eine - natürlich je nach Umfang der anstehenden Arbeiten - durchaus angemessene Frist zum Handeln zu setzen. Er kann und soll durchaus merken, dass Sie misstrauisch geworden und dazu bereit sind, die Gangart zu verschärfen, falls irgendetwas nicht mit rechten Dingen zugehen sollte.
Zunächst sollte diese Frist darauf lauten, die anstehenden Informationen und Belege beizubringen. Damit die Frist wirksam in Gang gesetzt und Ihr Onkel zum Handeln gebracht wird, sollten diese Vorlagepflichten (aktuelle Bilanzen, die von ihm angesprochenen Rechnungen, Zahlungsbelege darüber, Kontoauszüge etc.) durchaus so ausführlich wie möglich benannt werden.
Da eine Kündigung, bzw. ein Widerruf von Vollmachten nicht bedingt, also "für den Fall eines erfolgslosen Fristablaufs" ausgesprochen werden können, müssen Sie mit diesen weiteren Schritten zunächst bis zum Ablauf dieser Frist abwarten.
Sollte sodann noch immer nichts geschehen sein, sollte Ihre Mutter in der Tat alle bestehenden Vollmachten zu Gunsten Ihres Bruders widerrufen, dies auch der Bank mitteilen und bei der zuständigen Staatsanwaltschaft eine Strafanzeige wegen des Verdachts der Unterschlagung und Veruntreuung anstreben.
Spätestens wenn sich die Behörden bei Ihrem Onkel melden, ist dieser zum Handeln gezwungen.
Dass Sie diese letzten Schritte durchaus erwägen, können Sie in dem Mahnschreiben zusätzlich als Information anbringen. Natürlich nicht im Sinne einer "Drohung", sondern als Hinweis darauf, dass Sie aus Hilflosigkeit und aus Mangel an Alternativen notfalls zu solchen Schritten gezwungen wären.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit einer ersten Einschätzung der Sachlage hiermit behilflich sein und stehe für eventuelle Rückfragen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Daniela Désirée Fritsch
Rechtsanwältin
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