Erbangelegenheit
Fragestellung
Guten Tag Frau Grass,
ich habe eine Frage in Sachen Erbrecht.
Die Mutter einer Bekannten wurde von einer Tochter (es gibt drei Kinder) nahezu um das gesamte Vermögen gebracht (mit Übertrag des Hauses etc.), was inzwschen gerichtlich wieder zurück abgewickelt wurde.
Dies ist nun soweit geklärt, das Haus verkauft. Allerdings möchte die Mutter nun die Tochter, welche o.g. Enteignung versucht hatte, enterben.
Dies ist natürlich nicht ohne Weiteres möglich (Pflichtteil), soweit ich weiß.
Da derzeit Vermögen durch ein Hausverkauf vorhanden ist (bar) stellt sich nun die Frage, wie man dies "legal" aufbrauchen kann, so dass nichts mehr vorhanden ist bis zum Ableben der Mutter, so dass die dritte Tochter aufgrund der schlimmen Vorfälle nichts mehr von einem möglichen Erbe abbekommt.
Gibt es eine Art "Richtwert", was monatlich als angemessene Entnahme der Mutter an Bar-Abhebungen realistisch ist? Abgesehen von einem guten Lebensstil im letzten Lebensabschnitt und diversen Reisen sind keine größeren Kosten zu erwarten o.ä.
Ist es möglich, ein lebenslanges Wohnrecht bei einem Vermieter zu "erkaufen"?
Wobei dieser durch eine Zahlung dies bei der Steuer anzumelden hätte, was kontraproduktiv wäre.
Gibt es die Möglichkeit, eine Art Schenkung unter den beiden anderen Kindern vorzunehmen (Betrag wäre jeweils im fünfstelligen Bereich, ca. 90.000,- € pro Kind)?
Hätte das dritte Kind auch Anspruch darauf?
Wie würde sich eine Schenkung wie im oberen Absatz angegeben verhalten, die z.B. im Jahre 2018 durchgeführt wird, die Mutter in 2030 verstirbt (ergo nach 10 Jahren), hätte die dritte Tochter dennoch Anspruch auf einen Pflichtteil von dem, was die anderern beiden Kinder in 2018 erhalten hätten, oder wäre dies verjährt?
Oder ist eine Enterbung aufgrund der o.g. geplanten Enteignung der eigenen Tochter der Mutter gegenüber rechtlich in speziellen Fällen möglich?
Gerne höre ich von Ihnen,
freundliche Grüße
S. K.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwältin Silvana Grass
Sehr geehrter Ratsuchender,
grundsätzlich kann der potentielle Erblasser zu Lebzeiten mit seinem Vermögen machen, was er möchte. Es gibt dabei auch keine Regeln, was verboten ist. So wären im Grunde eine Weltreise oder regelmäßige Spielbankbesuche, mit und ohne Verluste, allein Sache des potentiellen Erblassers. Es gibt diesbezüglich keinen Anspruch der Erben, dass die Vermögenswerte „zusammengehalten“ werden.
Bei größeren Barabhebungen wird natürlich im Erbfalle die Nachfrage auftauchen, wofür die möglicherweise hohen Beträge verwendet wurden. Richtlinien oder Erfahrungswerte sind hier keine vorhanden, auf die man zurückgreifen könnte.
Auch ein lebenslanges Wohnrecht zu erkaufen ist nicht möglich. Wenn die Mutter zur Miete lebt, dann kann man höchsten die Miete für Jahre im Voraus zahlen. Allerdings wäre es ggf. auch möglich, einen eventuellen überzahlten Betrag, nämlich wenn der Todesfall früher als kalkuliert und bezahlt eintritt, zurückzufordern. Im Grunde bringt dieses Vorgehen keinerlei Vorteile.
Bloß Schenkungen sind insofern nicht ganz unproblematisch, da Schenkungen, die nicht länger als 10 Jahre vor dem Ableben des Erblassers erfolgen sog. Pflichtteilsergänzungsansprüche auslösen. Dies bedeutet, würde die Mutter die dritte Tochter enterben und vorher bereits einen Teil des Vermögens den anderen beiden Kinder verschenken, dann würden sich die Pflichtteilsansprüche des enterbten Kindes nicht nur aus dem noch vorhandenen Vermögen, sondern auch aus dem verschenkten ergeben (§ 2325 BGB).
Bzgl. des geschilderten Beispiels würde das dritte Kind zu Lebzeiten keinen Anspruch auf eine solche Zuwendung haben. Nur wenn die potentielle Erblasserin vor Ablauf der 10 Jahresfrist verstirbt, würde die Tochter 1/6 der geschenkten Geldes, abzüglich 10 % pro Jahr, welches seit der Schenkung vergangen ist, als Pflichtteilsergänzung verlangen können.
Dementsprechend gilt im Umkehrschluss: Sind die 10 Jahre seit der Schenkung vergangen, geht die 3.Tochter leer aus.
Ich hoffe, Ihnen verständlich die Rechtslage erörtert zu haben. Sollten sich dennoch Ihrerseits Rückfragen ergeben, nehmen Sie bitte Kontakt auf.
Mit freundlichen Grüßen
RA Grass
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