Berliner Testament
Fragestellung
Wir (in zweiter Ehe ohne eigene Kinder) wollen zur gegenseitigen Absicherung folgendes handschriftliches Testament aufsetzten:
Unser gemeinsamer Wille ist es, uns gegenseitig zum Alleinerben einzusetzen. Der Überlebende von uns soll ohne Rücksicht auf Pflichtteilberechtigte allein erben. Der zuletzt Versterbende wird verfügen, dass unsere Stiefkinder M. und V. zu Nacherben eingesetzt werden und zu gleichen Teilen allein erben.
Verlangt eines der Kinder beim ersten Erbfall gegen den Willen des länger lebenden Ehepartners seine gesetzlichen Pflichtteilsansprüche, so soll es auch beim zweiten Erbfall enterbt sein.
Ort, Datum Unterschrift von uns beiden
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Antwort von Rechtsanwältin Kristina Standke
Sehr geehrter Ratsuchender,
wenn SIe von mir wissen sollen, ob das Testament so in Ordnung ist, muss ich ihn leider sagen, dass das Testament in dieser Fassung mißverständlich ist.
"Unser gemeinsamer Wille ist es, uns gegenseitig zum Alleinerben einzusetzen."
Besser formuliert man: Wir setzen uns hiermit gegenseitig zu unseren Alleinerben ein.
"ohne Rücksicht auf Pflichtteilberechtigte"
Die Pflichtteilsberechtigung können SIe nicht mit einem Testament ausschließen. Dazu bedarf es eines notariellen Pflichtteilsverzicht der Pflichtteilsberechtigten. Der Überlebende muss daher immer damit rechnen, dass die Abkömmlinge des Erstversterbenden den Pflichtteilsanspruch geltend machen.
"Der zuletzt Versterbende wird verfügen, dass unsere Stiefkinder M. und V. zu Nacherben eingesetzt werden und zu gleichen Teilen allein erben. "
Es wird nicht klar, ob sie mit dem Testament bereits die Erbfolge nach dem Letztversterbenden regeln wollen. Oder soll es der Überlebende nach dem Tod des Ersten noch durch ein weiteres Testament regeln?
Der Begriff Nacherben ist juristisch definiert. Er verwirrt nur, wenn man keine Vorerbschaft regelt. Sie meinten sicherlich den Schlusserben und sollten diesen Begriff dann auch verwenden.
Insgesamt ist die testamentarische Regelung bei Patchworkfamilien nicht ganz einfach. Sollten Sie auch noch über Immobilienvermögen verfügen, halte ich eine anwaltlich oder notarielle Beratung für sehr wichtig. Meine Erfahrung zeigt leider, dass immer wieder sehr große Fehler gemacht werden. Ein notarielles Testament hätte auch den Vorteil, dass beim ersten Erbfall nicht zwingend ein Erbschein erforderlich sein muss.
Ich hoffe, dass ich Ihnen ein wenig helfen konnte.
Mit freundlcihen Grüßem
K.Standke
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ich bedanke mich für Ihre Antwort, aber leider hat mir das nicht sehr viel weitergeholfen.
ICH (70) möchte meine Frau (61) absichern, damit sie in unserer Eigentumswohnung auch nach meinem Tod wohnen kann. Wenn MEIN Sohn seinen Pflichtteilanspruch geltend macht, ist dies nicht denkbar.
Würde eine Schenkung der Immobilie an meine Frau das verändern?
Mit sonnigen Grüßen aus Berlin
Dieter Graeber
in diesem Fall könnten Sie Ihrer Ehefrau ein Wohnungsrecht zu Lebzeiten einräumen.
Denkbar ist auch die Übertragung (Schenkung) des Eigentums. Allerdings besteht dann beim Scheitern der Ehe für Sie die Gefahr, dass Sie kein Eigentum mehr haben.
Bei Schenkungen besteht auch die Gefahr des Pflichtteilsergänzungsanspruchs Ihres Sohnes. D.h. für die Berechnung des Pflichtteils wird Ihr Nachlass so gestellt, als wäre die ETW noch in ihrem Nachlass.
Ich schalge vor, dass Sie Ihrem Sohn ein Vermächtnis deutlich über dem Pflichtteil (eventuell in Höhe von 1/2) vermachen, das allerdings erst fällig wird mit dem Versterben Ihrer Frau. Dies eventuell in Verbindung mit einer Testamentsvollstreckung. Das hat den Vorteil, dass sich Ihre Frau nicht um die Abwicklung kümmern muss. Ihr Sohn könnte das Vermächtnis zwar ausschlagen, kriegt jedoch dann nur seinen Pflichtteil (1/4) und nicht 1/2 des Nachlasses.
Dies ist eine etwas komplizierte Regelung. Deshalb empfehle ich Ihnen dringend, das Testament notariell entwerfen zu lassen. Das kostet zwar erst einmal etwas Geld. Dafür kann Ihre Frau im Erbfall die Kosten eines Erbscheins einsparen.
Mit freundlichen Grüßen
Kristina Standke