Bemessungsgrundlage Beträge für freiwillige Krankenversicherung
Fragestellung
Sehr geehrter Experte,
einer meiner Mandanten hat positive Einkünfte aus Lafo.
Gleichzeitig hat er Verluste aus gewerblicher Tierzucht. Diese Verluste wurden vom FA mit Bescheid festgestellt.
Die Krankenkasse legt der Beitragsberechnung nun lediglich die positiven Einkünfte aus Lafo zugrunde, den Abzug der Verluste aus Tierzucht lehnt sie ab.
Nach der einschlägigen Rechtsstprechung sind vertikale Verlustausgleiche nicht erlaubt, horizontale aber schon.
Die gewerbliche Tierzucht gehört zur Lafo und wird lediglich aufgrund steuerlicher Bestimmungen gesondert festgestellt und nicht zur Verrechnung mit den positiven Lafo-Einkünfte zugelassen.
Darf die KV trotzdem die Berücksichtigung dieser Verluste ablehnen (bitte ggf. mit Quelle, höchstrichterlichem Urteil o.ä. begründen). Vielen Dank im Voraus.
H.K.
Steuerberater
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Antwort von Rechtsanwalt Daniel Hesterberg
Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne auf Basis Ihres Einsatzes und des von Ihnen mitgeteilten Sachverhalts wie folgt beantworte:
Es kann durchaus sein, dass diese Einnahmen zu trennen sind, also von der Krankenversicherung durchaus unterschiedlich gehandhabt werden können.
Dazu müsste man beides genauer voneinander abgrenzen, weshalb ich Sie nochmals um Ihre Mithilfe bitten darf.
Soweit hier Einnahmen aus Land- und Forstwirtschaft vorliegen, müsste ich wissen, wie diese erzielt werden, also als Gesellschaft etc. Gleiches gilt für die Einnahmen aus der gewerblichen Tierzucht.
Sicherlich kann man diese durchaus zur Landwirtschaft zählen, aber es kommt darauf an, wie und auf welcher Grundlage diese Einnahmen erzielt werden.
Eine vollkommene Deckungsgleichheit scheint mir hier in diesem Sinne auf den ersten Blick nämlich nicht vorhanden zu sein.
In dem Einkommensteuergesetz (EStG), § 13 Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, wird in Abs. 1 Satz 2 die Tierzucht auch gesondert aufgeführt.
Die Rechtsprechung hat in der Tat bestätigt, dass Verluste der einen Einkunftsart nicht mit Gewinnen einer anderen Einkunftsart verrechnet werden können (vertikaler Verlustausgleich).
Insoweit kann hier allenfalls nur eine teilweise Deckung vorliegen.
Wie gesagt, ich müsste dazu noch Näheres wissen und dann antworte ich Ihnen ergänzend. Danke für Ihr Verständnis.
Ich hoffe, Ihnen damit weitergeholfen zu haben und wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.
Vielen Dank im Voraus für Ihre Bewertung meiner Antwort. Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Hesterberg
Rechtsanwalt
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zunächst bitte ich Sie um Entschuldigung für meine verspätete Antwort (Corona-Stress).
Zu Ihren Fragen:
1. „… müsste ich wissen, wie diese erzielt werden …“: eine Gesellschaft ist nicht im Spiel. Daher habe ich ausdrücklich geschrieben … einer meiner Mandanten …“. Wäre eine Gesellschaft beteiligt, hätte ich „GbR“, „Mitunternehmerschaft“, „GmbH“ o.ä. ge-schrieben;
2. „… kann man diese durchaus zur Landwirtschaft zählen…“ und „… wird in Abs. 1 Satz 2 die Tierzucht auch gesondert aufgeführt….“: ja, das ist mir natürlich klar, allerdings geht der Satz 2 noch weiter mit „… wenn…“
Und damit sind wir im § 15 Abs. 4 EStG; und das hatte ich ja ebenfalls ausdrücklich ausgeführt, nämlich in meinem zweiten Satz „Gleichzeitig hat er Verluste aus gewerblicher Tierzucht.“ Und steuerlich geht § 15 Abs. 4 EStG als lex specialis vor.
Steuerlich ist die Sache klar: grundsätzlich ist Tierzucht Lafo, bei Vorliegen bestimmter Umstände erfolgt jedoch - wie hier geschehen - eine Umqualifizierung in gewerbliche Einkünfte.
Die Frage ist aber nicht, wie die Einkünfte STEUERLICH behandelt werden, die Frage ist, wie die KRANKENKASSE diese Einkünfte behandelt. M.a.W.:
1. Richtet sich die Krankenkasse ausschließlich (!) nach den Angaben, die vom Finanzamt festgestellt werden (hier also gewerbliche Tierzucht statt, wie es – außerhalb der Einkommensteuer – korrekt wäre, Lafo)?
2. Falls Punkt 1. bejaht wird: legt die Krankenkasse ausschließlich den Einkommensteuerbescheid zugrunde oder gibt es die Möglichkeit, auch andere Bescheide (hier also den entsprechenden Verlustfeststellungsbescheid) in das Verfahren einzubringen?
Und vor allen Dingen, je nach Antwort auf die beiden Fragen: wo finde ich die entsprechenden gesetzlichen Grundlagen bzw. höchstrichterliche Rechtsprechung zu diesem Thema?
Viele Grüße
H.K.
Steuerberater
vielen Dank für Ihre Nachfrage, die ich gerne wie folgt beantworte:
1.
Der Gesetzgeber hat dem GKV-Spitzenverband die Aufgabe übertragen, das Nähere zur Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung zu regeln. Auf dieser Grundlage sind entsprechende Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler durch den GKV-Spitzenverband beschlossen worden. Hieran sind die Krankenkassen gebunden.
So gibt es einheitliche Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der ge-setzlichen Krankenversicherung und weiterer Mitgliedergruppen sowie zur Zahlung und Fälligkeit der von Mitgliedern selbst zu entrichtenden Beiträge (Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler)vom 27. Oktober 2008, zuletzt geändert am 18. März 2020.
https://www.gkv-spitzenverband.de/media/dokumente/krankenversicherung_1/grundprinzipien_1/finanzierung/beitragsbemessung/2020-03-18_Beitragsverfahrensgrundsaetze_Selbstzahler_in_der_Fassung_der_Neunten_Aenderung.pdf
Dort steht auch die Rechtsgrundlage:
§ 240 SGB V
Für die Beitragsbemessung der freiwilligen Mitglieder ist nach § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V bzw. § 57 Abs. 4 Satz 1 SGB XI die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds zu berücksichtigen.
§ 2 der Grundsätze lautet demgemäß:
Beitragsbemessungsgrundsätze
"(1) Die Beiträge werden nach den beitragspflichtigen Einnahmen des Mitglieds bemessen. Die Beitragsbemessung hat die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds zu berücksichtigen."
In § 6 - Nachweis der beitragspflichtigen Einnahmen - gibt es den Bezug zum Steuerrecht, EStG.
Auch die nachfolgenden §§ stellen darauf ab.
2.
Daher darf sich das auch allein an dem Steuerbescheid festmachen, nach der steuerrechtlichen Festsetzung, andere Möglichkeiten sehe ich daher leider nicht.
Zur Beitragsbemessung freiwillig Krankenversicherter ist der Gewinn aus der selbstständigen Tätigkeit, ermittelt nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommenssteuerrechts, heranzuziehen.
Auch hier gilt das gleiche wie im Einkommenssteuerrecht, ein solcher „vertikaler Verlustausgleich“ wurde bereits höchstrichterlich abgelehnt, Urteil des BSG vom 9. August 2006, B 12 KR 8/06 R.
Ich hoffe, Ihnen damit weitergeholfen zu haben und wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.
Vielen Dank im Voraus für Ihre Bewertung meiner Antwort. Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Hesterberg
Rechtsanwalt
vielen Dank für Ihren Nachtrag, der mir weiterhilft (leider nicht in positivem Sinn, aber dafür können Sie ja nichts :-)).
Viele Grüße
H.K.
Steuerberater
danke auch für Ihre Bewertung, die Sie abgegeben haben. Ihnen alles Gute.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Hesterberg
Rechtsanwalt