Arbeitszeugnis prüfen lassen
Fragestellung
Ich möchte gerne das angehängte Arbeitszeugnis prüfen lassen.
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Antwort von Rechtsanwalt Karlheinz Roth
Sehr geehrte Ratsuchende,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Zu dem hier hochgeladenen "Zeugnis" nehme ich nunmehr wie folgt Stellung:
Die normative Grundlage für den Anspruch auf Erteilung eines Zeugnisses ergibt sich aus § 109 der Gewerbeordnung (GewO):
"(1) Der Arbeitnehmer hat bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. Das Zeugnis muss mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit (einfaches Zeugnis) enthalten. Der Arbeitnehmer/Auszubildende kann verlangen, dass sich die Angaben darüber hinaus auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis (qualifiziertes Zeugnis) erstrecken.
(2) Das Zeugnis muss klar und verständlich formuliert sein. Es darf keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen..."
Das Arbeitszeugnis enthält eine Beurteilung der gesamten beschriebenen Einzelleistungen, die dann auch der Gesamtnote entsprechen müssen. Welche Leistungen stärker hervorgehoben werden, ist Sache des Arbeitgebers. Der Arbeitgeber ist hingegen verpflichtet, alle sog. berufsspezifischen Merkmale einzubeziehen.
Dort wo der verständige Zeugnisleser jeweils eine positive Herausstellung erwartet, darf das Arbeitszeugnis keine Auslassungen ausweisen. Das bedeutet, dass der Arbeitnehmer die Bescheinigung eines bestimmten Merkmals dann verlangen kann, wenn in dem Berufskreis des Arbeitnehmers dies der Üblichkeit entspricht und das Auslassen dieses bestimmten Merkmals im Zeugnis zu einer Behinderung des beruflichen Fortkommens führen könnte.
Um die Führungsleistung zu beurteilen, ist die Auswirkung auf die Motivation der Mitarbeiter (Betriebs- und Arbeitsklima) und auf die Mitarbeiterleistung gebräuchlich und relevant. Nach der Rechtsprechung des LAG Hamm (LAG Hamm vom 27. April 2000 – 4 Sa 1018/99) ist auch die Durchsetzungskraft der Führungskraft als sog. gebräuchliches Merkmal anzusehen.
Auf der Grundlage der Vorschrift des § 109 Absatz 1 Gewerbeordnung (GewO) ist bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses ein Arbeitszeugnis auszustellen.
Das Dokument ist weder mit "Zeugnis" noch "Arbeitszeugnis" überschrieben worden und enthält auch keinen Einleitungssatz, aus dem sich ergibt, in welchem Zeitraum Sie bei Ihrem Arbeitgeber in welcher Funktion tätig gewesen sind. Bereits diese Auslassungen begründen für sich einen Zeugnisberichtigungsanspruch.
Die kurze und transparente Unternehmensbeschreibung hat einen positiven Effekt, die hier allerdings ebenfalls fehlt.
Ein zukünftiger Arbeitgeber kann sich auf der Grundlage der Unternehmensbeschreibung einen guten Überblick über die Art, die Betriebsorganisation sowie die Unternehmensgröße verschaffen und auf diese Weise einschätzen, ob sich der zukünftige Mitarbeiter auch in dem neuen Unternehmen zurechtfände.
Im Hinblick auf die Tätigkeitsbeschreibung ist auf Folgendes zu achten:
Üblich ist es, die Aufgaben und damit verbundene Tätigkeiten stichwortartig aufzulisten. Idealerweise handelt es sich um fünf bis zehn Aufzählungspunkte, die in der Reihenfolge nach inhaltlichem Schwerpunkt, zeitlichem Umfang und Verantwortung aufgeführt sind. Sollten mehr Aufgaben zu beschreiben sein, ist es sinnvoll, diese gegebenenfalls zusammenzufassen.
Hier finden sich in Absatz entsprechende Ausführungen. Wenn Sie noch weitere Tätigkeitsfelder inne hatten, müssten diese ebenfalls aufgeführt werden. Hierfür obläge Ihnen dann aber die Darlegungs- und Beweislast.
Auf der Notenskala handelt es sich um eine 2,07, dementsprechend wurden Ihnen überwiegend gute Leistungen zugeschrieben.
Die Noten im Einzelnen:
a) Arbeitsweise: 2
b) Leistung: 2
c) Zuverlässigkeit: 2
d) Belastbarkeit: 2
e) Teamfähigkeit: 2
f) Sozialverhalten intern u. extern: 2 (-)
g) Schlussformel: 2/3
Damit ein Schriftstück auch den Merkmalen eines Arbeitszeugnisses genügt, gehört eine äußere Form, die den Gepflogenheiten des Geschäftslebens Rechnung trägt, wobei die Verwendung der Schriftgröße "10" eingefordert werden könne, so jedenfalls die Rechtsprechung des LAG Hessen (Urteil vom 13.08.2002 - Az. 16 Ta 255/02).
Diesen Anforderungen genügt das Zeugnis, weil es auf einem Briefbogen erteilt worden ist und auch die Funktion des Zeugnisserstellers angegeben worden ist. Die Schriftgröße ist auch nicht zu beanstanden. Auch die Unterschrift fehlt nicht.
Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG – Urteil vom 04.10.2005 – 9 AZR 507/04) verlangt im Zusammenhang mit der Unterzeichnung eines Arbeitszeugnisses Folgendes:
„Die Anforderungen an die unterzeichnende Person ergeben sich aus dem Zweck des Zeugnisses. Es soll zum einen dem Arbeitnehmer Aufschluss über seine Beurteilung durch den Arbeitgeber geben. Zum anderen dient es der Unterrichtung künftiger Arbeitgeber über die Befähigung des Arbeitnehmers. Es soll dem Arbeitnehmer die Suche nach einer neuen Beschäftigung erleichtern. Hierfür ist die Person des Unterzeichnenden von erheblichem Belang. Mit seiner Unterschrift übernimmt der Unterzeichnende als Aussteller des Zeugnisses die Verantwortung für dessen inhaltliche Richtigkeit. Der Dritte, dem das Zeugnis bestimmungsgemäß als Bewerbungsunterlage vorgelegt wird, soll und muss sich darauf verlassen können, dass die Aussagen über Leistung und Verhalten des Arbeitnehmers richtig sind.
Dieser Zweck erfordert nicht, dass das Zeugnis vom bisherigen Arbeitgeber selbst oder seinem gesetzlichen Vertretungsorgan gefertigt und unterzeichnet wird. Der Arbeitgeber kann einen unternehmensangehörigen Vertreter als Erfüllungsgehilfen beauftragen, das Zeugnis in seinem Namen zu erstellen. In einem solchen Fall sind jedoch das Vertretungsverhältnis und die Funktion des Unterzeichners anzugeben. Fachliche Zuständigkeit und Rang in der Hierarchie geben Aufschluss über die Kompetenz des Ausstellers und ermöglichen dem Zeugnisleser eine Einschätzung der Richtigkeit der im Zeugnis zur Beurteilung des Arbeitnehmers getroffenen Aussagen.
Die Rechtsprechung fordert deshalb, dass ein das Zeugnis unterschreibender Vertreter des Arbeitgebers ranghöher als der Zeugnisempfänger sein muss. Das setzt regelmäßig voraus, dass er dem Arbeitnehmer gegenüber weisungsbefugt war (BAG 16. November 1995 - 8 AZR 983/94 - EzA BGB § 630 Nr. 20). Der Zeugnisleser muss dieses Merkmal ohne weitere Nachforschungen aus dem Zeugnis ablesen können (vgl. Senat 26. Juni 2001 - 9 AZR 392/00 )."
Verlangt der Arbeitnehmer ein qualifiziertes Zeugnis, muss der Arbeitgeber darin auch Leistung und Verhalten des Arbeitnehmers beurteilen. Die Beschreibung der Leistung soll dabei Angaben über Fähigkeiten, Kenntnisse, Fertigkeiten, Geschicklichkeit und Sorgfalt sowie Einsatzfreude und Einstellung zur Arbeit enthalten. Bei den Angaben über das Verhalten von Beschäftigten ist insbesondere ihr Verhältnis zu Mitarbeitern und Vorgesetzten zu beurteilen, sowie die Frage, wie sie sich in den betrieblichen Arbeitsablauf eingefügt haben.
In dieser Hinsicht genügt das Zeugnis diesen Ansprüchen nicht, weil die berufsspezifischen Merkmale "Fachwissen", "Auffassungsgabe und Problemlösung", "Denk- und Urteilsvermögen", "Leistungsbereitschaft", "Arbeitsergebnisse", "Führungsfähigkeit" in dem Zeugnis nicht bzw. unzureichend abgebildet worden sind. Dies begründet einen Zeugnisberichtigungsanspruch.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, das Zeugnis mit Formulierungen abzuschließen, in denen er dem Arbeitnehmer für die gute Zusammenarbeit dankt und ihm für die Zukunft alles Gute wünscht (vgl. BAG vom 20.02.2001 - 9 AZR 44/00).
Es handelt sich nicht um ein qualifiziertes Zeugnis, mit dem Sie schon gar nicht bewerben können. Sie sollten daher unbedingt Ihren Zeugnisberichtigungsanspruch geltend machen und notfalls vor Gericht erstreiten.
Ich hoffe, dass ich Ihnen in der Sache weiterhelfen konnte. Fragen Sie gerne nach, wenn etwas unklar geblieben ist, damit Sie hier zufrieden aus der Beratung gehen.
Einer positiven Bewertung sehe ich entgegen.
Gerne höre ich von Ihnen.
Mit freundlichen Grüßen
Karlheinz Roth
- Rechtsanwalt und zertifizierter Testamentsvollstrecker -
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RA K. Roth
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J. M.