Eine nicht ausreichende Begründung eines Verwaltungsakts kann nicht geheilt werden

Erlässt das Finanzamt einen Verwaltungsakt und begründet diesen nicht oder nur unzureichend, ist eine Heilung durch Nachholung der Begründung ausgeschlossen, wenn sich der Verwaltungsakt erledigt hat.

Hintergrund

Mit Schreiben vom 18.2.2011 forderte das Finanzamt die von einem Steuerberater vertretenen Eheleute auf, die Einkommensteuer-Erklärung 2010 bis zum 31.8.2011 vorzeitig einzureichen und drohte für den Fall der Nichtabgabe die Festsetzung eines Verspätungszuschlags an. Dem Schreiben war keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt. Die Steuererklärung ging am 7.12.2011 beim Finanzamt ein. Am 23.12.2011 erließ das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid 2010 und setzte gleichzeitig einen Verspätungszuschlag i. H. v. 880 EUR fest.

Am 9.1.2012 erhoben die Eheleute Einspruch gegen den Verspätungszuschlag, da ihrer Ansicht nach das Finanzamt die Aufforderung zur Erklärungsabgabe nicht ausreichend begründet hatte und diese deshalb rechtswidrig war. Folglich hatten sie die Einkommensteuer-Erklärung nicht verspätet eingereicht.

Mit Schreiben vom 19.1.2012 erklärte das Finanzamt, dass Anlass für die vorzeitige Anforderung die verspätete Erklärungsabgabe in den Vorjahren gewesen war. Am 27.1.2012 legten die Eheleute Einspruch gegen die Anforderung der Erklärung ein und wiesen auf den Begründungsmangel hin. Das Finanzamt verwarf beide Einsprüche.

Die Eheleute erhoben daraufhin Klage zur Feststellung der Rechtswidrigkeit der Erklärungsanforderung sowie gegen den Verspätungszuschlag. Das Finanzgericht wies jedoch beide Klagen als unbegründet zurück.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof gab den Eheleuten recht und entschied, dass die Aufforderung zur Erklärungsabgabe rechtswidrig war, da der Begründungsmangel nicht geheilt werden konnte. Wegen der Rechtswidrigkeit der Aufforderung hoben die Richter den festgesetzten Verspätungszuschlag auf, weil die Eheleute die Erklärung noch innerhalb der allgemein bis 31.12.2011 verlängerten Frist eingereicht hatten.

Nach den Fristenerlassen der Länder verlängert sich die Abgabefrist allgemein bis zum 31.12. des Folgejahres, wenn die Einkommensteuer-Erklärung durch einen Vertreter der steuerberatenden Berufe angefertigt wird. Macht das Finanzamt allerdings von der Möglichkeit der vorzeitigen Anforderung der Steuererklärung Gebrauch, muss es seine Entscheidung ausreichend begründen. Das Schreiben des Finanzamts vom 18.2.2011 genügt diesem Begründungserfordernis jedoch nicht. Für die Eheleute war nicht erkennbar, aus welchem konkreten Grund das Finanzamt die allgemeine Abgabefrist verkürzt hatte. Dieser Begründungsmangel konnte nicht nachträglich geheilt werden. Denn der Verwaltungsakt hatte sich vor Einlegung des Einspruchs erledigt und damit war eine Heilung des Begründungsmangels durch Nachschieben der Ermessensgründe nicht mehr möglich, da die Heilung einen wirksamen Verwaltungsakt voraussetzt.

Juni 2017

DR. Rainer Schenk (Steuerberater)