Nachbarschaftsrecht - Grundstücksgrenze
Fragestellung
Unser Haus und Grundstück wurde 1998 gekauft.
Vor 2 Jahren wurde das Nachbargrundstück vom Vorbesitzer gekauft und bebaut.
Die Grenze bildet ein Fußmäuerchen mit einem Maschendrahtzaun darauf, die Zaunanlage wurde von unseren Vorbesitzern hergestellt, wir haben sie so übernommen und nichts daran verändert.
Jetzt hat sich herausgestellt. dass das überdeckte Fundament des Zaunmäuerchens 15 cm in das Nachbargrundstück auskragt.
Der Nachbar will den in sein Grundstück ragenden Teil des Fundamentes abstemmen lassen und verlangt von uns die Kosten von 1.460,00 Euro.
Wir sind der Ansicht, wir haben die unrechtmässige Überbauung nicht veranlasst und sind damit auch nicht haftbar. Wir wollen nicht zahlen.
Kann es sein, dass wir mit dem Kauf unseres Grundstücks für die nicht erkennbare Rechtsverletzung unserer Vorbesitzer haftbar gemacht werden können?
Oder muss der Nachbar unsere Vorbesitzer zur Kostenerstattung heranziehen?
Mit freundlichen Grüssen
D. H
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwalt und Mediator Christian Joachim
Sehr geehrter Fragesteller,
grundsätzlich sind Sie dafür verantwortlich, wenn Auswirkungen Ihres Grundstückes auf andere Personen oder auf andere Grundstück ausgehen. Dies bedeutet, dass Sie auch für das Fundament der Mauer verantwortlich sind, welche in das Grundstück des Nachbarn ragt, unabhängig davon, ob Sie hiervon Kenntnis hatten oder nicht.
Sie haften grundsätzlich hierbei auf Beseitigung und Unterlassung nach § 1004 BGB, es kann sich auch ein Herausgabeanspruch ergeben. Hierzu weiter unten.
Sofern die Vorbesitzer hiervon Kenntnis hatten und Ihnen dies arglistig verschwiegen haben, könnten Sie einen Schadensersatzanspruch gegen die Vorbesitzer haben. Sie müssten aber ggf. beweisen, dass die Vorbesitzer gewusst haben, dass sie das Fundament nicht auf Ihrem eigenen Grundstück errichtet haben.
Ein direkter Anspruch des Nachbarn gegen die Vorbesitzer dürfte dann gegeben sein, wenn er nachweisen kann, dass die Vorbesitzer diese Mauer auch auf seinem Grundstück errichtet haben. Er kann allerdings wählen, ob er die Vorbesitzer oder Sie in Anspruch nimmt.
Hatte der Nachbar Kenntnis von dem Überbau bereits vor mehr als drei Jahren gehabt, könnten die Ansprüche auf Unterlassung und Beseitigung verjährt sein. Er kann aber gegebenenfalls aus seinem Eigentumsrecht heraus auf Herausgabe seines Grundstücksanteils klagen bzw. diesen verlangen.
Andersherum kann er, wenn er selbst Kenntnis davon gehabt hat, dass die Mauer, die letztliche eine Grenzbefestigung zwischen den beiden Grundstücken darstellt, teilweise auf seinem Grundstück gestanden hat und er damit grundsätzlich einverstanden war, bzw. über einen sehr langen Zeitraum von mindestens 4-5 Jahren nichts hiergegen unternommen hat, Verwirkung eingetreten sein, da er sich dann damit einverstanden erklärt hat, dass die Mauer auch entsprechend errichtet worden ist und letztlich auch als Grenze zwischen den beiden Grundstücken zu seinen Gunsten dient.
Daneben besteht für beide Grundstückseigentümer gleichermaßen die Verpflichtung, wenn eine Grenzbefestigung errichtet wird, sich an den Kosten jeweils hälftig zu beteiligen. Dies würde unter Umständen für den Nachbarn bedeuten, dass, wenn Sie die Mauer nunmehr entfernen müssten, und eine neue Mauer errichten müssten, die dann genau auf der Grundstücksgrenze steht, dass der Nachbar sich an den Kosten hierfür hälftig beteiligen müsste.
Ein Beseitigungsanspruch des Nachbarn könnte auch dann ausgeschlossen sein, wenn überhaupt keine Einwirkungen auf das Grundstück eingehen. Dies müsste im Einzelfall allerdings näher geprüft werden, da grundsätzlich ein Beseitigungsanspruch bestehen würde, der auch jegliche kleinere Einwirkung auf das Grundstück umfasst. Ist aber überhaupt gar keine Beeinträchtigung anzunehmen, so könnte das Verlangen rechtsmissbräuchlich sein und der Beseitigungsanspruch würde deshalb entfallen.
Ich empfehle Ihnen daher, sich mit dem Nachbarn unter den vorgenannten Ausführungen noch einmal auseinanderzusetzen und mit ihm zu besprechen, wie schwer die Auswirkungen des Fundamentes auf seinem Grundstück tatsächlich sind und ob er hier nicht damit einverstanden sein könnte, dass hier die Grenzmauer bestehen bleibt, da dies für ihn ebenfalls entsprechende Konsequenzen hätte, wenn sie verlangen würden, dass die Grenzmauern neu aufgebaut wird.
Falls er zustimmt, sollten Sie eine schriftliche Vereinbarung schließen, besser jedoch, dass der Überbau gegebenenfalls grundbuchlich eingetragen wird, damit gegebenenfalls auch Rechtsnachfolger des Nachbarn hier nicht auch Beseitigung verlangen könnten.
Ich hoffe, dass ich Ihnen zunächst hilfreich geantwortet habe und stehe Ihnen gerne weiter zur Verfügung, sollten nachfragen bestehen.
Viele Grüße
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