Gewerbesteuer
Fragestellung
Hallo,
2015 habe ich eine Gewerbe betrieben (Ebay-Shop) mit 78.000 Euro gewinn, leider habe ich kein Gewerbesteuer bezahlt.
Jetzt in Dezember bei Steuererklärung 2015 sagte mein Steuerberater dass, ich über 9.000 Euro Gewerbesteuer für das Jahr 2015 nachzahlen muss. Ich weiss dass, die 9.000 Euro Gewerbesteuer wird auf Einkommensteuer Angerechnet, aber der Steuerberater sagte in dem Fall nicht, weil ich 2015 kein Gewerbesteuer bezahlt habe dann muss ich erst die 9.000 Euro in Januar/Februar 2017 (wenn Steuerbescheid kommt) bezahlen und dann erst bei Steuererklärung 2016 wird die 9000 Euro auf Einkomensteuer Angerechnet. Stimmt das ??
Gruß
R.
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Antwort von Steuerberater Dipl-Finanzwirt Jeannette Klüsener
Sehr geehrter Ratsuchende,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Ich möchte Ihnen nachfolgend im Rahmen einer Erstberatung einen Überblick über die steuerlichen Besonderheiten Ihres vorgetragenen Sachverhalts geben:
Laut Ihrem geschilderten Sachverhalt ist grundsätzlich die für 2015 zu zahlende Gewerbesteuer in Höhe von rd. EUR 9.000 in der Einkommensteuererklärung 2015 auch zu beziffern und nicht in den Folgejahren.
Nachfolgend möchte ich Ihnen das Grundsätzliche im Rahmen der Erstberatung nennen.
Grundsätzlich gilt:
Gewerbetreibende werden durch eine pauschalierte Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer entlastet. Die Einkommensteuerermäßigung wird in Höhe des 3,8-Fachen des Gewerbesteuermessbetrages gewährt. Dieser Anrechnungsfaktor berücksichtigt die Nichtabzugabzugsfähigkeit der Gewerbesteuer als Betriebsausgabe.
Zu beachten ist bei dieser Vorschrift, dass die tarifliche Einkommensteuer sich nur insoweit ermäßigt, als sie anteilig auf im zu versteuernden Einkommen enthaltene gewerbliche Einkünfte entfällt.
und
Die Ermäßigung ist außerdem begrenzt auf die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer.
Also,
es handelt sich hierbei um die pauschal durchgeführte Anrechnung der Gewerbesteuerbelastung auf die Einkommensteuerschuld, die in § 35 EStG geregelt ist.
Das heißt, bei der Berechnung Ihrer jährlichen Einkommensteuer (im Einkommensteuerbescheid) wird Ihre Gewerbesteuerbelastung angerechnet.
Bei der Erstellung Ihrer Einkommensteuererklärung erfolgt die Ermäßigung der Einkommensteuer nach § 35 EStG in einer Nebenrechnung.
Nebenrechnung:
Beispiel:
Gewinn aus Gewerbetrieb (abzgl. evtl. Kürzungen, zzgl. evtl. Hinzurechnungen)
= Gewerbeertrag 100.550 €
Gewerbeertrag 100.500 € (abgerundet auf volle 100 €)
− Freibetrag 24.500 €
--------------------------
= Gewerbeertrag 76.000 €
76.000 € × Steuermesszahl 3,5 % = Messbetrag 2.660 € x 3,8= 10.108 €,
max.
die anteilige Einkommensteuer im jeweiligen Jahr und
max.
die für z.B. 2015 tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer.
Die Einkommensteuer ist um das 3,8fache des nach § 14 festgesetzten Gewerbesteuermeßbetrag zu vermindern.
Dieses ist in der Anlage G anzugeben.
Ich habe Ihnen, zum besseren Verständnis die Anlage G 2015 beigefügt.
Die Angaben zur Ermäßigung sind in Zeile 15 (im Beispiel: 2.660 EUR) und Zeile 16 (Für 2015 tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer, die auf den Gewerbesteuer-Mess-
betrag lt. Zeile 15 entfällt) des Vordruckes einzutragen.
Eingehend auf Ihre Frage zitiere ich Ihnen aus dem aktuellen BMF-Schreiben vom 03.11.16 Nr. 3 Tz. 6 (Seite 3) hierzu, dass ich Ihnen beigefügt habe:
Die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer entspricht grundsätzlich der im Gewerbesteuerbescheid festgesetzten Gewerbesteuer für den jeweiligen Betrieb (vgl. § 35 Absatz 3 Satz 2 EStG) und in den Fällen des § 35 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 EStG der jeweils anteiligen festgesetzten Gewerbesteuer.
Weiteres der Vollständigkeitshalber:
(Erfolgt die Festsetzung der Einkommensteuer vor Bekanntgabe des Gewerbesteuerbescheides durch die Gemeinde, kann die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer auf der Grundlage des festgestellten Gewerbesteuermessbetrages und des Hebesatzes angesetzt werden (§ 16 Absatz1 GewStG). Bei einer Abweichung zwischen der zunächst dem Einkommensteuerbescheid zugrunde gelegten „tatsächlich zu zahlenden Gewerbesteuer“ und der im Gewerbesteuerbescheid festgesetzten Gewerbesteuer kann der Einkommensteuerbescheid nach § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 AO geändert werden. Entsprechendes gilt, wenn die Kommune nach Bekanntgabe des Gewerbesteuerbescheides die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer aufgrund einer Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO mindert. Bei einer Billigkeitsmaßnahme im Erhebungsverfahren gemäß § 227 AO besteht die Möglichkeit einer Änderung des Einkommensteuerbescheides gemäß § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 AO. Der Steuerpflichtige ist gemäß § 153 Absatz 2 AO verpflichtet, dem Finanzamt die Minderung der tatsächlich zu zahlenden Gewerbesteuer unverzüglich mitzuteilen.
Tz.7 des Schreibens
Die Höhe der Steuerermäßigung beträgt das 3,8-fache des nach § 14 GewStG festgesetzten Gewerbesteuermessbetrags oder des anteiligen Gewerbesteuermessbetrags (Anrechnungs-volumen). Maßgebend ist der Gewerbesteuermessbetrag, der für den Erhebungszeitraum festgesetzt worden ist, der dem Veranlagungszeitraum entspricht.
Bitte sprechen Sie mit Ihrem Steuerberater hierüber mit dem von mir vorigen zitierten.
Vielleicht ist aber in Ihrem Einzelfall bzw. Sachverhalt noch etwas anderes zu beachten und anzuwenden.
Ich hoffe, meine Antwort hat Ihnen weitergeholfen und
verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Jeannette Klüsener, Steuerberaterin
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