Erbrecht
Beantwortet
Fragestellung
Folgender Sachverhalt:
3 Geschwister, ein Bruder bekommt im Herbst 2015 das Elternhaus vom Vater überschrieben (Schenkung). Dies wurde notariell festgelegt, der Vater hat sich Nießbrauchrecht eintragen lassen. Die beiden anderen Geschwister haben nicht auf ihr Erbteil verzichtet und wurden aber auch nicht ausbezahlt. Zum Zeitpunkt der Schenkung war der Vater bereits über 20 Jahre Witwer.
Der Vater ist im Frühjahr 2016 verstorben. Es gibt kein Testament oder ähnliche Regelungen.
Sach- o. Geldwert sind keine vorhanden.
Nun meine Fragen:
Welchen Erbanspruch haben die beiden anderen Geschwister
hinsichtlich dem überschriebenen Elternhaus?
Wenn Erbanspruch besteht, wie hoch ist dieser?
Wie müssen die beiden Geschwister ihr Erbe einfordern?
Fallen hierfür Steuern an?
Vielen Dank für Ihre Mühe
Viele Grüße
Familie S.
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Antwort des Experten
Sehr geehrte Mandanten,
vielen Dank für Ihre Beratungsanfrage. Gerne erläutere ich Ihnen die rechtlichen Hintergründe zu Ihrer Situation:
1.
Welchen Erbanspruch haben die beiden anderen Geschwister hinsichtlich dem überschriebenen Elternhaus?
Leider haben die beiden weiteren Geschwister an dem überschriebenen Elternhaus kein Erbrecht, wenn - wovon ich hier ausgehe - die notariell beurkundete Schenkung wirksam war. Das Haus hat damit noch zu Lebzeiten des Vaters dessen Eigentum verlassen und wird damit nicht mehr zum Teil der Erbmasse.
Es ist zwar möglich, eine solche Schenkung innerhalb von 10 Jahren nach Ihrem Erfolgen anzufechten. Je nachdem, wann die Anfechtung erfolgt, wird dann ein zusätzlicher Wert der Erbmasse zugeschlagen und diese damit fiktiv erhöht.
Vielleicht haben Sie in diesem Zusammenhang schon einmal vom Pflichtteil gehört. Dieser betrifft gesetzlich Erbberechtigte, die aber per Testament enterbt wurden. Die Schenkungsanfechtung führt dann über den so genannten Pflichtteilsergänzungsanspruch zu einer Erhöhung des Erbanspruches. Dieses Institut greift vorliegend aber nicht, weil gerade eben keine Enterbung der beiden weiteren Kinder stattgefunden hat.
2.
Wenn Erbanspruch besteht, wie hoch ist dieser?
Dennoch führt das nicht dazu, dass die beiden weiteren Kinder vollständig leer ausgehen. Was Ihnen hier weiterhilft, sind die §§ 2325, 2326 und 2329 BGB. Trotz der Tatsache, dass beide Erben geworden sind, wird Ihnen hierüber ein Pflichtteilsanspruch samt Pflichtteilsergänzungsanspruch zuerkannt.
Dabei geht das Gesetz davon aus, dass die Schenkung hier zur faktischen Enterbung geführt hat, gerade eben, weil keine weiteren vererbbaren Vermögensgegenstände vorliegen.
Im Ergebnis werden die beiden weiteren Geschwister damit wie folgt behandelt: Sollte es keine sonstigen gesetzlichen Erben geben, teilen sich alle drei Geschwister das Erbe auf, erhalten also ein Drittel.
Da es bezüglich zweier Geschwister zu einer faktischen Enterbung gekommen ist, erhalten diese stattdessen ihren Pflichtteil, welcher der Hälfte des gesetzlichen Erbanspruches entspricht, also jeweils 1/6 beträgt.
Dieser kann nun um den Pflichtteilsergänzungsanspruch erhöht werden, wobei nun nicht mehr der volle Hauswert, sondern im ersten Jahr nach der erfolgten Schenkung "nur" noch 90 % davon angesetzt und ergänzend nach Dritteln aufgeteilt hinzugerechnet werden.
Anders ausgedrückt, wäre der Hauswert fünf Jahre nach der Schenkung nur noch zu 50 % und 10 Jahre danach gar nicht mehr berücksichtigt worden.
Die Pflichtteilsergänzung führt also vorliegend dazu, dass wegen des zeitlich nahen Zusammenhangs zwischen Schenkung und Erbfall fast eine exakte Aufteilung nach Dritteln stattfindet.
3.
Wie müssen die beiden Geschwister ihr Erbe einfordern?
Einzufordern ist das Erbe durch eine entsprechende Anspruchsstellung bei dem dritten Geschwisterteil. Dieser muss also einen Weg finden, durch eine Darlehensaufnahme oder einen Hausverkauf die geschuldeten Beträge aufzubringen.
4.
Fallen hierfür Steuern an?
Für eine Erbschaft fallen Steuern nach dem Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz an.
Allerdings gibt es für Kinder des Erblassers den hohen Freibetrag von 400.000 €. Bis zu dieser Summe muss der Erbanteil nicht versteuert werden.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit diesen Angaben weiterhelfen konnte und stehe für eventuelle Rückfrage gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Daniela Désirée Fritsch
Rechtsanwältin
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