Beamtenrecht
Fragestellung
Guten Morgen Herr Spitz,
hier die E-Mails meines Dienstherrn und das Gutachten.
Bitte helfen Sie mir weiter.
Heike Waldhoff
Sehr geehrte Frau Waldhoff,
nach dem Gutachten der Knappschaft, hier eingegangen am 30.05.2018, sind Sie seit dem 03.05.2018 ohne Einschränkungen und vollschichtig dienstfähig. Ich habe Sie daher mit Schreiben vom 11.06.2018 aufgefordert den Dienst unverzüglich aufzunehmen. Dieses Schreiben ist Ihnen am 13.06.2018 mit Zustellungsurkunde zugestellt worden. Da von Ihnen keinerlei Reaktion erfolgte habe ich Sie per Email erneut zur sofortigen Dienstaufnahme aufgefordert und meinen Anspruch auf Rückforderung der Bezüge für die Zeit des unentschuldigten Fehlens geltend gemacht.
Ihnen wurde durch die Knappschaft eine Abschrift des Gutachtens zugestellt. Diese ist Ihnen am 30.05.2018 zugegangen. Ihnen war daher spätestens mit diesem Datum bekannt, dass der Amtsarzt Sie für vollschichtig dienstfähig hielt.
Mit Datum vom 01.06.2018 haben Sie sich erneut eine Dienstunfähigkeitsbescheinigung durch Frau Dr. Kuliga ausstellen lassen. In Ihrer Antwort vom 22.06.2018 verweisen Sie auf dieses ärztliche Attest über Ihre Dienstunfähigkeit bis zum 29.06.2018.
Beim Vorliegen eines abweichenden medizinischen Attestes des behandelnden Arztes zum selben Krankheitsbild geht jedoch das Gutachten des Amtsarztes vor.
Trotz meiner Aufforderungen den Dienst aufzunehmen ist dies bis zum heutigen Tag nicht erfolgt. Ich fordere Sie letztmalig auf, Ihren Dienst in der Eingangszone des Jobcenters Oberhausen (Alt-Oberhausen) aufzunehmen. Sollte dies nicht erfolgen werde ich disziplinarische Maßnahmen gegen Sie ergreifen. An der Rückforderung der Bezüge halte ich weiterhin fest, einen entsprechenden Bescheid werde ich Ihnen zukommen lassen.
Erschwerend kommt hinzu, dass Sie trotz der Kenntnis des Untersuchungsergebnisses des Amtsarztes keinerlei Versuch unternommen wurde sich mit der Dienststelle in Verbindung zu setzen. Sie hätten den Dienst unverzüglich wieder aufnehmen müssen.
Sehr geehrte Frau Waldhoff,
Sie sind lt. Gutachten Dienstfähig!
Spätestens seit dem 14.06.2018 bleiben Sie unentschuldigt dem Dienst fern!
Sollten Sie am heutigen Tag den Dienst nicht aufnehmen leite ich disziplinarische Maßnahmen gegen Sie ein!
Hochachtungsvoll
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Antwort von Rechtsanwalt Klaus Spitz, M.A.
Sehr geehrte Ratsuchende,
Ihr Dienstherr hatte Ihnen am 13.06.2018 das ärztliche Gutachten zukommen lassen, indem festgestellt wird, dass Sie als Fachassistentin der Leistungsgewährung im Bereich SGB II einsetzbar sind. Demgegenüber stützen Sie sich auf die ab 01.06.2018 ausgewiesene Dienstunfähigkeitsbescheinigung Ihrer Ärztin. Ausgehend von diesem Sachverhalt stellt sich demnach die Frage, welcher ärztlichen Beurteilung der Vorrang einzuräumen ist. Dazu gilt in rechtlicher Hinsicht folgendes:
Der medizinischen Beurteilung des Amtsarztes kommt wegen des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung zwar kein unbedingter, sondern nur ein eingeschränkter Vorrang vor der
Beurteilung des behandelnden Privatarztes zu. Wenn beide Beurteilungen zum selben Krankheitsbild des Beamten voneinander abweichen, können sich die Gerichte dann auf die Beurteilung des Amtsarztes stützen, wenn keine Zweifel an der Sachkunde des Amtsarztes bzw. eines von ihm hinzugezogenen Facharztes bestehen, seine Beurteilung auf zutreffenden Tatsachengrundlagen beruht und in sich stimmig und nachvollziehbar ist. Hat der
Privatarzt seinen medizinischen Befund näher erläutert, so muss der Amtsarzt auf diese Erwägungen eingehen und nachvollziehbar darlegen, warum er ihnen nicht folgt (Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 14.05.13 - 2 B 15.12).
Im Ergebnis bedeutet dies, dass dem ärztlichen Gutachten nicht automatisch der Vorrang einzuräumen ist. Allerdings ist es mit Schwierigkeiten verbunden, ein solches Gutachten zu entkräften. Wie in Ihrem konkreten Fall letztendlich zu entscheiden ist, kann nicht verlässlich vorausgesagt werden.
Um Weiterungen zu vermeiden, rate ich Ihnen, den Dienst sofort wieder anzutreten. Sie können und sollten Ihren Dienstherrn darauf hinweisen, dass der Dienstantritt zum Zwecke der Vermeidung von Weiterungen erfolgt und dass hiermit keine Anerkennung der Richtigkeit des ärztlichen Gutachtens verbunden ist. Zudem sollten Sie wegen der Ankündigungen (disziplinarische Maßnahmen, Rückforderung von Bezügen) darauf hinweisen, dass Sie im Hinblick auf die Bescheinigung Ihrer Ärztin in bestem Glauben gehandelt haben.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Spitz
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