Verwaltungsrecht
Fragestellung
da ich ein Mischlingskind bin, besitze ich durch Abstammung sowohl die algerische als auch die deutsche Staatsbürgerschaft, wobei ich in diesem Fall rechtmäßig beide Staatsbürgerschaften besitzen darf und ich mich nicht für eine entscheiden muss. Ferner bin ich nur in Deutschland nach deutschem Recht aber nicht nach algerischen Recht (also bei der Botschaft) als verheiratet eingetragen.
Nun zu meiner Frage: Ich bin bei einer Auslandsreise nach Algerien eine Beziehung eingegangen, die ich vor allem aufgrund der kulturellen Begebenheiten nun auch nicht mehr so einfach rückgängig machen kann.
Meine Frage bezieht sich nicht auf algerisches Recht. Meine Rechte dort kenne ich. Ich möchte wissen, wie sich gewisse rechtliche Urteile dort in Deutschland auswirken.
1. Wenn ich nun als Algerier in Algerien ein zweites Mal heirate (da ich ja dort nicht als verheiratet gemeldet bin), mache ich mich nach § 1306 BGB bzw. § 172 StGB in Deutschland strafbar? Oder gilt das nur für eine in Deutschland geschlossene Zweitehe?
2. Wenn ich das richtig verstehe, bestünde für meine algerische Ehefrau kein Recht auf Aufenthalt durch die zweite Ehe in Algerien, trotz der Wirksamkeit der Eheschließung, richtig?
3. Wenn diese Beziehung (in beiden Fällen, also mit algerischer Eheschließung oder ggf. ohne, falls dies strafbar sei) zu einem Kind führt, ist das Kind doch durch meine Abstammung Deutscher, oder? Auch wenn es dort durch eine algerische Ehe gezeugt wurde.
4. Hat meine Partnerin dann nach deutschem Recht das alleinige Sorgerecht (auch in Algerien) bzw. wenn sie durch das Kind nach Paragraph 28 Aufenthaltsgestz einen Aufenthalt beantragt?
Vielen Dank im Voraus.
Beste Grüße
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwalt Daniel Hesterberg
Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne auf Basis Ihres Einsatzes und des von Ihnen mitgeteilten Sachverhalts wie folgt beantworte:
1.
Es gibt insbesondere asiatische und arabische Länder, in denen eine Doppel- oder Mehrfachehe ausdrücklich erlaubt ist. Nach meiner Kenntnis ist das in Algerien so der Fall. Eine Strafbarkeit ist aber dann in folgenden Fällen nicht zu befürchten:
Wenn eine in diesen Ländern gültig geschlossene Doppel- oder Mehrfachehe in Deutschland fortgeführt wird, ist der Tatbestand nicht erfüllt, strafbar ist jedoch die Begründung einer solchen Ehe in Deutschland.
Um Letzteres geht es hier aber nicht.
Ein (auch) deutscher Staatsbürger macht sich durch das Eingehen einer Doppelehe nicht strafbar, wenn die Eheschließung in einem Staat erfolgt, der solche Ehen zulässt. Dies bestimmt § 7 Abs. 2 Nr. 1 StGB.
2.
Richtig: Bei einer Mehrehe ist der Ehegattennachzug eines weiteren Ehegatten nicht gestattet, sofern in Deutschland eine eheliche Lebensgemeinschaft bereits besteht (§ 30 Abs. 4 AufenthG).Nach deutschem Recht darf also einem Zugewanderten keine Aufenthaltserlaubnis für eine Zweit- oder Drittfrau genehmigt werden. Doch gab es in den letzten vier Jahren bereits Fälle, wo genau dies erfolgt ist.
Das ist aber rechtlich betrachtet die Mindermeinung und daher nicht in der Praxis relevant und nur unter ganz engen Voraussetzungen überhaupt in Betracht kommen kann. Ich habe da auch ein Urteil noch in Erinnerung, was in einem Ausnahmefall diese Zuwanderung der zweiten Ehefrau anerkannt hat, aber ich habe es noch nicht gefunden, weiß aber, dass es eben sich um einen absoluten Ausnahmefall handelte und daher allein auf diese Fälle beschränkt ist.
3.
Ja, wird ein Kind von Ihnen hier in Deutschland geboren, hat es die deutsche Staatsangehörigkeit.
§ 4 Staatsangehörigkeitsgesetz
“(1) Durch die Geburt erwirbt ein Kind die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Ist bei der Geburt des Kindes nur der Vater deutscher Staatsangehöriger und ist zur Begründung der Abstammung nach den deutschen Gesetzen die Anerkennung oder Feststellung der Vaterschaft erforderlich, so bedarf es zur Geltendmachung des Erwerbs einer nach den deutschen Gesetzen wirksamen Anerkennung oder Feststellung der Vaterschaft; die Anerkennungserklärung muß abgegeben oder das Feststellungsverfahren muß eingeleitet sein, bevor das Kind das 23. Lebensjahr vollendet hat. [...].“
Dieser zweite, zuletzt genannte Satz, ist also unbedingt zu beachten.
Und weiter ist richtig, dass es nicht darauf ankommt, ob Sie wirksam verheiratet sind oder nicht, also es kommt nicht einmal darauf an, ob Sie eine Ehe führen oder nicht, sondern es kommt allein darauf an, dass Eltern beziehungsweise Elternteile ein Kind haben und dann eben auf die Staatsangehörigkeit eines Elternteils.
Sogar das Kind von ausländischen Eltern kann gerade bei längeren Aufenthalten und einem unbefristeten Aufenthaltsrecht von einem Elternteil in Deutschland die deutsche Staatsangehörigkeit bei einer Geburt bekommen.
4.
Da hilft folgende zivilrechtliche Bestimmung weiter, vergleiche Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), § 1626a Elterliche Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern; Sorgeerklärungen
“(1) Sind die Eltern bei der Geburt des Kindes nicht [nicht wirksam wie hier] miteinander verheiratet, so steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu,
1. wenn sie erklären, dass sie die Sorge gemeinsam übernehmen wollen (Sorgeerklärungen) [...].“
Ich hoffe, Ihnen damit weitergeholfen zu haben und wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.
Vielen Dank im Voraus für Ihre Bewertung meiner Antwort. Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Hesterberg
Rechtsanwalt
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vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort. Frage 1&2 habe ich klar verstanden. Nur bei 3&4 bin ich mir nicht sicher, ob ich sie richtig verstanden habe. Auch der zweite Teil von Frage 4 ist mir nicht klar, ob die Mutter Aufenthalt erhält.
Ich hatte die Fragen im Kommentar etwas angepasst:
3. Wenn diese Beziehung (in beiden Fällen, also mit algerischer Eheschließung oder ggf. ohne, falls dies strafbar sei) zu einem Kind führt, ist das Kind doch durch meine doppelte Abstammung Deutscher, oder? Wenn es also legitim wäre dort eine zweite, algerische Ehe einzugehen, wird meinem Kind doch wegen nicht anerkannter algerischer Ehe nicht die deutsche Staatsbürgerschaft verwehrt, richtig?
4. Wenn das Kind dann Deutsch ist, hat meine Partnerin dann nach deutschem Recht das alleinige Sorgerecht (auch mit einem deutschen Kind als Algerierin in Algerien) bzw. wenn sie durch das Kind nach Paragraph 28 Aufenthaltsgestz einen Aufenthalt beantragt?
Wichtig: Also heißt das, dass ein im Ausland von mir gezeugtes Kind ggf. mit Vaterschaftstest unabhängig davon wie es gezeugt wird, die deutsche Staatsbürgerschaft erhält, richtig?
Wichtig: Also könnte ich guten Gewissens eine zweite Ehe schließen und mein Kind erhält auf jeden Fall die deutsche Staatsbürgerschaft, richtig? Und seine Mutter könnte dann als Mutter eines deutschen Kindes Aufenthalt bekommen, richtig?
Vielen Dank nochmals.
BG
ich antworte Ihnen aufgrund der Osterfeiertage morgen. Danke für Ihre Geduld und Ihr Verständnis.
Mit freundlichen Grüßen Daniel Hesterberg Rechtsanwalt
aufgrund der Osterfeiertage antworte ich Ihnen bis morgen. Vielen Dank für Ihr Verständnis und Ihre Geduld.
Mit freundlichen Grüßen Daniel Hesterberg Rechtsanwalt
vielen Dank für Ihre Nachricht. Dafür habe ich natürlich Verständnis.
Ich habe mir das Gesetz in Bezug auf Paragraph 7 Abs. 2 Nr. 1 abgesehen. Allerdings ist mir nicht ganz klar, weshalb ich von einer Strafbarkeit befreit bin. Könnten Sie mir das bitte ebenfalls genauer erklären?
Vielen Dank nochmals.
Beste Grüße
§ 4 Staatsangehörigkeitsgesetz regelt dazu (zur Staatsangehörigkeit Ihres Kindes) folgendes:
"(1) Durch die Geburt erwirbt ein Kind die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Ist bei der Geburt des Kindes nur der Vater deutscher Staatsangehöriger und ist zur Begründung der Abstammung nach den deutschen Gesetzen die Anerkennung oder Feststellung der Vaterschaft erforderlich, so bedarf es zur Geltendmachung des Erwerbs einer nach den deutschen Gesetzen wirksamen Anerkennung oder Feststellung der Vaterschaft; die Anerkennungserklärung muß abgegeben oder das Feststellungsverfahren muß eingeleitet sein, bevor das Kind das 23. Lebensjahr vollendet hat.
Außerdem muss ich wissen, ob meine Partnerin als Mutter Aufenthalt erhält oder nicht? Gilt dieser Paragraph in meinem Fall?
Nach § 28 des Aufenthaltsgesetzes, Familiennachzug zu Deutschen, ist bestimmt:
"(1) Die Aufenthaltserlaubnis ist [zwingend - auf Antrag] dem ausländischen
1.
Ehegatten eines Deutschen,
2.
minderjährigen ledigen Kind eines Deutschen,
3.
Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge
vielen Dank für Ihre Nachfrage.
Ich antworte Ihnen gerne wie folgt:
Nochmals zu 3.:
Richtig, vollkommen unabhängig von einer Ehe oder einer nicht möglichen bzw. allein in Deutschland illegalen Zweitehe (wenn sie also dort geschlossen würde) wäre ihr Kind, welches in Deutschland geboren würde, deutscher Staatsbürger.
Nochmals zu 4.:
Das oben Gesagte gilt für ein in Deutschland geborenes Kind.
Das Sorgerecht haben Sie gemeinsam, wenn Sie es so beantragen.
Das gilt auch für ein im Ausland geborenes Kind, wenn dieses später mit Ihnen in Deutschland lebt.
Die deutsche Staatsangehörigkeit wird nicht nach erworben bei Geburt im Ausland, wenn der deutsche Elternteil nach dem 31. Dezember 1999 im Ausland geboren wurde UND dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, es sei denn, das Kind würde sonst staatenlos.
Die Rechtsfolge des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit tritt ebenfalls nicht ein, wenn innerhalb eines Jahres nach der Geburt des Kindes ein Antrag nach § 36 des Personenstandsgesetzes auf Beurkundung der Geburt im Geburtenregister gestellt wird; zur Fristwahrung genügt es auch, wenn der Antrag in dieser Frist bei der zuständigen Auslandsvertretung eingeht.
Ihr Kind würde wäre mir also auch bei einer Geburt im Ausland Deutscher werden, wenn ich unterstelle, dass Sie VOR diesem Stichtag am 31.12.1999 geboren worden sind.
§ 4 gilt also aller Voraussicht nach so oder so.
§ 28 Aufenthaltsgesetz, Familiennachzug zu Deutschen, greift hier auch, wenn die unten genannten Voraussetzungen:
“(1) 1Die Aufenthaltserlaubnis ist dem ausländischen
[...]
3. Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge zu erteilen, wenn der Deutsche [das Kind] seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat.
Ich hoffe, Ihnen damit gedient zu haben.
Mit freundlichen Grüßen Daniel Hesterberg Rechtsanwalt
vielen Dank nochmals. Ich bin 1986 geboren. Also kurz bitte hieb- und stichfest:
1. Wenn ich als (auch) Deutscher egal unter welchen Umständen im Ausland mit einer Frau ein Kind zeuge, hat das Kind ggf. mit Vaterschaftstest bzw. -Erklärung Anspruch auf die Staatsbürgerschaft? Richtig?
2. Die Mutter des Kindes hätte Aufenthaltsanspruch für dieses Kind, wenn es dann in Deutschland leben will? Richtig?
ich antworte Ihnen gerne wie folgt:
1.
Richtig, da Sie früher als dem 31.12.1999 geboren wurden sind. Das Kind erhält auch mittels Vaterschaftsanerkennung und Geburt im Ausland die deutsche Staatsangehörigkeit.
2.
Ebenfalls korrekt - wenn Sie zusammen mit dem Kind in Deutschland leben, hat Ihre Frau jedenfalls als Mutter einen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis.
3.
Allein eine in Deutschland illegale Zweitehe (wenn sie also dort geschlossen würde) wäre in Deutschland strafbar.
Ich hoffe, Ihnen damit gedient zu haben. Danke auch für eine Bewertung meiner Antwort.
Mit freundlichen Grüßen Daniel Hesterberg Rechtsanwalt