Geerbtes Grundstück verkaufen - Grundstücksverkauf Steuern
Beantwortet von Steuerberater Dipl-Finanzwirt Jeannette Klüsener
Fragestellung
Folgender Sachverhalt: In einem Erbfall werden alle Kinder des Erblassers zu gleichberechtigten Erben eingesetzt, zum Erbe gehört auch ein unbebautes Grundstück. In einer Erbauseinandersetzung legen die gemeinsamen Erben vertraglich fest wie das Erbe untereinander aufgeteilt wird, darin wird auch vereinbart, daß eines der Kinder das Grundstück erhält mit der Maßgabe dieses zu veräußern und den Kaufpreis in gleichen Teilen an die Miterben auszuzahlen.
Meine Frage dazu:
1.Wird dieser Verkauf unter dem Gesichtspunkt des gewerblichen Grundstückshandels steuerrechtlich gesehen jedem Kind als jeweils ein Verkauf zugerechnet oder nur dem Verkäufer, oder ist der Verkauf steuerrechtlich irrelevant weil es sich um ein geerbtes Grundstück handelt?
2.Das Grundstück ist im Rahmen einer Baulanderschließungsmaßnahme aus Ackerland entstanden welches sich schon seit Jahrzehnten in Familienbesitz befand. Die Bauerschließungsmaßnahme liegt allerdings weniger als 10 Jahre zurück. Unterliegt der ,,Verkauf dann der Spekulationssteuer?,
Bitte sind Sie so freundlich und geben Sie die Ihrer Antwort zugrundeliegenden Rechtsgrundlagen (EKST-Paragraph, Steuererlasse, Finanzgerichtsentscheidungen o.ä) mit an.
Vielen Dank!
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Steuerberater Dipl-Finanzwirt Jeannette Klüsener
Sehr geehrter Ratsuchende,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Ich möchte Ihnen nachfolgend im Rahmen einer Erstberatung einen Überblick über die steuerlichen Besonderheiten Ihres vorgetragenen Sachverhalts geben:
1.
Das Bundesfinanzministerium hat sich in dem Schreiben vom 26.3.2004, BStBl I 2004, 434ff. mit der Abgrenzung zwischen privater Vermögensverwaltung und gewerblichem Grundstückshandel auseinandergesetzt.
Der Grundsatz ist
Es liegt insbesondere dann ein gewerblicher Grundstückshandel nach § 15 EStG vor, wenn mehr als drei Objekte innerhalb von fünf Jahren veräußert werden. Dann gilt auch bereits das erste Grundstück als gewerblich verkauft.
Tatbestand der Veräußerungen , die zur Überschreitung der Drei-Objekt-Grenze führen könnte, muss vorher eine (entgeltl.) Anschaffung/Herstellung vorangehen. Ererbte oder unentgeltlich erworbene Grundstücke bleiben daher grundsätzlich unberücksichtigt. (BFH III R 1/05 BStBl. II 07, 375).
Auch:
Grundstücke, die durch Erbfolge übergegangen sind (BFH Urteil vom 15.3.2000, X R 130/97, BStBl II 2001, 530), sind – unabhängig vom Umfang des Grundbesitzes – nicht einzubeziehen (siehe BMF vom 26.3.2004, BStBl I 2004, 434, Rz. 9).
Ausnahme (aber nicht bei Ihnen laut Sachverhalt);
Dies gilt allerdings nicht, wenn der Erblasser in seiner Person bereits einen gewerblichen Grundstückshandel begründete und der Erbe diesen Handel fortführt.
Der Erwerb eines Grundstücks kraft Gesamtrechtsnachfolge ist kein Erwerb eines Objekts i.S.d. Rspr. zum gewerblichen Grundstückshandel (BFH Urteil vom 15.3.2000, X R 130/97, BStBl II 2001, 530). Für die Gesamtrechtsnachfolge bestimmt § 45 AO, dass die Forderungen und Schulden aus dem Steuerschuldverhältnis auf den Rechtsnachfolger übergehen. Der BFH vertritt darüber hinaus die Auffassung, der Gesamtrechtsnachfolger trete grundsätzlich materiell-rechtlich und verfahrensrechtlich in die abgabenrechtliche Stellung des Rechtsvorgängers ein. Indes sind höchstpersönliche Verhältnisse oder Umstände, die unlösbar mit der Person des Rechtsvorgängers verknüpft sind (z.B. bestimmte für einen Besteuerungs- oder Begünstigungstatbestand erhebliche Eigenschaften) von der Zurechnung ausgeschlossen (BFH Urteil vom 11.11.1971, V R 111/68, BStBl II 1972, 80). Der hiernach rechtlich vorausgesetzte zeitliche und sachliche Zusammenhang von Grundstücksgeschäften ist grundsätzlich in dem Sinne personenbezogen, als der Tatbestand des Handels konstituiert wird durch die Zeitnähe zwischen Anschaffung und Veräußerung, die eine Anschaffung in zumindest bedingter Veräußerungsabsicht des Erwerbers im Zeitpunkt des Erwerbsvorgangs indiziert (Anschaffung zur Weiterveräußerung). Dieser Rückschluss aus äußeren Tatsachen auf eine subjektive Absicht setzt grundsätzlich Personenidentität voraus.
Die Veräußerung eines Grundstücks durch den Erben lässt nicht den Schluss auf eine bestimmte Absicht des Erblassers zu.
Der Verkauf eines geerbten Grundstücks ist nicht in die Drei-Objekt-Grenze einzubeziehen. Allerdings kommt hier ein steuerpflichtiges Spekulationsgeschäft in Betracht, wenn das Grundstück vor weniger als zehn Jahren vom Erblasser gekauft wurde.
Setzt sich die Erbengemeinschaft auseinander und verteilt Häuser untereinander, gilt dies nicht als Verkauf.
Nach dem BFH-Urteil vom 20.4.2006 (III R 1/05, BStBl II 2007, 375, unter 2. Buchst. d) bleibt auch die Veräußerung von Grundstücken, die unentgeltlich erworben wurden, für die Beurteilung der Drei-Objekt-Grenze unberücksichtigt Denn in dieser Art des Erwerbs ist keine Anschaffung zu sehen, so dass die Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels unter dem Aspekt händlertypischen Verhaltens ausscheidet, sofern nicht ein Missbrauchsfall gegeben ist.
2.
Sinn und Zweck der Vorschrift des § 23 EStG ist es, dass auch private Grundstücksverkäufe zu versteuern sind, wenn diese innerhalb von zehn Jahren wieder verkauft werden.
Ein und dasselbe Grundstück ist seit 35 Jahren beim selben Besitzer. Bei den Bauerschließungsmaßnahmen handelt es sich um wertsteigernde Maßnahmen ein und desselben Grundstückes, das nach den Maßnahmen seinen Eigentümer nicht wechselt.
Grundsätzlich liegt in Ihrem Fall laut geschilderten Sachverhalt kein Fall des § 23 EStG vor, somit fällt keine Spekulationssteuer an.
Da ich leider den Sachverhalt hinsichtlich der Erblasser und deren Einkünfte nicht kenne, möchte ich noch abschließend anmerken:
Zu beachten wäre nämlich folgender Fall bei der Baulanderschließungsmaßnahme:
Ein gewerblicher Grundstückshandel liegt dann vor, wenn der Grundstückseigentümer, ähnlich wie ein Grundstückshändler oder ein Baulandaufschließungsunternehmen, beginnt, seinen Grundbesitz ganz oder teilweise durch Baureifmachung in Baugelände umzugestalten und zu diesem Zweck diesen Grundbesitz nach einem bestimmten Bebauungsplan in einzelne Parzellen aufteilt und diese dann an Interessenten veräußert (vgl. BFH-Urteile vom 28. September 1961 – BStBl 1962 III S. 32 vom 25. Juli 1968 – BStBl 1968 II S. 644, vom 22. Oktober 1969 – BStBl 1970 II S. 61, vom 17. Dezember 1970 – BStBl 1971 II S. 456, vom 14. November 1972 – BStBl 1973 II S. 239, vom 7. Februar 1973 – BStBl 1973 II S. 642 und vom 29. März 1973 – BStBl 1973 II S. 682).
Denn dagegen liegt auch bei einer größeren Zahl von Veräußerungen innerhalb eines kurzen Zeitraumes Vermögensverwaltung (nicht gewerblicher Grundstückshandel) vor, wenn sich der Eigentümer auf dei Parzellierung und Veräußerung beschränkt (BFH XI R47, 48/03 BStBl II 05, 41); gewerblich wird die Betätigung erst, wenn der Eigentümer besondere Verwertungsmaßnahmen ergreift.
Kein gewerblicher Grundstückshandel durch Veräußerung von Flächen eines landwirtschaftlichen Betriebs zur Bebauung durch Dritte, die auf eigene Kosten und eigenes Risiko die Baureife der Flächen hergestellt haben:
1. Grundstücksveräußerungen sind erst dann Gegenstand eines selbstständigen gewerblichen Grundstückshandels und nicht mehr landwirtschaftliche Hilfsgeschäfte, wenn der Landwirt über die Parzellierung und Veräußerung hinausgehende Aktivitäten entfaltet, die darauf gerichtet sind, den zu veräußernden Grundbesitz zu einem Objekt anderer Marktgängigkeit zu machen (Anschluss an BFH, Urteil v. 8.9.2005, IV R 38/03, BStBl II 2006, 166).
2. Bedient sich der Landwirt zur Erschließung des Baugeländes eines Dritten, der Geschäfte dieser Art eigengewerblich betreibt, ist ihm dessen Tätigkeit als eigene zuzurechnen (Anschluss an BFH, Urteil v. 13.3.1969, IV R 132/68, BStBl II 1969, 483).
3. Aktivitäten eines Dritten sind dem Landwirt dagegen nicht zuzurechnen, wenn der Dritte die Erschließung und Vermarktung der Grundstücke aus eigener Initiative und auf eigenes Risiko durchführt und wenn sich die Mitwirkung des Landwirts im Wesentlichen darauf beschränkt, die gewerbliche Tätigkeit des Dritten zu ermöglichen.
Ich hoffe, meine Antwort hat Ihnen weitergeholfen und konnte Ihnen einen Überblick (auch mit den BFH-Urteilen) über die Problematik verschaffen.
Mit freundlichen Grüßen
Jeannette Uhlig, Steuerberaterin
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vielen Dank für Ihre umfangreichen Ausführungen dazu noch eine Frage: Da bei der Baulanderschließung/-umlegung überwiegend nie Grundstücke gebildet werden können die genau der Einwurfsfläche entsprechen, muß bei einem Grundstück größer der Einwurfsfläche, wenn auch in geringem Umfange, Fläche hinzugekauft werden. Was würde in diesem Fall gelten?
gerne beantworte ich Ihnen Ihre weitere Frage:
Eingehen möchte ich kurz auf den Vorgang:
Bei der Bauerschließungsmaßnahme werden den beteiligten Eigentümern zweckmäßig gestaltete Baugrundstücken neu zugeteilt entweder nach den Verhältnissen der Verkehrswerte oder der in die Umlegung eingeworfenen Flächen. Entstehende Wertunterschiede zwischen den eingeworfenen und zugeteilten Grundstücken werden in Geld ausgeglichen.
Daraus folgt, nach BFH-Rechtsprechung ist diese Umlegung kein Anschaffungsvorgang in Form eines Tausches und somit kein Fall des § 23 EStG. Das alte und das neue Grundstück sind steuerlich identisch, aber nur unter der Voraussetzung, dass die Zuzahlung wirklich nur in einem geringem Maß stattfand und die Bauerschließungsmassnahme zwangsweise von der Gemeinde erfolgt ist.
Ich habe Ihnen ein längeres Urteil hierzu vom Finanzgericht Münster beigefügt, in dem man die Argumentation mit einigen Rechtsgrundlagen verhältnismäßig gut folgen kann.
Sollte die Bauerschließungsmaßnahme aber freiwillig erfolgt sein, kann u.U. ein Fall des § 23 EStG vorliegen. (siehe hier auch die Argumentation in dem FG-Urteil.) Ich hoffe, das Urteil ist einiger Maßen verständlich für Sie.
Ich hoffe, meine Antwort hat Ihnen weitergeholfen.
Mit freundlichen Grüßen
Jeannette Uhlig, Steuerberaterin
vielen Dank für Ihre Antwort auf meine Nachfrage. Ihrer Email war jedoch keine Anhang (Urteil des FG Münster) beigefügt. Wenn Sie mir dieses Urteil nochmals zusenden würden wäre ich Ihnen dankbar.
Mit freundlichen Grüßen
Beste Grüße
Jeannette Uhlig