Nutzungsentschädigung in ungeteilter Erbengemeinschaft
Fragestellung
Sehr geehrte Frau Standke,
nach dem Tod unseres Vaters 1995 entstand eine nicht geteilte Erbengemeinschaft aus unserer Mutter ½-, meiner Schwester ¼- und mir ¼-Anteilen. Unsere Mutter lebte die letzten fünf Jahre bis zu ihrem Tod 2006 allein in unserem Haus. Nach ihrem Tod entstand eine weitere, nicht geteilte, Erbengemeinschaft an ihrem Hälfteanteil je 1/3 aus meiner Schwester, mir und unserer Halbschwester. Es wurde 2008 eine mündliche Vereinbarung getroffen, wonach ich unter der Voraussetzung, dass ich für den Unterhalt und sämtliche Kosten des Hauses aufkomme unentgeltlich in dem Haus wohnen darf (bis dahin wohnte ich in einer fremden Mietwohnung).
Schon zu Lebzeiten unseres Vaters wurde das 1. OG nicht genutzt, bzw. war altes Mobiliar untergebracht, weil es als Mietwohnung an einigen wesentlichen Merkmalen fehlte. So gab es keinerlei Einrichtung in der Küche, geschweige denn Küchenmöbel, teilweise war nicht verputzt und die sanitären Einrichtungen waren sehr einfach bis nicht vorhanden. Dies änderte sich auch nicht, als unsere Mutter verstorben war.
Nunmehr verstarb unsere Halbschwester 2014. Deren Erben machen nun eine Nutzungsentschädigung für ihren Erbteil (1/12) für das EG (das ich bewohne) und das 1. OG geltend.
Meine Fragen nun:
Kann für das seit Jahren nicht genutzte (auch von mir nicht), mit altem Mobiliar unverändert eingerichtete 1. OG eine Nutzungsentschädigung verlangt werden?
Im Verkehrswertgutachten wird dargelegt, dass wegen Schimmelbildung und Feuchtigkeit im EG teilweise die Anforderungen an gesunde Lebensverhältnisse nicht mehr erfüllt werden können. Kann unter diesen Umständen für das EG die volle Nutzungsentschädigung nach deren Erbanteilen verlangt werden?
Das im 1. OG befindliche Mobiliar gehört doch zur Erbmasse. Damit sind die Erben, die eine Nutzungsentschädigung verlangen, doch ihrerseits verpflichtet, für die Unterbringung ihres Erbanteils am Mobiliar Nutzungsentschädigung zu zahlen?
Wie sind diese Sachverhalte rechtlich zu würdigen?
Mit freundlichen Grüßen
Manfred Klopfer
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwältin Kristina Standke
Sehr geehrter Ratsuchender,
mit dem Tod einer Person geht sein Vermögen gem. § 1922 BGB auf die Erben über. Die Erbschaft besteht aus dem gesamten Vermögen des Erblassers, also die Gesamtheit seiner Rechtsverhältnisse. Umfasst davon sind auch die Schulden des Erblassers und sämtliche vertragliche Vereinbarungen.
Mithin treten die Erben Ihrer Halbschwester in die mündliche Vereinbarung von 2008 ein. Dass Zustandekommen dieser Vereinbarung könnte Ihre Schwester bezeugen.
Rechtlich gesehen, bestand m. E. für Sie bisher ein Mietvertrag zwischen Ihnen und der Erbengemeinschaft über das EG. Mietverträge bedürfen nicht der Schriftform. In dieses Mietverhältnis sind die Erben Ihren Halbschwester eingetreten. Es kann nur von der Erbengeinschaft gekündigt werden. Die Kündigung bedarf der Schriftform und der Unterschrift aller Erben. Wenn ein Erbe nur kündigen will und die anderen Erben damit nicht einverstanden sind, muss er dessen Zustimmung gerichtlich ersetzen lassen..
Vertritt man die Ansicht, dass zwischen den bisherigen Erben lediglich eine widerrufbare Vereinbarung bestand, könnten die neuen Erben diese widerrufen und die Auseinandersetzung für die Zukunft verlangen. Dann müßten sie sich jedoch an den laufenden Kosten der Immobilien und der Instandsetzung dieser beteiligen. Im Gegenzug müßten Sie dann eine Nutzungsentschädigung leisten.
Wenn die OG-Wohnung nicht bewohnbar ist, kann dafür nicht die üblliche Miete/Nutzungsentschädigung nach dem Mietspiegel zu Grunde gelegt werden. Der bauliche Zustand einer Wohnung findet seinen Niederschlag im Mietpreis. Dies gilt erst recht bei Schimmelbildung.
Rein vorsorglich sollten Sie gegenüber der Erbengemeinschaft die Schäden an der Wohnung anzeigen und die Erbengemeinschaft auffordern, diese zu beheben. Gleichzeitig sollten Sie bis zur endgültigen Behebung der Mängel Mietminderung geltend machen.
Langfristig gesehen, empfehle ich die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft. Die Bewertung des Nachlasses, der Nachlassschulden und die Teilung unter den Erben. Ein Gutachten liegt Ihnen ja bereits vor, so dass dieses eventuell zugrunde gelegt werden kann.
Ich hoffe, dass ich Ihnen helfen konnte und wünsche Ihnen viel Erfolg. Über eine positive Berwertung würde ich mich sehr freuen!
Mit freundlichen Grüßen
Kristina Standke
Rechtsanwältin
Sie haben eine Frage im Bereich Familienrecht?
Raten Sie nicht weiter!
Unsere Rechtsanwält*innen geben Ihnen gerne eine kostenlose
Ersteinschätzung zu Ihrem Anliegen.
Jetzt kostenlose Ersteinschätzung einholen
vielen Dank für Ihre rechtliche Würdigung.
Ich hätte hierzu allerdings noch zwei Fragen:
Sie haben sich nicht definitiv darüber geäussert, ob für das 1. OG, das ja seit Jahren ungenutzt ist und auch von mir nicht genutzt wird, eine Nutzungsentschädigung zu zahlen ist - unabhängig der Rechtslage hinsichtlich des Bestehens eines mündlichen Mietvertrages oder einer widerrufbaren Vereinbarung?
Weiter hatte ich gefragt, inwieweit für das geerbte Mobiliar, das seit dem Tod unserer Mutter im Haus verblieben ist, von den Erben eine "Abstellentschädigung" oder Nutzungsgebühr verlangt werden kann?
Ich würde mich freuen, wenn Sie hierzu noch klar Stellung nehmen könnten.
Mit freundlichen Grüßen
Manfred Klopfer
ich hatte Ihnen am 11.07.2016 eine Rückfrage gestellt, die noch nicht beantwortet ist.
Bekomme ich von Ihnen noch eine Nachricht?
Mit freundlichen Grüßen
Manfred Klopfer
auf Ihre Nachfrage kann ich erst heute antworten, da Sie diese in meiner Urlaubsabwesenheit stellten.
Wenn Sie das OG nicht genutzt haben und dieses auch nicht Gegenstand des mündlichen Mietvertrages war, kann m. A. dafür keine Nutzungsentschädigung verlangt werden.
Wenn im OG Eigentum der Erben lagert und dieses bisher immer einverständlich geschah, können einzelne Erben dafür keine Nutzungsentschädigung verlangen. Da Sie das OG jedoch nicht gemietet haben, können Sie auch keine Abstellentschädigung verlangen.
Mit freundlichen Grüßen
K. Standke