Fahrten Wohnung -Arbeitsstätte
Beantwortet von Steuerberater Dipl-Finanzwirt Jeannette Klüsener
Fragestellung
bei fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte wir die 1% Regelung berechnet.
gleichzeitig können die Fahrten als Werbungskosten geltend gemacht werden.
Wie sieht es aus, wenn jemand auswärts tätig wird und wie ist ein
Aussendienstler zu beurteilen
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Steuerberater Dipl-Finanzwirt Jeannette Klüsener
Sehr geehrte Ratsuchende,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Ich möchte Ihnen nachfolgend im Rahmen einer Erstberatung einen Überblick über die steuerlichen Besonderheiten Ihres vorgetragenen Sachverhalts geben:
Nachfolgend möchte ich aufgrund Ihrer Außentätigkeit und der Beurteilung der Fahrtkosten eingehen auf das Reisekostenrecht. Es ist nämlich vorab zu klären, ob Sie eine erste Tätigkeitsstätte haben oder nicht. Hieraus folgt eine ganz andere steuerliche Beurteilung des Sachverhaltes (Daher auch meine Fragen).
Es existiert eine neue Rechtslage im steuerlichen Reisekostenrecht ab 01.01.2014:
Zur Erläuterung:
Der Begriff "regelmäßige Arbeitsstätte" wird durch den Begriff „erste Tätigkeitsstätte“ ersetzt. Die gesetzliche Definition findet sich in § 9 Abs. 4 S.1 EStG n.F.
Der reisekostenrechtliche Begriff der ersten Tätigkeitsstätte ist durch zwei Voraussetzungen gekennzeichnet:
Das Vorhandensein einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung und
der dauerhaften Zuordnung zu diesem Tätigkeitsort.
Nachstehend möchte ich Ihnen kurz die Punkte zur Definition der ersten Tätigkeitsstätte auflisten, die ab 2014 gilt:
Je Dienstverhältnis hat der Arbeitnehmer höchstens eine erste Tätigkeitsstätte.
Die Tätigkeitsstätte ist eine ortsfeste betriebliche Einrichtung.
Das häusliche Arbeitszimmer des Arbeitnehmers kann keine erste Tätigkeitsstätte sein.
Eine erste Tätigkeitsstätte liegt vor, wenn der Arbeitnehmer einer solchen Tätigkeitsstätte dauerhaft zugeordnet ist.
Dieser neue Arbeitsstättenbegriff ist vorrangig durch die arbeitsrechtliche Festlegung des Arbeitgebers geprägt.
Der Arbeitgeber kann nicht festlegen, dass der Arbeitnehmer keine erste Tätigkeitsstätte hat. Er kann aber auf die Festlegung verzichten.
Wenn der Arbeitgeber keine Zuordnung getroffen hat oder diese nicht eindeutig ist, werden quantitative Zuordnungskriterien herangezogen (täglicher Arbeitsort oder Tätigkeit an zwei vollen Arbeitstagen oder mindestens ein Drittel der vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit). Erfüllen mehrere Tätigkeitsstätten die quantitativen Voraussetzungen für eine erste Tätigkeitsstätte, kann der Arbeitgeber die erste Tätigkeitsstätte bestimmen. Macht er das nicht, wird die der Wohnung des Arbeitnehmers am nächsten liegende Tätigkeitsstätte festgelegt.
Sie haben geschrieben, dass Sie regelmäßig den Betrieb Ihres Arbeitgebers aufsuchen, so dass dies Ihre erste Tätigkeitstätte sein wird. Dies müssen Sie aber im Einzelfall bei Ihnen vorliegenden Voraussetzungen überprüfen. Diese (neue) Begriffsdefinition wirkt sich unter anderem auf die Vorschriften hinsichtlich der Fahrtkosten.
Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte können mit der Entfernungspauschale von 0,30 € pro Kilometer angesetzt werden. Diese Vorschrift ist weiterhin anzuwenden. Hierzu habe ich Ihnen zum Nachlesen noch ein Schreiben aus der Finanzverwaltung zur besseren Erläuterung beigefügt.
Aufwendungen für Fahrten aufgrund einer auswärtigen Tätigkeit sind in voller Höhe als Werbungskosten abziehbar gem. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a EStG n.F. Auch hier bleibt die bisherige Regelung grundsätzlich bestehen!
Neu ist die Wahl zwischen dem Ansatz eines pauschalen Kilometersatz
oder der tatsächlichen Aufwendungen als Fahrtkosten.
Anzumerken ist hier:
Bei Anwendung des pauschalen Kilometersatzes kann die Prüfung der tatsächlichen Fahrtkosten entfallen.
Der pauschale Kilometersatz bei Nutzung des PKWs beträgt laut Bundesreisekostengesetz 0,30 €
Demgegenüber können Sie die tatsächlichen Aufwendungen geltend machen.
Diese Berechnung ist etwas aufwändig, lohnt sich aber für Sie als Arbeitnehmer, der dienstlich viel unterwegs ist und vielleicht ist auch der Unterhalt Ihres Autos teuer.
Es erfolgt die Berechnung eines individuellen Kilometersatzes auf Grundlage der Gesamtkosten eines Jahres.
Bei der individuellen Berechnung des Kilometer-Kostensatzes müssen Sie alle Kosten für Ihr Auto nachweisen wie zum Beispiel Benzin, Versicherungsbeiträge, Kfz-Steuer, Garagenmiete, Wartung, Reparatur und Pflege.
Nur dann können Sie den individuellen Kostensatz anwenden.
Am besten heben Sie sich alle Belege und Nachweise auf, um am Ende des Jahres die für Sie vorteilhafteste Methode wählen zu können.
Außerdem müssen Sie ein Fahrtenbuch führen, um gegenüber dem Finanzamt belegen zu können, wie viele Kilometer im Jahr Sie mit Ihrem Privat-Auto dienstlich unterwegs ist.
Beachten müssen Sie auch eine Neuberechnung des individuellen Kilometer-Kostensatzes durchführen, sobald sich die Verhältnisse (Versicherungsbeiträge, Leasingrate) ändern.
Anmerken möchte ich hier, dass Sie im Rahmen Ihrer Einkommensteuererklärung eine Auflistung Ihrer Fahrten zu Ihren Kunden/Mandanten abgeben, dann den pauschalisierten oder individuellen Kilometersatz ansetzen. Von diesen gesamten Aufwendungen ist der vom Arbeitgeber steuerfrei erstattete Betrag abzuziehen.
Eingehend möchte ich nun nachfolgend auf die Firmenwagenbesteuerung bei Arbeitnehmern:
Überlässt ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer einen Firmenwagen, den dieser sowohl privat, als auch für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte nutzen darf, muss diese Zuwendung wie Arbeitslohn versteuert werden:
Privatfahrten: Versteuerung des geldwerten Vorteils (z.B. nach der 1-Prozent-Regelung);
Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte: Versteuerung eines zusätzlichen geldwerten Vorteils.
Hier kommt wieder die zentrale Frage: Wo ist die erste Tätigkeitsstätte des Arbeitnehmers – oder hat er vielleicht gar keine?
Die steuerlichen Folgen sind weitreichend:
Haben Sie als Arbeitnehmer eine erste Tätigkeitsstätte, liegt bezüglich der Fahrten von der Wohnung dorthin keine Auswärtstätigkeit vor. Das Reisekostenrecht ist damit nicht anwendbar:
Nutzt der Arbeitnehmer seinen privaten Pkw, kann der Arbeitgeber die Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte nicht steuerfrei erstatten. Zuschüsse zu den Fahrtkosten müssen mit 15% pauschal versteuert werden.
Nutzt der Arbeitnehmer sein Firmenfahrzeug, muss ein geldwerter Vorteil für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte versteuert werden.
In seiner Einkommensteuererklärung darf der Arbeitnehmer Werbungskosten in Höhe der Entfernungspauschale (0,30 Euro pro Entfernungskilometer) geltend machen.
Kann Ihnen als Arbeitnehmer jedoch keine erste Tätigkeitsstätte zugeordnet werden, liegt dauerhaft eine berufliche Auswärtstätigkeit vor. Die steuerliche Behandlung erfolgt nach Reisekostengrundsätzen:
Nutzt der Arbeitnehmer seinen privaten Pkw, kann der Arbeitgeber die Fahrten zur Einrichtung des Arbeitgebers steuerfrei erstatten (mit 0,30 Euro pro gefahrenem Kilometer).
Nutzt der Arbeitnehmer sein Firmenfahrzeug, entfällt die Besteuerung eines geldwerten Vorteils für die Fahrten zwischen Wohnung und Tätigkeitsort.
In seiner Einkommensteuererklärung darf der Arbeitnehmer für die Fahrten zur Arbeitsstätte einen Werbungskostenabzug in voller Höhe (0,30 Euro pro gefahrenem Kilometer) ansetzen.
Beispiel
Firmenwagen – die Besteuerung des geldwerten Vorteils für Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte
Ein Arbeitnehmer leitet Filiale A, die 40 Kilometer von seiner Wohnung entfernt ist. Dort ist er ausschließlich tätig. In Filiale B (12 Kilometer entfernt) war er bislang nicht tätig. Eine dienst- oder arbeitsrechtliche Zuordnung durch den Arbeitgeber besteht nicht. Der Dienstwagen des Mitarbeiters hat einen Bruttolistenneupreis von 50.000 Euro.
Bleibt die Konstellation im Jahr 2014 unverändert, versteuert der Filialleiter pro Monat 600 Euro für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte (50.000 Euro x 0,03% x 40 Kilometer).
Ordnet der Arbeitgeber den Mitarbeiter ab 2014 hingegen Filiale B zu und weist ihn z.B. an, dort einmal im Monat an Besprechungen teilzunehmen, so gilt Filiale B als erste Tätigkeitsstätte.
Damit versteuert der Filialleiter für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte pro Monat nur 12 Euro (50.000 Euro x 0,002% x 12 Kilometer x 1 Fahrt).
Hier greift eine Sonderregelung der Finanzverwaltung: Da der Arbeitnehmer seine erste Tätigkeitsstätte an weniger als 15 Tagen pro Monat aufsucht, darf der geldwerte Vorteil für Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte monatlich mit 0,002% pro Fahrt (statt mit 0,03% pauschal) versteuert werden.
Die Fahrten zur Filiale A an den restlichen Tagen des Monats gelten als betriebliche Fahrten im Rahmen einer Auswärtstätigkeit.
Ich hoffe, meine Antwort hat Ihnen weitergeholfen und konnte Ihnen einen Überblick über die Problematik verschaffen.
Mit freundlichen Grüßen
Jeannette Uhlig, Steuerberaterin
Sie haben eine Frage im Bereich Einkommensteuererklärung?
Raten Sie nicht weiter!
Unsere Rechtsanwält*innen geben Ihnen gerne eine kostenlose
Ersteinschätzung zu Ihrem Anliegen.
Jetzt kostenlose Ersteinschätzung einholen
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Um Ihre Frage beantworten zu können, bitte ich mir Fragen vorab zu beantworten:
Sind Sie angestellt oder selbständig?
Wenn Sie angestellt sind:
Übernimmt Ihr Arbeitgeber die Aufwendungen für das Fahrzeug? Oder wird Ihnen das Fahrzeug gestellt?
Hat Ihr Arbeitgeber im Arbeitsvertrag oder sonstige Vereinbarung geregelt, wo Ihre erste Tätigkeitsstätte ist?
Besuchen Sie regelmäßig den Betrieb Ihres Arbeitgeber und erledigen dort Tätigkeiten?
Mit freundlichen Grüßen
Jeannette Uhlig
2. der Arbeitgeber übernimmt die Aufwendungen
1 % Regelung
3. nein
4. ja
freundliche Grüße