Erste Steuererklärung nach Berufseinstieg, Schwerpunkt Studienkosten
Fragestellung
Hallo Herr Thomas,
ich würde gerne Ihren Rat dazu einholen, wie ich Ihrer Meinung nach meine erste Steuererklärung am vorteilhaftesten angehen sollte.
Die Ausgangslage:
- Berufsstart im Oktober 2018 in einem Angestelltenverhältnis, bis jetzt in den letzten Jahren keine Steuererklärung abgegeben
- Einnahmen aus selbstständiger Tätigkeit (GbR) im Rahmen eines musikalischen Hobbys in geringer Höhe von ca. 500€ pro Jahr
- Studium von 2010-2018, Staatsexamen, Erstausbildung
Die Fragen:
- Wie stehen die Chancen für eine rückwirkende Geltungmachung der Studienkosten als Werbungskosten? Meiner Recherche nach ist die Rechtslage momentan in Bezug auf eine Erstausbildung unklar. Wäre es realistisch, da die Ausbildung in zwei Staatsexamina gegliedert war, ggfs. für den Zeitraum nach dem 1. Staatsexamen eine Anerkennung als Zweitstudium im Sinne eines "Masters" zu beantragen?
- Bei lediglich drei Monaten Berufstätigkeit 2018 rechne ich mit einer fast vollständigen Rückerstattung der bereits bezahlten Lohnsteuer. Inwiefern könnte ich von einer Geltungmachung der Studienkosten überhaupt profitieren? Meiner Überlegung nach müsste ich ja erst ausreichend viele Ausgaben sammeln, so dass ein "Übertrag" nach 2019 erfolgt.
- Welche Ausgaben eines Studiums sind prinzipiell absetzbar? Von welcher Höhe des Verlustvortrags pro Jahr kann man typischerweise ausgehen?
- Muss ich bezüglich der Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit Besonderheiten beim Abgeben der Steuererklärung beachten, sind Einkünfte in dieser Höhe überhaupt relevant?
Für eine Beantwortung der Fragen bedanke ich mich im Voraus.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
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Antwort von Steuerberater Bernd Thomas
Sehr geehrter Fragesteller,
gerne beantworte ich Ihre Anfrage aufgrund Ihrer Angaben im Rahmen einer Erstberatung auf yourXpert. Die Beantwortung erfolgt gemäß der von Ihnen gemachten Sachverhaltsangaben. Fehlende oder fehlerhafte Angaben können das rechtliche Ergebnis beeinflussen.
- Wie stehen die Chancen für eine rückwirkende Geltungmachung der Studienkosten als Werbungskosten? Meiner Recherche nach ist die Rechtslage momentan in Bezug auf eine Erstausbildung unklar. Wäre es realistisch, da die Ausbildung in zwei Staatsexamina gegliedert war, ggfs. für den Zeitraum nach dem 1. Staatsexamen eine Anerkennung als Zweitstudium im Sinne eines "Masters" zu beantragen?
Wenn ein Studiengang nach dem ersten Staatsexamen in eine Vorbereitungsdienst einmündet, dann ist gemäß BMF das erste Staatsexamen als Abschluss der Erstausbildung zu betrachten. Dies wird explizit für das erste juristische Staatsexamen befürwortet (vgl. BMF vom 22.09.2010, BStBl I 2010, S. 721). Allerdings wird dies in einer OFD-Verfügung zur Berücksichtigung volljähriger Kinder bei den Eltern aus dem Jahr 2016 wieder relativiert, da hier eingeschränkt wird, dass ein in einem engen zeitlichen Zusammenhang aufgenommenes Referendariat zur Vorbereitung auf das zweite Staatsexamen Teil der erstmaligen Berufsausbildung sei (OFD Frankfurt v. 15.2.2016, S 2282 A-30-St 223, juris, Rz. 18, Rz. 12b).
Ich empfehle allerdings, zumindest den Antrag zu stellen. Alternativ können Sonderausgaben bis zu 6.000 € pro Jahr geltend gemacht werden, diese führen jedoch nicht zu einem vortragsfähigen Verlust.
- Bei lediglich drei Monaten Berufstätigkeit 2018 rechne ich mit einer fast vollständigen Rückerstattung der bereits bezahlten Lohnsteuer. Inwiefern könnte ich von einer Geltungmachung der Studienkosten überhaupt profitieren? Meiner Überlegung nach müsste ich ja erst ausreichend viele Ausgaben sammeln, so dass ein "Übertrag" nach 2019 erfolgt.
Dies ist leider richtig, die Einkünfte werden verrechnet, somit reduzieren die Werbungskosten die Einkünfte, auch wenn die Einkünfte unterhalb des Grundfreibetrages liegen sollten. Dies führt in den typischen Studentenfällen (Abschluss Mitte des Jahres, Arbeitsbeginn im Herbst) häufig dazu, dass die Studienkosten und auch Verlustvorträge aus den Vorjahren „verpuffen“.
- Welche Ausgaben eines Studiums sind prinzipiell absetzbar? Von welcher Höhe des Verlustvortrags pro Jahr kann man typischerweise ausgehen?
Angesetzt werden können Arbeitsmittel (z.B. PC, Laptop), Fahrt- und Reisekosten (bei Vollzeitbildungsmaßnahme als Entfernungspauschale), auch Fahrt- und Reisekosten in Zusammenhang mit Praktika, Semesterbeiträge, andere Gebühren, Fachliteratur, Kopierkosten, Druckkosten Masterarbeit o.ä. usw. Doppelte Haushaltsführung und Arbeitszimmer können zwar theoretisch angesetzt werden, in der Praxis liegen bei Studenten aber meistens die Voraussetzungen nicht vor. Doppelte Haushaltsführung scheitert meistens am Fehlen eines eigenen Haushalts außerhalb des Studienorts (ein Zimmer im elterlichen Haushalt reicht nicht aus), Arbeitszimmer scheitert meistens an der zu geringen Wohnungsgröße. Bei inländischen Studium an einer öffentlichen Hochschule liegen die typischen Studienkosten nach meiner Erfahrung zwischen 1.000 € und 2.000 €, bei privaten Hochschulen mit entsprechenden Studiengebühren natürlich darüber, ebenso bei Auslandssemestern.
- Muss ich bezüglich der Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit Besonderheiten beim Abgeben der Steuererklärung beachten, sind Einkünfte in dieser Höhe überhaupt relevant?
Wenn die Einkünfte im Rahmen einer GbR erzielt werden, ist eine gesonderte und einheitliche Erklärung für die GbR abzugeben, es erfolgte eine Übernahme des Ergebnisses von Amts wegen in den Einkommensteuerbescheid. Durch Härtefallregelung werden bis zu 410 € Gewinn steuerfrei gestellt, wenn sonst lediglich Arbeitnehmereinkünfte vorliegen. Zu erklären wären die Einkünfte jedoch.
Bei künstlerischer Tätigkeit kann gegebenenfalls die Übungsleiterpauschale genutzt werden, wenn der Auftraggeber gemeinnützig oder einer Körperschaft des öffentlichen Rechts ist. Hier gilt eine Grenze von 2.400 €.
Gerne stehe ich Ihnen für eine Rückfrage zur Verfügung und im Übrigen würde ich mich, für den Fall, dass Sie mit meiner Beratung zufrieden waren, über eine positive Bewertung hier auf yourXpert sehr freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Bernd Thomas
Steuerberater
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vielen Dank für die ausführliche Antwort.
Gestatten Sie mir eine kleine Nachfrage: Wäre es denkbar, dass ich die Verlustvorträge erst z.B. im nächsten Jahr einreiche, nach Erhalt des Steuerbescheids für 2018? Oder wird auch dann der Verlust auf mein "jemals" (also in diesem Fall 2018) verdientes Einkommen angerechnet?
Besten Dank und freundliche Grüße!
die Verluste können immer nur in das Folgejahr vorgetragen werden, das Auslassen eines Jahres ist nicht möglich. Ein Vortrag in spätere Jahre kann erst erfolgen, wenn das Folgejahr bereits auf 0 reduziert wurde. Wenn ein Verlust erst nachträglich durch Bescheid festgestellt wird, dann ändert das Finanzamt die Bescheide des Folgejahres von Amts wegen.
Somit spielt die Reihenfolge, in der Sie die Erklärungen abgeben, keine Rolle.
Mit freundlichen Grüßen
Bernd Thomas
Steuerberater