Erb- bzw. Steuerrecht: Vermögensübergang auf die nächste Generation
Fragestellung
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir benötigen eine Beratung im Erb- bzw. Steuerrecht zum Thema:
Wie gestalten wir sinnvoll den Vermögensübergang auf die nächste Generation?
Wie sind ein verheiratetes Ehepaar (Eberhard 56 und Marianne 55 Jahre) und haben eine gemeinsame Tochter (Konstanze 25 J, ledig.). Keine vorigen Ehepartner, keine weiteren Kinder.
Beide Ehepartner sind als Angestellte berufstätig und erwarten eine Rente, die den bisherigen Lebenstandard weitgehend absichert.
Unser Haus (gemeinsam bewohntes Familienheim, Wohnfläche 280 qm) hat einen Verkehrswert von über 1 Mio €.
Bauliche Besonderheit beim Haus: Es besteht aus zwei Wohnungen (eine Wohnung mit 100 qm im EG und eine Wohnung mit 180 qm im OG und DG). Eine Haustüre, gemeinsamer Hausgang, und dann zwei Wohnungstüren).
Alleiniger Haus-Eigentümer ist Eberhard.
Zusätzlich gibt es eine Eigentumswohnung (Verkehrswert 200.000 €), die langfristig vermietet ist. Unsere Tochter beabsichtigt nicht, dort einzuziehen.
Beide Ehepartner sind jeweils hälftig Eigentümer dieser Wohnung.
Darüber hinaus sind Barmittel vorhanden, die u.a. in Aktien und Fonds angelegt sind. 6-stelliger Betrag.
Dem Bedürfnis der Eltern nach Sicherheit und finanzieller Unabhängigkeit im Alter soll ausreichend Rechnung getragen werden. Obwohl zwischen den Generationen ein sehr gutes und vertrauenvolles Verhältnis herrrscht, weiß man ja nie genau, wie sich die Dinge entwickeln, wenn z.B. noch ein Schwiergersohn dazukommt ...
Der Verdienst der Tochter Konstanze ist als Berusanfängerin noch sehr übersichtlich. Die Abschreibung der Eigentumswohnung wirkt sich bei der elterlichen Steuererklärung natürlich besser aus.
Zu welcher Schenkungs- und Vererbungs-Strategie in den nächsten Jahrzehnten würden Sie uns raten?
Wir freuen uns über Ihren fachlichen Rat und Ihre Anregungen!
Mit freundlichen Grüßen
Marianne und Eberhard Eidelsburger
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Steuerberater Bernd Thomas
Sehr geehrter Fragesteller,
gerne beantworte ich Ihre Anfrage aufgrund Ihrer Angaben im Rahmen einer Erstberatung auf yourXpert. Die Beantwortung erfolgt gemäß der von Ihnen gemachten Sachverhaltsangaben. Fehlende oder fehlerhafte Angaben können das rechtliche Ergebnis beeinflussen.
Eine Übertragung von Teilen des Vermögen bereits zu Lebzeiten kann sinnvoll sein, da sich dann die Freibeträge gegebenenfalls mehrfach nutzen lassen. Der Freibetrag veträgt bei der Übertragung auf die Tochter 400.000 € innerhalb von 10 Jahren, er gilt für jeden Elternteil.
Wenn Sie Vermögen übertragen wollen, ohne ganz die Kontrolle über das übertragene Vermögen aufgeben zu wollen, ist die Übertragung von Immobilienvermögen sehr gut geeignet, denn hier können Sie sich durch Grundbuch gesicherte Rechte vorbehalten.
Eine Möglichkeit wäre die Übertragung des Familienheims oder der Eigentumswohnung unter Vorbehalt des Nießbrauchs durch die Eltern. Nießbrauch bedeutet, dass Sie die "Früchte" ziehen dürfen, also entweder selbst darin wohnen oder selbst vermieten dürfen, dass aber das Eigentum bereits bei der Tochter liegt. Es kann vereinbart werden, wer in welchem Umfang für Erhaltungsaufwendungen aufzukommen hat. Als eingeschränktere Form wäre die Übertragung unter dem Vorbehalt des Wohnrechts denkbar, hierbei wäre dann aber keine Vermietung beispielsweise der zweiten Wohnung durch die Eltern möglich.
Vom Wert des Hauses oder der Wohnung wäre für Zwecke der Schenkungssteuer der Wert des Nießbrauchrechts abzuziehen, dieser wird abhängig von Ihrem Alter berechnet.
Bei Übertragung des Familienheims wäre zu Bedenken, dass dies im alleinigen Eigentum des Vaters steht, somit ließe sich hier nur einmal der Freibetrag ausschöpfen.
Bei einer Übertragung der vermieteten Wohnung mit Vorbehaltsnießbrauch bestünde dieser Nachteil nicht, außerdem ist der Wert der Eigentumswohnung deutlich niedriger. Der einkünfteerzielende Nießbraucher, also die Eltern mit Ihren Vermietungseinkünften, können die selbst getragenen Werbungskosten absetzen, soweit diese nach den gesetzlichen Vorgaben oder bei Abschluss der Vermögensübertragung getroffenen Vereinbarungen dazu verpflichtet sind. Außerdem dürfen Sie als Vorbehaltsnießbraucher die steuerliche AfA, die dem Grundstücksübereigner zusteht, als Werbungskosten geltend machen. Probleme kann es jedoch immer geben, wenn außergewöhnliche Instandhaltungsmaßnahmen durchgeführt werden, da hier unter Umständen eine ausgleichspflichtige Bereicherung der Eigentümerin (der Tochter) entstehen kann.
Als Nachteil der Übertragung des Eigentums unter Vorbehalt eines Nießbrauch- oder Wohnrechts ist die fehlende Flexibilität zu sehen. Ein Verkauf durch die Tochter ist regelmäßig nur unter vorherigem Verzicht auf das Wohn- oder Nießbrauchsrecht möglich, dies stellt eine Schenkung dar, soweit kein Entgelt gezahlt wird. Auch eine Beleihung ist in der Praxis nicht einfach. Ein Verkauf durch die Eltern erfordert regelmäßig eine vorherige Übertragung des Eigentums auf die Eltern, hierbei besteht das Problem, dass von Kindern auf Eltern nur geringe Freibeträge bestehen.
Gerne stehe ich Ihnen für eine Rückfrage zur Verfügung und im Übrigen würde ich mich, für den Fall, dass Sie mit meiner Beratung zufrieden waren, über eine positive Bewertung hier auf yourXpert sehr freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Bernd Thomas
Steuerberater
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vielen Dank für die schnelle Antwort. Es ist sicher sinnvoll, mit der Überschreibung der vermieteten Wohnungen zu beginnen. Die Details zum Nießbrauch waren neu und hilfreich für uns.
Könnten Sie uns bitte noch Hinweise zum Übertrag des Hauses geben? Können eigentlich beide Wohnungen in unserem Haus als steuerbefreites Familienheim betrachtet werden?
Ich denke, wir könnten unserer Tochter schon zu Lebzeiten die Wohnung im EG (100 qm) überschreiben. Ohne Nießbrauch. Dann bekäme sie nach unserem Tod nur noch die 180 qm Wohnung dazu (und das ist ja weniger als die Obergrenze von 200 qm). Die Auflage der 10jährigen Wohnpflicht ist uns bekannt.
So könnte die Tochter das ganze Haus ohne Erbschaftsteuer bekommen
Oder liegt da ein Trugschluss vor?
Einen schönen Abend
Familie Eidelsburger