Zwischenzeugnis
Fragestellung
Sehr geehrte Damen und Herren,
vom 01.05.2016 bis 31.03.2017 hatte ich ein Aufgabengebiet in einer Landesaufnahmeeinrichtung inne. Diese Einrichtung wurde zum 31.03.2017 geschlossen. Ab 01.04.2017 habe ich ein neues Aufgabengebiet.
Mein Arbeitsverhältnis besteht unbefristet mit dem Land Sachsen-Anhalt, es finden die Regelungen des TV-L Anwendung.
Am 20.03.2017 beantragte ich wegen Wechsel des Aufgabengebietes und der Führungskraft bei der Personalstelle ein Zwischenzeugnis nach § 35 Abs. 2 TV-L. Da keine Bearbeitung in einer angemessenen Zeit stattfand, fragte ich nunmehr nach dem Sachstand. Ich bekam umgehend die Rückmeldung, dass kein Zwischenzeugnis ausgestellt werden kann, da kein triftiger Grund nach Abs. 2 vorliege. Die Sachbearbeiterin meine auch, dass die ?Rechtsprechung einen Aufgaben- und Führungswechsel nicht als triftigen Grund? ansehe. Ich solle auf meine Regelbeurteilung warten, die dann irgendwann mal erfolgen wird.
Hintergrund meines Antrages war zum Teil auch, dass ich die Absicht habe, mich auf Stellen außerhalb des Landesdienstes zu bewerben, dies meinen Arbeitgeber unter keinen Umständen mitteilen möchte.
Anmerken möchte ich, dass ein anderer Personalsachbearbeiter auf meinen Antrag eine Eingangsbestätigung versandt hatte und gleichzeitig mitteilte, dass er die erforderlichen Stellungsnahmen meiner Führungskräfte der ehemaligen Einrichtung einholen wird.
Welche Möglichkeiten (auch argumentativ) habe ich gegenüber der Personalstelle?
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
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Antwort von Rechtsanwalt Christoph Johannes Scholz
Sehr geehrter Ratsuchender,
in Ihrem Fall ist für die Beantwortung der Frage zunächst der § 35 Abs.2 TVöD zu analysieren.
Der Anspruch auf ein Zwischenzeugnis ist grundsätzlich ansonsten gesetzlich nicht geregelt.
Nach § 35 Abs. 2 TVöD hat der Beschäftigte bei Vorliegen eines triftigen Grundes auch während des Arbeitsverhältnisses ein Anspruch auf ein qualifiziertes Zeugnis.
Ein triftiger Grund liegt vor, wenn dieser bei verständiger Betrachtungsweise den Wunsch des Beschäftigten als berechtigt erscheinen lässt.
In folgenden Fällen wird allgemein der Anspruch auf ein Zwischenzeugnis bejaht:
wenn der Beschäftigte Fortbildungskurse oder eine Hochschule besuchen will und hierfür ein Zeugnis erforderlich ist,
wenn eine Versetzung innerhalb des Unternehmens erfolgt,
wenn der Vorgesetzte wechselt bzw. ausscheidet,
wenn das Unternehmensgefüge sich ändert und sich dies auf das Arbeitsverhältnis konkret auswirkt, z. B. bei leitenden Angestellten,
Betriebsübernahme durch neuen Arbeitgeber,
wenn der Arbeitgeber eine demnächst erfolgende Kündigung in Aussicht stellt oder die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch im Interesse des Beschäftigten liegt,
wenn der Beschäftigte zum Wehrdienst einberufen wird,
wenn Elternzeit in Anspruch genommen wird,
wenn ein politisches Mandat übernommen wird,
Vorlage bei Behörden oder Gerichten,
Vorlage bei Stellung eines Kreditantrags,
Bewerbung um neue Stelle.
Hingegen liegt kein triftiger Grund vor, wenn ein Beschäftigter im Eingruppierungsprozess ein Zwischenzeugnis verlangt, um unterschiedliche Auffassungen über Inhalt und Umfang des übertragenen Aufgabengebiets zu beseitigen.
In Ihrem Fall möchten Sie sich auf Stellen außerhalb des Landesdienstes bewerben, die Sie Ihrem Arbeitgeber unter keinen Umständen mitteilen wollen. Zudem hat sich Ihr Aufgabengebiet sowie Ihr Vorgesetzter geändert.
Nach der Rechtsprechung können Sie daher zwei Argumente anführen, mit dem Sie ein Zwischenzeugnis verlangen können:
1. Durch den Wechsel des Aufgabengebietes und der Führungskraft möchten Sie von dem bisherigen Vorgesetzten bzgl. des bisherigen Arbeitsgebietes extra mittels eines Zwischenzeugnisses beurteilt werden. Der neue Vorgesetzte kann Sie ja nur bzgl. des neuen Aufgabengebiets beurteilen.
2. Sie wollen sich intern wie extern weiterentwickeln und behalten sich vor entsprechende Maßnahmen dazu einzuleiten. Sie können beispielsweise Ihrem jetzigen Arbeitgeber mitteilen, dass Sie es beabsichtigen, sich auf interne Stellen zu bewerben, die Sie persönlich beruflich weiterbringen könnten. Dazu benötigen Sie schließlich das Zwischenzeugnis. Ihre Absicht sich extern zu bewerben, müssen Sie Ihrem Arbeitgeber nicht mitteilen.
Das Bundesarbeitsgericht hat in einer Grundsatzentscheidung entschieden, dass Bewerbung um eine neue Stelle als "triftiger Grund" für ein Zwischenzeugnis anerkannt ist. Dazu BAG-Urteil vom 21.01.1993 - 6 AZR 171/92:
"Als triftige Gründe sind allgemein anerkannt: Bewerbung um eine neue Stelle, Vorlage bei Behörden und Gerichten, Vorlage zur Stellung eines Kreditantrages, strukturelle Änderungen innerhalb des Betriebsgefüges, bevorstehende persönliche Veränderungen des Arbeitnehmers, geplante längere Arbeitsunterbrechungen."
Für weitere Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Beste Grüße
RA Scholz
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