Unterhalt nach Scheidung
Fragestellung
"Nach 20 Jahren Ehescheidung. Seit Juni 2012 leben wir getrennt.
Keine Kinder. Die gemeinsame Wohnung ist gekündigt.
Ich (Ehefrau) Angestellte ca.1400 € netto monatlich.
Ehemann seit einigen Jahren Erwerbsunfähigkeitsrente ca.820 € netto monatlich.
Kein nennenswertes Vermögen aus Ehe vorhanden, bzw. Einvernehmliche Aufteilung des Vorhandenen (Mobilar, Hausstand).
Frage: Bin ich da ich höheres monatliches Einkommen habe als der Ehemann unterhaltspflichtig? Wie hoch müßte die monatliche Unterhaltszahlung sein. Wie lange muß Unterhalt gezahlt werden und ab wann?"
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwalt Stephan Bartels
Sehr geehrte Ratsuchende,
vielen Dank für Ihre Frage, die ich vor dem Hintergrund der von Ihnen mitgeteilten Informationen und dem angebotenen Honorar gern wie folgte beantworte:
Ja, Sie sind gegenüber Ihrem Ehemann unterhaltspflichtig.
Von dem Zeitpunkt der Aufnahme des Getrenntlebens, bis zur Rechtskraft der Ehescheidung ist der wirtschaftlich schwächere Ehegatte gegenüber dem anderen Ehegatten unterhaltsberechtigt und kann den sogenannten Getrenntlebendunterhalt (auch "Trennungsunterhalt") beanspruchen, § 1361 BGB. Die Höhe des Unterhalts bemisst sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen und berechnet sich i.d.R. anhand des den Eheleuten zur Verfügung stehenden Gesamteinkommens. In Ihrem Fall wären dies (1400+820=) 2.220 EUR. Hiervon kann Ihr Ehemann 3/7 als unterhaltsrechtlichen Bedarf beanspruchen, mithin 951 EUR. Abzüglich seines eigenen Einkommens verbleibt somit ein Fehlbetrag von (951-820=) 131 EUR, der als Unterhalt von Ihnen zu zahlen ist.
Ab Rechtskraft der Scheidung geht das Gesetz grundsätzlich von der Eigenverantwortlichkeit beider Ehegatten aus und Unterhalt wird nur noch dann geschuldet, wenn bereits im Zeitpunkt der Scheidung ein sogenannter Unterhaltstatbestand vorgelegen hat; § 1569 BGB. Dies ist vorliegend der Fall, da Ihr Ehemann krankheitsbedingt nicht in der Lage ist, eine eigene Erwerbstätigkeit auszuüben, § 1572 BGB. Weiterhin ist erforderlich, dass Ihr Ehemann bedürftig ist und Sie leistungsfähig sind. Für die Frage der Bedürftigkeit ist darauf abzustellen, ob es Ihrem Ehemann mittels seiner Rente möglich ist, seinen Lebensunterhalt allein zu bestreiten. Für die Ermittlung des danach notwendigen Betrages (des Bedarfs) ist zunächst auf die ehelichen Lebensverhältnisse abzustellen, so dass davon auszugehen ist, dass Sie auch nach der Scheidung zunächst weiterhin ein Betrag von 131 EUR an Ihren Ehemann bezahlen müssen. Die Zahlung dieses Betrages benachteiligt Sie auch icht unangemessen. Die Gerichte sehen einen in Ihrem Fall einen Selbstbehalt (derjenige Betrag der Ihnen nach Zahlung von Unterhalt für den eigenen Bedarf verbleiben muss) einen Betrag von 1.000 EUR vor. Das Gesetz regelt nicht ausdrücklich wie lange dieser Unterhaltsanspruch anhält. Es sieht aber ausdrücklich vor, dass der Unterhaltsanspruch sowohl der Höhe nach, als auch zeitlich begrenzt werden kann, § 1578b BGB. Die hierfür maßgeblichen Umstände sind z.B. die Dauer der Ehe und das Vorliegen ehebedingter Nachteile. Ohne detaillierte Kenntnis ihres Falles würde ich aufgrund der von Ihnen mitgeteilten Informationen von einer Dauer von mindestens 3 Jahren ausgehen, für die Sie nachehelichen Unterhalt zahlen müssen. Letztlich käme es im Falle einer gerichtlichen Entscheidung aber auf alle Umstände des Einzelfalles an und das Ergebnis eines solchen Verfahrens kann von hier aus naturgemäß nicht vorausgesagt werden.
Ich hoffe die Fragen zu Ihrer Zufriedenheit beantwortet zu haben und verbleibe.
Mit freundlichen Grüßen
Stephan Bartels
Rechtsanwalt, Hamburg
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