Steuerrecht
Fragestellung
"Im Jahr 2000 haben zwei Brüder per Übertragungsvertrag im Wege der vorweggenommenen Erbfolge den ehemaligen Hof) sowie zehn landwirtschaftliche Flächen von ihren Eltern gemeinschaftlich übertragen bekommen(der Hofvermerk war bereit 1985 gelöscht worden. Der Hof wurde 2008 verkauft.
Nun will Bruder A seinen Grundstücksanteil verkaufen. Deshalb wurde zwischen den Brüdern vereinbart, die Grundstücke unter Bruder A und Bruder B entsprechend aufzuteilen, so dass Bruder A sechs Grundstücke erhält und Bruder B vier. Der Gesamtwert der Grundstücke beträgt jeweils ca. 120 T€, so dass jeder in etwa das gleiche erhält.
Frage:
Welche Vorgehensweise ist steuerlich günstiger:
1) Bruder A und B teilen die Grundstücke – wie oben dargestellt – auf, dh. die Brüder übertragen ihre Anteile jeweils auf den anderen per Vertrag. Bruder A kann dann selbst seine sechs Grundstücke veräußern. Bruder B behält – wie gewünscht – seine vier Grundstücke.
2) Nur Bruder A überträgt seine Grundstückanteile auf Bruder B und erhält – ebenfalls vertraglich geregelt - als Ausgleich den Verkaufserlös aus dem gemeinsamen Verkauf der 6 Grundstücke – also ca. 120 T€. Bruder B behält – wie gewünscht – seine vier Grundstücke.
Zwei Aspekte erscheinen mir wichtig:
Welche Grunderwerbssteuer wird bei 1) und 2) erhoben?
Beginnt im Fall 1) wieder die 10 jährige Spekulationsfrist, so dass ggf. beim Verkauf auch ein Spekulationsgewinn versteuert werden müsste. Wobei mir unklar ist, welche Anschaffungskosten das Finanzamt ansetzen würde. Wäre es der derzeitige Verkehrswert – also ca. 120 T€ ?
Im Fall 2) wäre die 10 jährige Spekulationsfrist bereits verstrichen, so dass keine Steuer auf den Verkaufserlös anfallen sollte?
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Steuerberater Dipl. Finanzwirt Ulrich Hiller
Sehr geehrte/r Ratsuchende/r,
vielen Dank für Ihre Frage!
Wenn ich Sie richtig verstehe, so sind die Brüder gemeinschaftlich Eigentümer der Grundstücke, so dass sie seit dem Jahr 2000 durch die vorweggenommene Erbfolge Bruchteilseigentümer einer Grundstücksgemeinschaft sind.
I. Grunderwerbsteuer:
Im Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) gibt es verschiedene Tatbestände, die auf den Fall zutreffen könnten.
Zunächst § 3 Nr. 7 GrEStG:
"Von der Besteuerung sind ausgenommen:
7. der Erwerb eines zum Gesamtgut gehörigen Grundstücks durch Teilnehmer an einer fortgesetzten Gütergemeinschaft zur Teilung des Gesamtguts. (...)"
M. E. dürfte dies schon einschlägig sein und zu einer Ausnahme von der Besteuerung führen, da ja hier die klassische Teilung einer Gemeinschaft vorliegt.
Falls es sich - entgegen meiner Auffassung - nicht um Bruchteilseigentum, sondern um Gesamthandseigentum (wie z.B. bei einer Personenhandelsgesellschaft; OHG etc.) handeln sollte, gibt es auch dafür eine Vorschrift, § 6 Abs. 1 GrEStG:
"(1) Geht ein Grundstück von einer Gesamthand in das Miteigentum mehrerer an der Gesamthand beteiligter Personen über, so wird die Steuer nicht erhoben, soweit der Bruchteil, den der einzelne Erwerber erhält, dem Anteil entspricht, zu dem er am Vermögen der Gesamthand beteiligt ist. Wird ein Grundstück bei der Auflösung der Gesamthand übertragen, so ist die Auseinandersetzungsquote maßgebend, wenn die Beteiligten für den Fall der Auflösung der Gesamthand eine vom Beteiligungsverhältnis abweichende Auseinandersetzungsquote vereinbart haben."
D.h. bei wertmäßig hälftiger Teilung des gemeinsamen Grundbesitzes dürfte keine Steuer anfallen, wenn die Brüder je zur Hälfte an der Gemeinschaft beteiligt sind.
Nach alledem ist davon auszugehen, dass bei einer Teilung des Grundbesitzes unter den gemeinschaftlichen Eigentümern zur Vorbereitung der Veräußerung keine Grunderwerbsteuer anfällt. Dabei spielt es m.E. keine Rolle, auf welche Weise diese Teilung eingeleitet wird, da das wirtschaftliche Ergebnis in beiden Fällen dasselbe ist.
II. Einkommensteuer / Privates Veräußerungsgeschäft (Spekulationsgeschäft)
Bei der Übertragung durch vorweggenommene Erbfolge im Jahr 2000 handelte es sich - wirtschaftlich und juristisch gesehen - um eine Schenkung. Im Falle einer Schenkung, also eines voll unentgeltlichen Erwerbs - ist dem Rechtsnachfolger (hier: den beiden Brüdern) für Zwecke der Berechnung der 10-jährigen "Spekulationsfrist" die Anschaffung durch den Rechtsvorgänger (die Eltern) zuzurechnen. Die Spekulationsfrist ist damit in jedem Falle im Zeitpunkt der Teilung der Gemeinschaft bereits verstrichen.
Um zu vermeiden, dass ein entgeltlicher Erwerbsvorgang "zwischengeschaltet" wird und dann die Spekulationsfrist neu zu laufen beginnt, sollte die Fremdveräußerung wie in Ihrer Alternative 2 durch die Gemeinschaft A+B erfolgen (A erhält vom Kaufpreis dann 50% = 60 T€) und der Bruder B seinen Ausgleichsbetrag (weitere 60 T€) im "Innenverhältnis" von B bekommen. In einem solchen "einheitlichen Vorgang" würde man auch Notar- und Grundbuchkosten sparen können. Die anfallende Grunderwerbsteuer wird in solchen Fällen üblicherweise ja auch vom Käufer übernommen, so dass sich die Fragen dazu gar nicht erst stellen. Lediglich hinsichtlich der von B zu behaltenden Grundstücke wäre dann eine formelle Auseinandersetzung erforderlich.
Bei den Grundstücken des B (hälftige Übertragung von A) beginnt ebenfalls keine neue Spekulationsfrist, da es sich um eine unentgeltliche Übertragung zur Teilung der gemeinschaft handelt.
Ich hoffe, dass Ihre Fragen damit hinreichend beantwortet sind. Sollte ich etwas übersehen haben oder falls etwas unklar ist, nutzen Sie bitte die kostenfreie Rückfragefunktion. Ansonsten freue ich mich über eine positive Bewertung.
Mit freundlichen Grüßen
Ulrich Hiller
Steuerberater
Sie haben eine Frage im Bereich Immobilienbesteuerung?
Raten Sie nicht weiter!
Unsere Rechtsanwält*innen geben Ihnen gerne eine kostenlose
Ersteinschätzung zu Ihrem Anliegen.
Jetzt kostenlose Ersteinschätzung einholen
Bewertung des Kunden
Wie prüfen wir die Echtheit von Kundenbewertungen?
Kundenbewertungen, die als verifiziert gekennzeichnet sind, wurden von Kund*innen getätigt, die mit ihrem registrierten Kundenkonto eine kostenpflichtige Beratung erworben haben. Nach Zahlung und Beratungsabschluss erhalten unsere Kund*innen einen Bewertungslink und haben darüber die Möglichkeit, eine entsprechende Bewertung abzugeben.
Bei unseren Bewertungen handelt es sich ausschließlich um verifizierte Bewertungen.
Der auf den Profilen unserer Expert*innen angezeigte Bewertungsdurchschnitt setzt sich ausschließlich aus verifizierten Bewertungen zusammen. Jeder Bewertung wird für die Berechnung des Bewertungsdurchschnitts dabei die gleiche Gewichtung zugemessen.
Wir veröffentlichen alle Kundenbewertungen, unabhängig von der Anzahl der vergebenen Sterne. Eine Löschung findet nur statt, wenn wir dazu rechtlich verpflichtet sind (z.B. beleidigender Inhalt).
Wie prüfen wir die Echtheit von Kundenbewertungen?
Kundenbewertungen, die als verifiziert gekennzeichnet sind, wurden von Kund*innen getätigt, die mit ihrem registrierten Kundenkonto eine kostenpflichtige Beratung erworben haben. Nach Zahlung und Beratungsabschluss erhalten unsere Kund*innen einen Bewertungslink und haben darüber die Möglichkeit, eine entsprechende Bewertung abzugeben.
Bei unseren Bewertungen handelt es sich ausschließlich um verifizierte Bewertungen.
Der auf den Profilen unserer Expert*innen angezeigte Bewertungsdurchschnitt setzt sich ausschließlich aus verifizierten Bewertungen zusammen. Jeder Bewertung wird für die Berechnung des Bewertungsdurchschnitts dabei die gleiche Gewichtung zugemessen.
Wir veröffentlichen alle Kundenbewertungen, unabhängig von der Anzahl der vergebenen Sterne. Eine Löschung findet nur statt, wenn wir dazu rechtlich verpflichtet sind (z.B. beleidigender Inhalt).
vielen Dank für Ihre konkrete und verständliche Antwort.
Ich habe nur noch eine Verständnisfrage:
Im vorletzten Absatz Ihrer Antwort führen Sie aus:
"Bei den Grundstücken des B (hälftige Übertragung von A) beginnt ebenfalls keine neue Spekulationsfrist, da es sich um eine unentgeltliche Übertragung zur Teilung der Gemeinschaft handelt."
Dann dürfte doch auch im Fall 1) bei den Grundstücken des A ebenfalls mit der selben Begründung keine neue Spekulationsfrist beginnen, da es sich ebenfalls um eine unentgeltliche Übertragung zur Teilung der Gemeinschaft handelt? Es wäre dann doch eben kein entgeltlicher Erwerbsvorgang zwischengeschaltet wie Sie im drittletzten Absatz ausführen?
Mit freundlichen Grüßen
V. S.