Steuerrecht
Fragestellung
Ich habe Ende 2006 eine Firma als Einzelunternehmer im Bereich "Mediengestaltung" gegründet. Durch einen ärztlichen Kunstfehler bedingt konnte ich so gut wie keine Umsätze erwirtschaften (ca. 1.300€). Das Finanzamt hat mir nunmehr per Bescheid sämtliche Verluste aberkannt, ebenso wurde meine Gewinnerzielungsabsicht in Frage gestellt, was natürlich nach dieser langen Zeit durchaus nachvollziehbar ist.
Gegen die entsprechenden Bescheide habe ich Einspruch eingelegt. Mir ist natürlich klar, dass das Finanzamt eine Rechtfertigung für die Bescheide hat. Ich gehe daher davon aus, dass meine Einsprüche als unbegründet zurückgewiesen werden.
Ich möchte aber, da ich mittlerweile gesundheitlich wieder fast genesen bin, meine Firma noch nicht aufgeben. Meine Besorgnis ist die, dass das Finanzamt meine Firma "stilllegen" wird und ich die für angeschaffte Wirtschaftsgüter erstattete Vorsteuer zurückzahlen muss.
Meine Fragen:
Habe ich abgesehen von meinen Einsprüchen eine realistische Möglichkeit, meine Verluste zu behalten?
Kann das Finanzamt nun von mir fordern, dass ich meine Firma abmelde?
Wenn ja, wie könnte ich das verhindern und die Firma trotz der bisher nicht erkennbaren Gewinnerzielungsabsicht weiterführen?
Wann und auf welcher Grundlage kann das Finanzamt die erstattete Vorsteuer von mir zurückfordern?
Wenn ich die Firma weiterführe und im Moment noch keine Umsätze zu erwarten sind, kann das Finanzamt die erstattete Vorsteuer von mir zurückfordern?
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Steuerberater Johannes Borgard
Sehr geehrter Ratsuchende/r,
1. Verluste behalten
Die Feststellung, dass eine Liebhaberei (Aberkennung einer Gewinnerzielungsabsicht) vorliegt begründet sich auf die Annahme, dass ein gewinnorientierter Unternehmer bei anhaltenden Verlusten die Tätigkeit einstellen würde.
a.) Ab dem Zeitpunkt der Feststellung das die Tätigkeit infolge Erkrankung bzw. Leistungseinschränkung nicht mehr mit realistischer Gewinnorientierung betrieben werden konnte, war das Unternehmen abzumelden bzw. ruhend zu stellen. Dieser Zeitpunkt ist dem FA glaubhaft zu machen. Erst ab diesem Zeitpunkt entfällt die steuerliche Anerkennung der Verluste.
b.) Das Finanzamt kann Sie nicht daran hindern Ihre bisherige Tätigkeit als Mediengestalter wieder aufzunehmen. Die weitere Anerkennung von entstehenden Verluste jedoch versagen.
c.) Zum Zeitpunkt der Wiederaufnahme der Tätigkeit sind die noch werthaltigen Gegenstände in das neue Unternehmen einzubringen und wirken damit ggf. steuermindernd =Aufrechnung mit Gewinnen.
2. Kann das Finanzamt die Abmeldung der Firma verlangen?
Nein!
3. Vorsteuern zurückfordern?
Anders als bei den Ertragsteuern können Vorsteuern geltend gemacht werden, wenn die Aufwendungen im Zusammenhang mit der Absicht Umsätze zu erzielen stehen.
Zu dem Zeitpunkt der Beendigung der unternehmerischen Tätigkeit (Wegfall der Gewinnerzielungsmöglichkeit/Absicht, sind die vorhandenen Werte (Ausstattung) als mit dem zu diesem Zeitpunkt anzusetzenden Wert umsatzsteuerpflichtig als privaten Entnahme und mit Umsatzsteuer zu belasten. Es entsteht zu diesem Zeitpunkt somit Umsatzsteuer, die dem Finanzamt geschuldet wird. Sie müssen somit zu diesem Zeitpunkt eine Betriebsaufgabe steuerlich vornehmen.
4. Ab dem Zeitpunkt der (Neu)Aufnahme der Tätigkeit mit realistischer Gewinnerzielungsabsicht, entsteht somit steuerrechtlich ein neues Unternehmen mit allen steuerrechtlichen Pflichten.
Sie müssen allerdings damit rechnen, dass das Finanzamt diese realistische Gewinnerzielungsabsicht erneut genau prüfen wird.
Sind derzeit noch keine Umsätze zu erwarten, stellt sich berechtigt die Frage: Ohne Umsätze keine Gewinne! = vorerst weiterhin Annahme einer Liebhaberei?
Nur dann, wenn Sie jetzt bereits Produkte nachweislich in der berechtigten Annahme entwickeln, das in absehbarer Zeit daraus Gewinne realisiert werden können, haben Sie eine Chance, Ihre Tätigkeit als unternehmerisch veranlasst zu begründen.
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leider kann ich in Ihrer Antwort keinen hinreichend konkreten Bezug zu meiner Fragestellung erkennen. Sie haben meine Fragen nicht beantwortet.
zum Punkt 1.
a) ich habe mein Unternehmen nicht abgemeldet bzw. ruhend gestellt. Diese Annahme ist NICHT in meiner Fragestellung enthalten. Ein solcher Zeitpunkt existiert nicht, daher erübrigt sich auch Ihre Erörterung dazu, dass ab einem solchen Zeitpunkt die steuerliche Anerkennung der Verluste entfallen würde. Ebenso erübrigt sich auch die von Ihnen erwähnte Glaubhaftmachung des Zeitpunkts einer Abmeldung.
b) Da ich die Tätigkeit nicht beendet habe, geht Ihre Äußerung zur Wiederaufnahme der Tätigkeit völlig am Thema vorbei.
c) Das gleiche gilt für ihre Ausführungen hierzu, es ist kein konkreter Bezug zu meiner Fragestellung erkennbar.
Solcherlei allgemeine Aussagen entsprechen für jedermann zugänglichem Google-Wissen.
Zu Punkt 3.
Die umsatzsteuerpflichtige private Entnahme ist nur ein Aspekt, der mit der Beendigung der unternehmerischen Tätigkeit einhergeht.
Sämtliche Wirtschaftsgüter die bei Firmengründung angeschafft wurden beinhalten eine Vorsteuer die mir vom Finanzamt erstattet wurde.
Zum Zeitpunkt der Gründung bestand natürlich Gewinnerzielungsabsicht. Diese wird jetzt (2016) erstmalig vom Finanzamt in Frage gestellt und ist noch nicht aberkannt.
Es geht um die Vorsteuer die vom Finanzamt insgesamt erstattet wurde, dies war offensichtlich auch Teil meiner Frage!
Aus meiner Fragestellung ergibt sich:
ich bleibe bei meiner Gewinnerzielungsabsicht, das Finanzamt sieht dies anders. Es ist noch zu keiner Entscheidung der Behörde gekommen. Die unternehmerische Tätigkeit ist noch nicht beendigt. Ich möchte keine steuerliche Betriebsaufgabe der Firma vornehmen.
Wenn das Finanzamt aber trotzdem (was nachvollziehbar wäre) die Gewinnerzielungsabsicht aberkennt, kann das Finanzamt dann die INSGESAMT an mich erstattete Vorsteuer zurückfordern?
Ich bitte um die Beantwortung meiner Fragen!
"Finanzamt hat mir nunmehr per Bescheid sämtliche Verluste aberkannt ..",
1. Unternehmen nicht abgemeldet bzw. ruhend gestellt.
richtig; Sie haben "nicht abgemeldet" oder ruhend" gemeldet.
Um die entstanden Verluste jedoch bis zu diesem Zeitpunkt behalten zu können, ist dieser Zeitpunkt maßgeblich. Ist dieser Zeitpunkt nicht festzustellen, entfallen die aufgelaufenen Verluste vollständig.
Einer offiziellen Abmeldung Ihrer Tätigkeit bedarf es nicht!
Mein Rat bezog sich damit bereits auf die Möglichkeit der teilweisen Abwendung der Streichung der Verluste.
2. Sie haben Ihre Tätigkeit nicht beendet; aber das Finanzamt hinsichtlich der steuerlichen Anerkennung.
3. Vorsteuerrückforderung
Ihre Frage bezieht sich auf "kann das Finanzamt"
Ja, das Finanzamt kann!.
"Durch einen ärztlichen Kunstfehler bedingt konnte ich so gut wie keine Umsätze erwirtschaften (ca. 1.300€). " für die Zeit von 2006 - 2013.
Die Absicht Umsätze erzielen zu wollen, kollidiert hier offensichtlich mit Ihren Möglichkeiten ab einem Zeitpunkt.
Hierzu hat das Finanzamt bisher offensichtlich nicht entschieden?! Diese Entscheidung steht demnach noch aus. Die Vorsteuern sind bisher nicht zurückgefordert.
Es geht offensichtlich darum, was das Finanzamt will! Das Sie dem nicht entsprechend möchten, ist nachvollziehbar, ändert aber nicht an der Haltung und Möglichkeiten des Finanzamtes.
Wenn Sie also die bisher entstandenen Steuervorteile nicht zurückzahlen möchten, müssen Sie dem Finanzamt stichhaltig dies begründen.
Dazu habe ich Ihnen entsprechende Hinweise gegeben.