Steuerbescheid -Progresssionsvorbehalt
Beantwortet von Steuerberater Dipl-Finanzwirt Jeannette Klüsener
Fragestellung
Hallo
Ich habe im Jahr 2014 durch ein Sozialgerichtsurteil ALG 1 für
den Zeitraum vom 17.04.-10.07.2012 nachgezahlt bekommen.
Im Steuerbescheid für 2014 ist dies vom Finanzamt angesetzt worden.
Da ich im Jahr 2012 durch Krankheit etc. wesentlich weniger verdient habe
verliere ich durch die verspätete Zahlung fast 650 Euro durch den Progressions-
steuersatz gegenüber 2014 wo ich bei weitem mehr verdient habe.
Mein Antrag auf schlichte Änderung der Bescheide für 2012 und 2014 wurde
mit der Begründung abgelehnt, das für die Steuer das Jahr der Zahlung relevant sei.
Gibt es keine Härteklauseln für solche Fälle.
Ich kann nichts für 2jährige Wartefristen beim Sozialgericht, werde somit
trotz gewonnenem Prozesse aber vom Finanzamt bestraft.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Steuerberater Dipl-Finanzwirt Jeannette Klüsener
Sehr geehrte Ratsuchende,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Ich möchte Ihnen nachfolgend im Rahmen einer Erstberatung einen Überblick über die steuerlichen Besonderheiten Ihres vorgetragenen Sachverhalts geben:
Der Bezug von Arbeitslosengeld ist steuerfrei, unterliegt aber im Jahr des Zuflusses nach § 11 EStG dem Progressionsvorbehalt nach § 32b EStG.
Einnahmen sind innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie Ihnen zugeflossen sind. Hier gilt das Zuflussprinzip nach § 11 EStG. Sie haben das Arbeitslosengeld im Kalenderjahr 2014 erhalten und konnten in 2014 frei darüber verfügen. Also unterliegen diese Einnahmen eben auch in 2014 dem Progressionsvorbehalt.
Sie können mit der von Ihnen beschriebenen Begründung (Berücksichtigung des Arbeitslosengeld in 2012 anders als in 2014 führt zu einem Unterschied von 650 EUR) nun aber zwei Wege des Steuererlasses wählen, die aber im Ermessen des Finanzamtes liegen:
Zum einen stellen Sie ein Antrag auf
Erlass bei Festsetzung der Steuerschuld nach § 163 AO
und zum anderen der Erlass nach der Festsetzung - also bei der Erhebung der Steuerschuld - nach § 227 AO.
§ 163 AO: Das Finanzamt hat die Möglichkeit, niedrigere Steuern festzusetzen beziehungsweise einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt zu lassen. Voraussetzung hierfür ist, dass die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre (§ 163 AO).
§ 227 AO: Für den Erlass von bereits festgesetzten und fällig gestellten Steuern muss das Finanzamt auf Antrag für jeden Einzelfall eine Billigkeitsprüfung vornehmen.
Entscheidend für den Erfolg eines Antrags auf Erlass ist die Unbilligkeit der Forderung aus sachlichen oder persönlichen Gründen.
Von einer sachlichen Unbilligkeit spricht man, wenn die Besteuerung eines Sachverhaltes, der unter einen gesetzlichen Steuertatbestand fällt, im Einzelfall mit dem Sinn und Zweck des Steuergesetzes nicht vereinbar ist.
Der Bundesfinanzhof nennt hier beispielsweise die Erhebung (Einziehung) eines Einkommensteueranspruchs, wenn das Zusammenwirken verschiedener Regelungen zu einer hohen Steuerschuld führt, obgleich dem kein Zuwachs an Leistungsfähigkeit zugrunde liegt (BFH-Urteil vom 26.10.1994 Aktenzeichen X R 104/92).
Die Berücksichtigung der Leistung, die eigentlich in 2012 laut Urteil rechtmäßig gezahlt hätte werden müssen, ergibt einen Unterschied von 650 EUR (laut Sachverhalt).
Ich hoffe, meine Antwort hat Ihnen weitergeholfen und konnte Ihnen einen Überblick über die Problematik verschaffen.
Mit freundlichen Grüßen
Jeannette Uhlig, Steuerberaterin
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vielen Dank für Ihre Anfrage.
Beide Anträge liegen im Ermessen des Finanzamtes. Die Erfolgsaussichten stehen 50/50.
Diese Anträge aus dem Bereich des Steuerrechtes können sowohl Steuerberater als auch Rechtsanwälte stellen, Sie müssen entscheiden, von wem Sie sich besser vertreten fühlen.
M.E. wird das rd. 10 % des zu erstattendes Betrages zzgl. USt betragen.
Ich hoffe, ich habe Ihnen damit in Ihrer Entscheidung geholfen.
Mit freundlichen Grüßen
Jeannette Uhlig, Steuerberaterin