Steuer, Photovoltaikanlage
Fragestellung
Sehr geehrte Damen und Herren,
mein Mann und ich sind Eigentümer eines im Jahr 2014 erbauten Reiheneckhauses. Wir haben uns nun überlegt eine Photovoltaikanlage auf unser Hausdach (Südausrichtung) anzubringen. Wir möchten nur so viel Strom erzeugen, wie wir selbst verbrauchen. Die Anlage wird eine Leistung von 2,6kwp haben. Bisher haben wir einen jährlichen Haushaltsverbrauch von ca. 3000 kWh.
Hierzu stellen sich für uns verschiedene steuerrechtliche Fragen, die uns auf diesem Wege vielleicht beantwortet werden können.
1. Ich übe bereits eine selbständige Tätigkeit aus. Mein Mann ist nichtselbstständig tätig.
Wir haben gelesen, dass wir bei Nutzung einer Photovoltaikanlage ein Gewerbe anmelden müssen. Gilt dies auch dann,wenn wir den erzeugten Strom ausschließlich privat nutzen wollen?
Sollten wir uns als Kleinunternehmer anmelden oder sollen wir hiervon nicht gebrauch machen und die Regelbesteuerung vornehmen?
Was sind die jeweiligen Vor-und Nachteile?
2. Die Anlage kostet 6.000,00€ . Wie können wir diese Anlage steuerlich abschreiben? Können wir bereits jetzt Rücklagen für eventuelle Reparaturen vornehmen? In welcher Höhe?
3.wir haben gelesen, dass wir neben einer Gutschrift des Netzbetreibers auch unseren Privatverbrauch als Wertabgabe versteuern müssen. Wie berechnet sich diese Wertabgabe?
4. In einem Fragebogen vom Finanzamt haben wir gelesen, dass wir Angaben darüber machen müssen, wie viel des erzeugten Stroms für eigene private Zwecke verwendet wird. Eigentlich haben wir so gerechnet, dass wir den erzeugten Strom für fast 100% privat verbrauchen wollen.
Wir haben nun ebenfalls gelesen, dass wir keine 100% angeben können, sondern höchstens 70%.
Ist die richtig?
Ferner haben wir gelesen, dass bei für private Zwecke Verwandter Strom ein gemischt genutztes Wirtschaftsgut vorliegt und nun angegeben werden muss, und in welchem Verhältnis eine Zuordnung zum Unternehmensvermögen erfolgen soll und in welcher Höhe (%). Was bedeutet dies?
5.wir müssten wohl eine Umsatzsteuervoranmeldung an das Finanzamt fertigen. Ist dies monatlich zu entrichten, pro Quartal oder einmal im Jahr?
Muss darin neben der Gutschrift auch die Wertabgabe für privat genutzten Strom aufgenommen werden? Wie wird diese Abgabe berechnet? Mit MwSt.?
6. wir wissen, dass wir eine Einkommensteuererklärung aus Gewerbeeinnahmen fertigen müssen. Wie ermitteln sich diese Gewerbeeinnahmen und Ausgaben?
7. Was wäre denn noch zu beachten?
Mit freundlichen Grüßen
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Steuerberater Björn Balluff
Sehr geehrte Ratsuchende,
ich beantworte die Frage einfach ensprechend Ihres Gliederungsschemas:
1.
Eine gewerbliche Betätigung besteht nur in Höhe der Vergütung, die vom Netzbetreiber gewährt wird. Bei einer vollständigen Privatnutzung beteiligen Sie sich nicht am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr, was Voraussetzung für gewerbliche Einkünfte wäre. Dies sieht die Finanzverwaltung als erfüllt an, wenn der Strom an den Netzbetreiber gegen eine Vergütung verkauft wird.
Sollten Sie einen Teil des Stroms in das Stromnetz einspeisen und hierfür eine Vergütung erhalten, müssen Sie ein Gewerbe anmelden. Die Inanspruchnahme der umsatzsteuerlichen Kleinunernehmerregelung macht aus Sicht des geringeren formellen Aufwands Sinn. Denn Sie müssen dann keine monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen abgeben (im 3. Jahr dann ggf. vierteljährliche Anmeldungen).
Da jedoch bei dem Erwerb der Photovoltaikanlage Umsatzsteuer anfällt und Sie im Rahmen der Einspeisung in das allgemeine Stromnetz steuerpflichtige Umsätze erbringen, könnten Sie die an Sie in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als sogen. "Vorsteuer" in Abzug bringen
Was damit gemeint ist:
Das Finanzamt erstatten Ihnen den Umsatzsteuerbetrag. In der Folge kann es jedoch auch zu einer sogen. "Zahllast" kommen. Dies ist dann der Fall, wenn Ihre Umsätze aus dem Verkauf des Stroms höher als Ihre Betriebsausgaben sind.
2.
Als Betreiber einer Photovoltaikanlage sind Sie i.d.R. nicht buchführungspflichtig. Daher sind Instandhaltungsrücklagen o.ä. steuerlich nicht abzugsfähig.
Die Gewinnermittlung funktioniert nach dem Zu- und Abflussprinzips.
Wenn Sie die Vergütung erhalten, ist diese zu versteuern.
Reparaturaufwendungen sind dementsprechend erst dann abzugsfähig, wenn sie anfallen.
Die Abschreibungsdauer beträgt 20 Jahre.
3.
Die Umsatzversteuerung des Eigenverbrauchs hängt davon ab, ob es denn einen Stromverkauf gibt. Falls dies der Fall ist, ist wie folgt vorzugehen:
Damit Sie die Vorsteuer aus der Anschaffung der Anlage vollständig erstattet bekommen, muss die Verkaufsquote mind. 10 % betragen.
Wenn Sie den vollen Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen, müssen Sie den privaten Verbrauch mit Umsatzsteuer belasten.
Sie können jedoch auch nur den teilweisen Vorsteuerabzug geltend machen. Dann müssen Sie den Eigenverbrauch auch nicht mit Umsatzsteuer belasten.
Neben Sie den Vorsteuerabzug vollständig in Anspruch und beziehen Sie keinen Strom darüberhinaus vom Netzbetreiber ist wie folgt vorzugehen:
- Ermittlung privater Stromverbrauch (Stromzähler und Abrechnung Einspeisung)
- Preis je Einheit ist anhand der Preise des Grundversorgers anzusetzen
- durch Multiplikation ist die Bemessungsgrundlage ermittelt
Bei den Kosten des Grundversorgers, ist von den Nettobeträgen auszugehen. Hiervon sind 19 % zu berechnen. Dies ist der abzuführende Umsatzsteuerbetrag.
4.
Die erste Abfrage des Finanzamts bezieht sich auf die Vorsteuerabzugsberechtigung. Denn Sie müssen die Anlage zumindestens 10 % für gewerbliche Zwecke (den Stromverkauf) nutzen.
Die anderen Prozentwerte beziehen sich darauf in welchem Umfang Sie eine Zuordnung zu Ihrem umsatzsteuerlichen Unternehmen vornehmen möchten. Ordnen Sie die Anlage vollständig Ihrem Unternehmen zu, können Sie den Vorsteuerabzug auch vollständig in Anspruch nehmen. Sie können jedoch auch teilweise zuordnen, dann müssten Sie keine Eigenverbrauchsbesteuerung durchführen.
I.d.R. macht eine vollständige Zuordnung Sinn, da Sie dann die Vorsteuer erstattet bekommen (Finanzierungseffekt!)
5.
Die Berechnung der Wertabgabe ist unter 3. erläutert. Die Umsatzsteuer für die Wertabgabe müsste zusätzlich angemeldet werden. Sie müssen eine Anmeldung wie gesagt nur abgeben, wenn Sie überhaupt einen Teil des Stroms an den Netzbetreiber veräußern. Ansonsten entfällt dies vollständig. Falls Sie teilweise einspeisen, müssen Sie in den ersten zwei Jahren monatliche Umsatzsteuervoranmeldungen abgeben.
Ab dem dritten Jahr müssen Sie wahrscheinlich nur vierteljährlich abgeben.
Falls Sie jedoch die Kleinunternehmerregelung wählen, entfällt dies vollständig.
6.
Ich verweise hier auf Nr. 2. Es gilt das Zu- und Abflussprinzip. D.h. entsprechend der tatsächlichen Zahlungen. Es gibt hier bei wiederkehrenden Zahlungen Sonderregelungen. Wenn die Fälligkeit und die Zahlung innerhalb von 10 Tagen vor bzw. nach Ende des Jahres anfallen, wird die Zahlung dem Jahr zugeordnet, zu dem die Zahlung wirtschaftlich gehört.
Die Gewerbeinnahmen resultieren aus der Einspeisevergütung. Betriebseinnahme sowie -ausgabe werden bei Zu- oder Abluss vom Grundsatz her berücksichtigt.
Ich denke, dies ist es im Grunde. Sollten noch Fragen bestehen, können Sie gerne Rückfragen stellen.
Ich hoffe Ihnen mit diesen Ausführungen weitergeholfen zu haben. Über eine positive Bewertung würde ich mich sehr freuen.
Mit freundlichen Grüßen,
Björn Balluff
Steuerberater
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