Sozialleistungen
Fragestellung
Sehr geehrter Herr Joachim,
meine Tochter (31J) ist behindert (100 % G,H) und hat bei meiner geschiedenen Frau in einer selbst genutzten Eigentumswohnung gewohnt. Tagsüber war sie in eine Werkstatt für Behinderte Menschen beschäftigt und erhält dort rd. 250 € Gehalt. Die Werkstatt erhält vom Sozialamt rd. 1400 €. Weitere Sozialleistungen hat sie nicht erhalten.
Im Oktober ist ihre Mutter (meine Exfrau) gestorben und meine Tochter ist die Alleinerbin. Sie hat keinen eingetragenen Betreuer, ist also selbständig.
Geerbt hat sie die Eigentumswohnung und Barvermögen (ca. 50.000 € ).
Sie möchte nun den Wohnort wechseln und in die Nähe der Werkstatt ziehen.
Um selbständig leben zu können muß sie dann Sozialleistungen in Anspruch nehmen. Unterhalt und gelegentliche Betreuung zur Lebensführung.
Ist es möglich die Eigentumswhg. zu vermieten und damit die Miete für die Mietwhg. zu decken, so das das Sozialamt dafür nicht aufkommen muss, oder muss die Eigentumswhg. verkauft werden ?
Muß sie erst ihr Barvermögen aufbrauchen bevor das Sozialamt Unterstützung leistet und wenn ja muß sie die Ausgaben detaliert nachweisen und was gesteht man ihr zu ( Urlaub, Kleidung , Einrichtungsgegenstände etc.) ?
Sie hat jetzt die Möglichkeit eine 54 m² 2 Zi Whg. für 350 € KM zu mieten. Kann sie den Mietvertrag unterschreiben oder muss sie das vorher mit dem Sozialamt klären ?
Ich hoffe ich habe den Sachverhalt so darstellen können, so das Sie mir weiterhelfen können.
Für Rückfragen stehe ich jederzeit zur Verfügung.
MfG
Uwe Rittentrop
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
0900-1010 999 * anrufen
Antwort von Rechtsanwalt und Mediator Christian Joachim
Sehr geehrter Fragesteller,
sofern ihre Tochter Grundsicherung erhält richtet sich der Einsatz von Einkommen und Vermögen nach dem SGB XII und hier insbesondere nach den §§ 82-84 (Einkommen) und den §§ 90 und 91 (Vermögen).
Da die Grundsicherung soziale Leistungen darstellt, ist bis auf die Freibeträge sämtliches Einkommen und Vermögen anzurechnen.
Dies bedeutet auch, dass gegebenenfalls vorhandenes Vermögen zuerst aufzubrauchen ist, bevor Leistungen gewährt werden können.
Als Vermögen wird grundsätzlich auch ein Erbe angesehen.
In jedem Fall dürfte zunächst das Barvermögen bis auf die jeweiligen Freibeträge aufzubrauchen sein und damit zunächst auch kein Anspruch mehr auf Grundsicherung gegeben sein.
Hinsichtlich der Eigentumswohnung wird es darauf ankommen, ob eine Verwertung wirtschaftlich sinnvoll ist, ob eine Eigennutzung geschieht oder ob eine Vermietung vorgenommen wird und diese Mieterträge dann gegebenenfalls als Einkommen zu berücksichtigen wären.
Dies wäre gegebenenfalls konkret mit dem Sozialhilfeträger zu besprechen und auch abhängig von der beabsichtigt Nutzung oder auch nicht Nutzung.
Grundsätzlich ist eine Eigentumswohnung, genauso wie zum Beispiel auch ein angemessener Wohnraum geschützt, wenn er selbst genutzt wird. Reichen die Mieteinkünfte aus, um die gesamten Grundsicherungsleistungen zu decken, dürfte ebenfalls ein Verkauf nicht infrage kommen. Dies dürfte in Ihrem Fall wohl aber nicht der Fall sein.
Nach § 90 Absatz 3 SGB XII darf Sozialhilfe nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Dies ist bei den Leistungen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel (Hilfen zur Gesundheit, Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten, Hilfe in anderen Lebenslagen) insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde.
Hier wäre näher zu prüfen, ob zum Beispiel die Eigentumswohnung auch eine Alterssicherung sein könnte. Ob dies so ist, müsste der Sozialhilfeträger prüfen und auch beurteilen. Er muss hier pflichtgemäßes Ermessen ausüben. ist zum Beispiel später ein Rückzug in die Eigentumswohnung geplant, könnte dies gegen einen Verkauf sprechen.
Allerdings bezweifle ich eher, dass die Vermietungseinnahmen, wie oben genannt ausreichen würden und der Sozialhilfeträger sich hier darauf einlässt, dass weitere ein Vermögen bestehen bleibt und nebenbei Sozialleistungen bezogen werden. anders dürfte dies sein, wenn die Eigentumswohnung von der Größe her für ihre Tochter angemessen ist und selbst bewohnt wird. Dann dürfte ein Verwertungshindernis im Rahmen des § 90 Abs. 2 Nummer 8 SGB XII vorliegen.
Wie bereits dargestellt, muss das Barvermögen erst aufgebraucht werden. Es steht hier lediglich ein geringer Freibetrag in Höhe von bis zu 2.600,00 Euro, je nach Alter zur Verfügung.
Angemessenener Hausrat, Kleidungsstücke et cetera fallen hierunter natürlich nicht, Ebenso wie zum Beispiel auch persönliche Aufwendungen für Urlaub, den sie dann auch aus ihrem Vermögen bestreiten kann.
Die Ausgaben müssen grundsätzlich auch nicht detailliert nachgewiesen werden, allerdings darf kein übermäßiger Verbrauch des Vermögens immer auf Verschleuderung) erfolgen. Gegebenenfalls wird der Sozialhilfeträger dann Einsicht in die Kontoauszüge nehmen und über den Verbleib des Geldes informiert werden wollen. Von daher kann es sinnvoll sein, die Ausgaben entsprechend zu belegen.
zusammenfassend ist also darzustellen, dass das Barvermögen zunächst bis auf den Freibetrag verbraucht werden müsste. Normale Ausgaben im Rahmen der Lebensführung können natürlich vorgenommen werden. Die Wohnung dürfte bei Eigennutzung nicht verkauft werden müssen, sofern sie angemessen ist. Hinsichtlich des Umzugs müsste dann beurteilt werden, ob dieser langfristig ist oder ob ein Rückzug in die Eigentumswohnung geplant ist. Auch müsste man schauen, wie hoch die Mieteinnahmen sind und welche Belastungen dann gegebenenfalls noch auf den Sozialhilfeträger zukommen sollten. Hier empfehle ich grundsätzlich zunächst das Gespräch zu suchen und eine Lösung gemeinsam zu erarbeiten. Scheitert dies, müsste man dann schauen, wie eine Nutzung der Wohnung ohne ein Verkauf möglich ist, wobei hier wohl lediglich eine Eigennutzung zunächst infrage kommen dürfte, nach den bisher vorliegenden Sachverhalt.
Ich hoffe, dass ich Ihnen zunächst hilfreich geantwortet habe und stehe Ihnen bei Nachfragebedarf jederzeit gerne zur Verfügung.
Über eine anschließende positive Bewertung freue ich mich.
Viele Grüße
Christian Joachim
Rechtsanwalt
Sie haben eine Frage im Bereich Sozialrecht?
Raten Sie nicht weiter!
Unsere Rechtsanwält*innen geben Ihnen gerne eine kostenlose
Ersteinschätzung zu Ihrem Anliegen.
Jetzt kostenlose Ersteinschätzung einholen
Bewertung des Kunden
Wie prüfen wir die Echtheit von Kundenbewertungen?
Kundenbewertungen, die als verifiziert gekennzeichnet sind, wurden von Kund*innen getätigt, die mit ihrem registrierten Kundenkonto eine kostenpflichtige Beratung erworben haben. Nach Zahlung und Beratungsabschluss erhalten unsere Kund*innen einen Bewertungslink und haben darüber die Möglichkeit, eine entsprechende Bewertung abzugeben.
Bei unseren Bewertungen handelt es sich ausschließlich um verifizierte Bewertungen.
Der auf den Profilen unserer Expert*innen angezeigte Bewertungsdurchschnitt setzt sich ausschließlich aus verifizierten Bewertungen zusammen. Jeder Bewertung wird für die Berechnung des Bewertungsdurchschnitts dabei die gleiche Gewichtung zugemessen.
Wir veröffentlichen alle Kundenbewertungen, unabhängig von der Anzahl der vergebenen Sterne. Eine Löschung findet nur statt, wenn wir dazu rechtlich verpflichtet sind (z.B. beleidigender Inhalt).
Wie prüfen wir die Echtheit von Kundenbewertungen?
Kundenbewertungen, die als verifiziert gekennzeichnet sind, wurden von Kund*innen getätigt, die mit ihrem registrierten Kundenkonto eine kostenpflichtige Beratung erworben haben. Nach Zahlung und Beratungsabschluss erhalten unsere Kund*innen einen Bewertungslink und haben darüber die Möglichkeit, eine entsprechende Bewertung abzugeben.
Bei unseren Bewertungen handelt es sich ausschließlich um verifizierte Bewertungen.
Der auf den Profilen unserer Expert*innen angezeigte Bewertungsdurchschnitt setzt sich ausschließlich aus verifizierten Bewertungen zusammen. Jeder Bewertung wird für die Berechnung des Bewertungsdurchschnitts dabei die gleiche Gewichtung zugemessen.
Wir veröffentlichen alle Kundenbewertungen, unabhängig von der Anzahl der vergebenen Sterne. Eine Löschung findet nur statt, wenn wir dazu rechtlich verpflichtet sind (z.B. beleidigender Inhalt).
vielen Dank für die Antwort. Sie war sehr hilfreich. Nur zwei Zusatzfragen:
Wenn meine Tochter jetzt eine Wohnung mit ca 54 m² anmietet (und die Miete aus ihrem Vermögen bestreitet) ist das "angemessener Wohnraum " ?
Sie schreiben das ihr Vermögen aufgebraucht werden muß, bevor sie Leistungen erhält. Gehören dazu auch die Leistungen an die Werkstatt für Behinderte ?
Vielen Dank für ihre Mühe
Uwe Rittentrop
Ja, ich würde auch davon ausgehen, dass für eine einzelne Person eine Wohnung mit 54 Quadratmetern ausreichend ist. Die Leistungen der Werkstatt für Behinderte stellen Einkommen und kein Vermögen dar. Da Sie ja keine Leistungen aufgrund ihres Vermögens erhält, stünden die Einnahmen für sie ohne weitere Anrechnung zur Verfügung und würden natürlich auch den Zeitraum verlängern, indem ihre Tochter keine Leistungen erhält.
Gerne stehe ich Ihnen weiterhin zur Verfügung.
Viele Grüße
Christian Joachim
Rechtsanwalt