Schadensersatz Unfall
Fragestellung
Ich hatte am 12.05.2012 einen Unfall mit einem Auto eines Freundes.
Es ist eine kleine Beule in eine Tür entstanden.
Man hätte sie direkt reparieren lassen können.
Wir hatten mündlich vereinbart, dass er mit mit zum Schrottplatz fährt um eine neue Tür zu besorgen.
Dies ist bis jetzt noch nicht geschehen.
Seit September 2013 sind wir kein Paar mehr.
Heute hat er mir geschrieben dass die Tür bereits verrostet sei, weil immernoch nichts gemacht wurde.
Er sagte eine neue Tür würde um die 1600 Euro kosten und möchte das Geld gerichtlich bei mir einklagen, wenn ich nicht reagiere.
Es ist ein Rachezug von Ihm.
Der unfall ist schon 2 Jahre her.
Hat er denn anspruch darauf???
Kann er den Betrag gerichtlich bei mir einklagen?
Man hätte die Tür auch günstiger reparieren können, doch jetzt ist sie verrostet und kommt so auch nicht mehr durch den TÜV.
Bitte geben Sie mir doch einen Rat.
Freundliche Grüße
Desiree Böber
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwalt Tim Droese, LL.M.
Sehr geehrte Ratsuchende,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich wie folgt beantworten möchte:
1.
Grundsätzlich haben Sie als Schädigerin die Verpflichtung den Schaden zu ersetzen. Dies folgt aus § 249 BGB:
(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
Insofern kann in diesem Fall Ersatz des Schadens in natura oder in Geld verlangt werden.
2.
Vorliegend hat Ihr Ex damals Schadensersatz in Form einer gebrauchten Tür gewählt. Problem ist, dass Sie die mündliche Absprache im Zweifel nicht beweisen können. Mithin können Sie sich nicht darauf berufen, dass Ihr Ex Schadensersatz in Form einer gebrauchten Tür vom Schrottplatz gewählt hat.
3.
Insofern sehen Sie sich nunmehr der Schadensersatzforderung in Geld ausgesetzt. Ob eine neue Tür 1.600 Euro kosten würde, kann ich nicht beurteilen, sollte aber in jedem Fall von Ihnen bestritten werden. Fordern Sie einen Nachweis hierfür ein.
Ferner ist die Frage zu stellen, ob eine neue Tür gerechtfertigt ist bzw., ob Schadensersatz in Geld für eine neue Tür zu leisten ist.
Gegen eine neue spricht, dass eine neue Tür womöglich nicht notwendig gewesen wäre, wenn die Reparatur alsbald nach dem Schadensereignis durchgeführt worden wäre.
Gleicher Grund wie vorher, spricht auch gegen einen Schadensersatz in Geld in voller Höhe. Denn der Geschädigte ist grundsätzlich gehalten, den eingetretenen Schaden so gering wie möglich zu halten. Dies besagt § 254 II BGB:
(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.
Ihr Ex hat aufgrund des Zuwartens mit der Reparatur dazu beigetragen, dass sich der Schaden vergrößert hat. Diesen höheren Schaden muss er sich anrechnen lassen.
Problem ist hierbei natürlich wieder die Beweisbarkeit des Schadensumfanges nach dem Unfall. Wenn Sie Zeugen oder Fotos etc. haben, können Sie dies beweisen. Ansonsten wäre möglicherweise ein teures Gutachten in Auftrag zu geben.
Können Sie den ursprünglichen Schaden beweisen, dann haben Sie sehr gute Aussichten nicht die volle Höhe der Forderung zu zahlen.
4.
Die Forderung ist bisher nicht verjährt. Gemäß 195ff. BGB beträgt die Verjährungsfrist mindestens drei Jahre, ab dem Schluss des Jahres, in dem der Schaden erfolgte. Verjährung tritt also frühestens zum 31.12.2015 ein. Sollte der Schaden aufgrund eines Deliktes erfolgt sein, dann verjährt die Forderung nach 10 Jahren.
5.
Sollten Sie die Forderung nicht bezahlen, dann kann Ihr Ex Sie vor dem örtlich zuständigen Gericht verklagen. In einem solchen Prozess wäre dann entsprechend zum Mitverschulden etc. vorzutragen.
Alternativ kann Ihnen Ihr Ex auch einen Mahnbescheid zustellen lassen. Gegen diesen müssen Sie dann form- und fristgerecht Widerspruch einlegen. Ansonsten ergeht ein Vollstreckungsbescheid, ohne dass Ihre rechtliche Position gewürdigt wird. Aus diesem Bescheid kann dann in Ihr Vermögen vollstreckt werden.
6.
Sie sollten m.E. zunächst vermeiden in einen Rechtsstreit zu geraten. Teilen Sie Ihrem Ex mit, dass die Schadenshöhe aufgrund seines Mitverschuldens entstanden ist. Sofern Sie bereit sind - davon gehe ich aus - den ursprünglichen Schaden zu begleichen, dann machen Sie Ihrem Ex ein angemessenes Angebot, welches ungefähr den Wert des ursprünglichen Schadens hat. Wichtig ist, dass Sie dem Angebot beifügen, dass Sie dieses "ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und ohne Präjudiz, lediglich zur gütlichen Beilegung der Angelegenheit und Vermeidung eines Rechtsstreits" machen. Zur Annahme des Angebotes setzen Sie ihm eine Frist von 10 Tagen. Sollte bis dahin keine Antwort erfolgen, dann sollten Sie die Vergleichsverhandlungen– durch Mitteilung an Ihren Ex - beenden. Ansonsten wird die Verjährung weiter unterbrochen.
7.
Sollte sich Ihr Ex nicht darauf einlassen, dann können Sie abwarten was passiert oder die Forderung erfüllen (was Sie m.E zunächst nicht tun sollten). Der Sachverhalt sollte dann anhand der möglichen Beweise und Prozeßaussichten umfassend von einem Anwalt gewürdigt werden.
8.
Sollten Sie eine Rechtsschutzversicherung haben, die zum Zeitpunkt des Unfalls bereits bestand hatte, dann tritt die höchstwahrscheinlich- wenn es so weit kommt - für etwaige Prozesskosten ein.
Haben Sie ansonsten nicht genug Einkommen oder Vermögen, haben sie möglicherweise einen Anspruch auf Prozesskostenhilfe. Hierzu berät Sie dann im Streitfalle Ihr Anwalt.
9.
Gucken Sie also, ob Sie den Zustand der Tür nach dem Unfall beweisen können bzw., ob dieser dokumentiert ist. Danach sollten Sie Ihre Aussichten neu bewerten und - wie oben beschrieben – sollten Sie dann eine gütliche Einigung versuchen. Gelingt dies nicht, ist Ihr Ex am „Zug“. Abhängig davon, ist Ihr weiteres Vorgehen dann neu zu bewerten.
Ich hoffe Ihnen weitergeholfen zu haben. Rückfragen zur Ausgangsfrage können Sie gerne über dieses Portal an mich stellen.
Mit freundlichen Grüßen
Tim Droese
Rechtsanwalt
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