Satzung der städt. Kindertagesstätten rechtswiedrig?
Fragestellung
die Stadt Rosbach v.d.H erhebt für die Betreuung von Kindern in den städtischen Betreuungseinrichtungen eine einkommensabhängige Gebühr.
Das klingt zunächst recht sozial...
Jedoch wird die Gebühr auf Basis des positiven Familienbruttoeinkommens berechnet. D.h sämtliche Ausgaben die vom Finanzamt anerkannt werden, bleiben unberücksichtigt:
Altersvorsorge, Unterhaltszahlungen, Pflege von Angehörigen, Verluste aus Vermietung/Verpachtung usw.
http://www.rosbach-hessen.de/files/downloads/statzungen/3.%20%20%C3%84nderung%20der%20Kindertagesst%C3%A4ttensatzug,%20Beschluss%20STVV%2008.11.2016.pdf
Insbesondere §10 Abs.10 (Seite 4)
So wird aus dem Brutto auf eine z.T. nicht vorhandene Finanzkraft geschlossen.
Eine weitere Ungerechtigkeit: Beamte zahlen weder Renten- noch Arbeitslosenversicherung und haben bei gleichem Brutto mindestend diesen Betrag mehr vom Netto.
Ist diese Berechnung der Elternbeteiligung so erlaubt? Müsste nicht das zu versteuernde Einkommen als Grundlage genommen werden um eine sozial gerechte Verteilung der Beiträge zu erreichen?
Gegen den entsprechenden Bescheid haben wir Einspruch eingelegt. Nun müsste ein sog. Anhörungsverfahren stattfinden... Lohnt sich der Weg, oder ist er sowieso zum Scheitern verurteilt?
Danke für Hilfe.
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Antwort von Rechtsanwalt Alexander Park
Sehr geehrter Ratsuchender,
gerne beantworte ich Ihre Anfrage auf grundlage der mir zur Verfügung stehenden Informationen wie folgt:
Rechtsgrundlage für die erhobene Gebühr ist die Gebührensatzung des Kindergartens. Diese dürfte auch formalrechtlich in Ordnung sein.
Die bundesrechtliche Ermächtigungsgrundlage für die Erhebung von Entgelten bei der Inanspruchnahme von Kindergärten ist § 90 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB VIII. Danach können für die Inanspruchnahme von Angeboten der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen nach den §§ 22, 24 SGB VIII Teilnahmebeiträge oder Kostenbeiträge festgesetzt werden.
Zu denen im Gesetz beschriebenen Tageseinrichtungen im Sinne dieser Gesetzesvorschrift gehört auch hier im vorliegenden Fall besuchte Kindergarten.
§ 26 SGB VIII verweist auf die Gesetzgebungskompetenz der Länder, Hessen hat hier durch das Kommunalabgabengesetz (KAG) Gebrauc davon gemacht.
Aus § 10 Abs. 1 KAG können die Gemeinden und Landkreise "als Gegenleistung für die Inanspruchnahme ihrer öffentlichen Einrichtungen Benutzungsgebühren erheben. Die Gebührensätze sind in der Regel so zu bemessen, dass die Kosten der Einrichtung gedeckt werden. Das Gebührenaufkommen soll die Kosten der Einrichtung nicht übersteigen."
Aus § 10 Abs. 4 KAG ergibt sich darüber hinaus "Bei der Gebührenbemessung können sonstige Merkmale, insbesondere soziale Gesichtspunkte oder eine Ehrenamtstätigkeit, berücksichtigt werden, wenn öffentliche Belange es rechtfertigen.".
Diesem versucht die Stadt Rosbach offensichtlich durch eine einkommensabhängige Beitragsbemessung nachzukommen.
Wie das Familieneinkommen zu berechnen ist ergibt sich aus § 10 Abs. 9 und Abs. 10 der von Ihnen zitierten Satzung. Das Familieneinkommen ist demnach die Summe aller positiven Einkünfte.
Die einkommensabhängie Gebührenberechnung mag sicherlich § 10 Abs. 4 KAG Rechnung tragen, doch scheint mir die Satzung nicht mehr den Grundsatz der leistungsgerechten Gebührenbemessung zu wahren.
Der Gleichheits- bzw. Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG enthält in seiner gebührenrechtlichen Ausprägung ein Gebot der Gebührengerechtigkeit, welches letztendlich besagt, dass eine gleiche Inanspruchnahme zu etwa gleich hohen Gebühren, eine unterschiedliche Inanspruchnahme zu entsprechend unterschiedlichen Gebühren zu erfolgen hat.
Die Eltern von Kindern, die die gleiche Leistung in Anspruch nehmen, sollten also im Sinne der Gebührengerechtigkeit auch ähnliche Gebühren bezahlen.
Hier wird man sich also fragen müssen, ob das Gebot der Gebührengerechtigkeit noch gegeben ist oder ob die Gesichtspunkte des § 10 Abs. 4 KAG, hierzu zählen auch soziale Gesichtspunkte, noch gewahrt sind.
Wie Sie richtig ausführen werden hier bestimmte Berufsgruppen, insbesondere Beamte und dei diesen Gleichgestellte, bevorzugt.
Ich sehe daher durchaus Möglichkeiten diese Gebührensatzung anzugehen und gegen einen Gebührenbescheid gerichtlich vorzugehen.
Dies sollte durch einen Kollegen vor Ort geschehen, der Einblick in den Bescheid nehmen kann und Sie weiterführend beraten kann.
Mit freundlichen Grüßen
Alex Park
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