Rücktritt zu Kaufverträgen
Fragestellung
Sehr geehrter Experte
Wir sind in Textilen Einzelhandel tätig mit mehrer Geschäften, die im Moment aufgrund der Corona Pandemie geschlossen sein müssen.
Dadurch haben wir keine Einnahmen mehr.
Für das Herbst Winter Geschäft haben wir Ende Februar und Anfang März Aufträge bei unterschiedlichen Lieferanten in Höhe von mehreren Hunderttausend € platziert.
Gibt es eine Möglichkeit von diesen Aufträgen aufgrund der Corona Pandemie zurückzutreten.
wie hoch dürften die Stornierungskosten maximal sein.
Kann die Rücktrittserkärung in diesem frühen Stadium komplett verwehrt werden
Wie wäre der genaue Wortlaut, könnte der rechtlich wirksam wie folgt lauten
"Hiermit trete ich von den beigefügten Aufträgen mit der Auftrags Nr zurück ."
Gibt es neben den vertraglichen Geschäftsbedingungen auch ein gesetzliche Rücktrittsrecht , das über dem Vertragsrecht steht
wie sind die Chancen aufgrund der Pandemie auf eventuelle Vergleichsmöglichkeiten
Vielen Dank vorab
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Antwort von Rechtsanwältin und Notarin Andrea Fey
Sehr geehrte/r Rechtsratsuchende/r,
nachfolgend nehme ich gerne zu den von Ihnen aufgeworfenen Fragen im Zusammenhang mit einer etwaigen Rücktrittsmöglichkeit von den Bestellungen für das Herbst-Winter-Geschäft Stellung:
Dabei ist zunächst darauf hinzuweisen, dass im Falle von behördlichen Anordnungen von sog. höherer Gewalt auszugehen ist mit der Folge, dass die Vertragsparteien jeweils die Erfüllung der ihnen obliegenden Leistung gem. § 326 in Verbindung mit § 275 BGB ablehnen müssen, da sie anderenfalls einem behördlichen Verbot zuwider handeln würden. Falls daher Ihre Geschäfte im Herbst/Winter immer noch geschlossen sein müssen, was derzeit natürlich noch unklar ist, können Sie die bereits erfolgten Bestellungen ohne Kosten stornieren.
Falls demgegenüber die Geschäfte im Herbst/Winter wieder geöffnet sind, liegt in der derzeitigen ungewissen Situation eine Störung der Geschäftsgrundlage gem. dem nachfolgend zitierten § 313 BGB vor:
"§ 313 Störung der Geschäftsgrundlage
(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.
(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.
(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung."
Sofern daher die Geschäfte im Herbst/Winter noch geschlossen sein müssen, wäre es Ihnen nicht zumutbar, die bestellten Waren abzunehmen und zu bezahlen, so dass Sie zum Rücktritt berechtigt waren, was sich allerdings erst in einigen Wochen/Monaten herausstellen wird.
Sofern demgegenüber die Geschäfte im Herbst/Winter wieder öffnen dürfen, können Sie im Falle geänderter tatsächlicher Gegebenheiten eine Anpassung der Bestellungen gem. § 313 Abs. 1 BGB verlangen. Eine abschließende Aussage auch in Höhe eines maximalen Stornierungssatzes ist derzeit nicht möglich und dem Wandel der Situation geschuldet. Sicherlich werden hier die betrieblichen Kennzahlen Anzahl der Verkäufe, diese verglichen zu den Vorjahren eine Rolle spielen.
Zum Zwecke der Schadensminimierung ist es sicherlich empfehlenswert, den Rücktritt baldmöglich zu erklären, um Ihren Vertragspartnern die Gelegenheit zu geben frühzeitig umzudisponieren.
Allerdings gilt § 313 BGB nur subsidiär für den Fall, dass bspw. vertragliche Geschäftsbedingungen keine konkrete Regelung enthalten. Da die Coronapandemie allerdings ein juristisch mit Krieg und erheblichen Naturkatastrophen vergleichbares unvorhersehbares und unabwandbares Ereignis darstellt, werden die Vertragsbestimmungen hierzu kaum eine konkrete Regelung treffen, so dass Sie sich auf die Störung bzw. den Wegfalls der Geschäftsgrundlage gem. § 313 BGB berufen können.
Da es ausreicht, den Rücktritt zu erklären, ohne sich in der Erklärung auf einen konkreten Grund zu berufen, könnten Sie die Erklärung wie von Ihnen zitiert abgeben.
Um allerdings unnötigen Rückfragen vorzubeugen, könnten Sie in die Erklärung den Zusatz einfügen "Aufgrund der ungewissen Zeitdauer der behördlich angeordneten Schließung unserer Geschäfte..."
Ich hoffe, Ihnen mit meinen Anmerkungen weitergeholfen zu haben, wünsche Ihnen viel Erfolg und stehe Ihnen gerne unter RA-Fey@web.de für etwaige Rückfragen zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Andrea Fey
Rechtsanwältin und Notarin
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ich sehe gerade, dass Sie die Deadline für die Beantwortung auf heute 16:00 gesetzt haben. Wäre es evtl. ausreichend, wenn ich Ihnen meine Antwort erst heute gegen 22:00 zukommen lasse?
Ich bitte um kurze Mitteilung und möglichst Verlängerung der Deadline im System.
Vielen Dank und freundliche Grüße
Andrea Fey
Rechtsanwältin und Notarin