Prüfung Kaufvertrag Immobilie / EFH in Berlin
Fragestellung
Sehr geehrte Damen und Herren,
meine Frau und ich beabsichtigen den Kauf eines Einfamilienhauses in Berlin. Gestern erhielt ich den Kaufvertragsentwurf durch den Makler.
Ich würde nun gerne den Vertrag auf ungewöhnliche oder für uns negative Klauseln oder Bedingungen prüfen lassen. Insbesondere wird uns durch die Maklerin (und den Kaufvertragsentwurf) auch nahegelegt, eine GbR zu gründen. Was wären hier Vor- und Nachteile?
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Besten Dank im Voraus
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Antwort von Rechtsanwalt Hans-Georg Schiessl
Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Nachfrage.
Ich habe mir den Kaufvertrag angesehen. Es handelt sich um einen Standardvertrag über eine Bestandsimmobilie der keinerlei gravierende Besonderheiten aufweist.
Auf einige Punkte möchte ich Sie dennoch hinweisen, da sie meiner Erfahrung nach bedeutsam sind.
Zunächst zur Frage der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts.
Diese ist in §§ 705 ff BGB geregelt.
Wenn Sie und Ihre Frau gemeinsam diese Immobilie kaufen und auch beide Eigentümer werden wollen, dann müssen Sie keinesfalls eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts "gründen" wie die Maklerin meint. Eine Gründungsakt wie etwa bei einer GmbH (Eintragung in das Handelsregister,..) ist hier nicht erforderlich.
Das bedeutet, wenn Sie und Ihre Frau den Kaufvertrag unterzeichnen, so bilden Sie automatisch eine Gesellschaft des Bürgerlichen Rechts nach §§ 705 ff BGB, mit der Folge, dass Sie nur gemeinsam über die Immobilie verfügen können und auch gemeinsam verpflichtet sind die Lasten der Immobilie zu tragen.
Die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts entsteht also mit der Vertragsunterzeichnung kraft Gesetz. Die im notariellen Kaufvertrag genannte "Oder-" Variante ist daher nicht erforderlich
Nun zum Kaufvertrag selbst:
Wie aus dem Vertragsinhalt ersichtlich bestehen auf dem Grundstück Belastungen, vor allem ein Zwangsversteigerungsvermerk.
Unter § 2 5 des Vertrages ist bestimmt das die Zahlung auf ein Konto des Notars zu erfolgen hat.
Dies sollten Sie unbedingt beibehalten und nicht an den Verkäufer direkt zahlen. Der Notar tritt nämlich hier als Treuhänder auf und trägt dafür Sorge, dass der Kaufpreis erst dann (Wahrscheinlich an die Bank des Verkäufers) weitergeleitet wird, wenn sichergestellt ist, dass alle Belastungen (vor allem auch der Zwangsversteigerungsvermerk) gelöscht werden. Dies ergibt sich aus § 2 6 des Vertrages deutlich.
Wichtig für Sie ist § 5 des Kaufvertrages:
Im Kaufvertrag ist die Gewährleistung für Mängel an der Immobilie ausgeschlossen.
Unabhängig von diesem Gewährleistungsausschluss haftet der Verkäuferaber für Mängel an der Immobilie die er Ihnen arglistig verschweigt. Hier ist ein Gewährleistungsausschluss nicht möglich.
Arglistige Täuschung bedeutet nicht nur, dass Ihnen der Verkäufer absichtlich Mängel verschweigt, sondern eine arglistige Täuschung liegt bereits vor, wenn Ihnen der Verkäufer eine Mängelfreiheit bestätigt, er aber tatsächlich keine Ahnung zum Zustand des Gebäudes hat (Behauptung ins Blaue).
Es besteht also durchaus die Möglichkeit trotz des Gewährleistungsausschlusses den Verkäufer in Haftung zu nehmen.
In § 6 3 des Vertrages ist geregelt, dass alle künftigen Erschließungskosten von Ihnen getragen werden sollen. Geregelt ist dabei vor allem dass gleichgültig ist, wann hier eine Rechnung erstellt wurde.
Es besteht daher die Möglichkeit, dass ein Erschließungskostenbetrag bereits in Rechnung gestellt worden ist und Sie diesen bezahlen müssten.
Sie sollten hier den Verkäufer nach solchen Rechnungen und Bescheiden befragen.
In den Kaufvertrag sollten Sie dann die Zusicherung des Verkäufers aufnehmen, dass keine offenen Erschließungsbeitragsrechnungen oder Bescheide bestehen.
Die Erschließungskosten können eine erhebliche Kostenlast nach sich ziehen, Sie sollten also hier beim Verkäufer nochmals nachfassen.
Ansonsten sind keine Besonderheiten vorhanden.
Wenn Sie Nachfragen oder Unklarheiten haben, dann können Sie gerne Nachfragen,
Ich hoffe Ihnen mit meinen Ausführungen einen ersten Überblick verschafft zu haben und verbleibe
Mit freundlichen Grüßen
Hans-Georg Schiessl
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