Pflichtteil trotz Testament
Fragestellung
Mein Vater ist am 23.04.2015 verstorben.
Meine Mutter, mein Bruder und ich waren erbberechtigt.
Das Gesamtvermögen gehörte beiden Elternteilen zusammen.
Es wurde ein Erbschein beantragt, weil kein Testament mehr vorliegen sollte.
Nach Monaten wurde die Eröffnung eines Testaments aus dem Jahr 1986 bekannt gegeben.Der Erbschein war damit hinfällig.
In diesem Testament wurde meine Mutter zur Alleinerbin benannt.
Meinem Bruder und mir wurde ein Haus je zur Hälfte vermacht, Gesamtwert ca. 175000 Euro.
Dieses Haus wurde von meinen Eltern jedoch bereits 1995 verkauft, ist damit nun nicht mehr verfügbar.
Meine Mutter ist faktisch nunmehr Alleinerbin.
Schließt dies ein Anrecht auf einen Pflichtteil aus?
Ist das Testament aus 1986 so gültig?
Hintergrund ist, dass meine Mutter zunehmend dement wird und hier die Gefahr besteht, dass das gesamte Vermögen zur Pflege benötigt wird.
Ich bitte um eine Antwort.
Vielen Dank.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
0900-1010 999 * anrufen
Antwort von Rechtsanwalt Daniel Hesterberg
Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne auf Basis Ihres Einsatzes und des von Ihnen mitgeteilten Sachverhalts wie folgt beantworte:
Wenn Ihre Mutter Alleinerbin ist - unterstellt, dass Testament ist wirksam, wovon erst einmal mangels entgegenstehender Anhaltspunkte auszugehen ist - dann haben Sie als Abkömmling einen Pflichtteil in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Erbteils.
Aber:
Der überlebende Ehegatte des Erblassers (Ihre Mutter) ist neben Verwandten der ersten Ordnung (Sie als Abkömmling) zu einem Viertel als gesetzlicher Erbe berufen.
Hatten Ihre Eltern keinen Ehevertrag und lebten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft demnach, so gilt:
Wird der Güterstand durch den Tod eines Ehegatten beendet, so wird der Ausgleich des Zugewinns dadurch verwirklicht, dass sich der gesetzliche Erbteil des überlebenden Ehegatten um ein Viertel der Erbschaft erhöht; hierbei ist unerheblich, ob die Ehegatten im einzelnen Falle einen Zugewinn erzielt haben.
Ihre Mutter hätte den die Hälfte rein gesetzlich gesehen, Sie 1/8 = die Hälfte von 1/4, da es zwei Abkömmlinge gibt.
Sollte im Hinblick auf das Testament ein Vermächtnis hinsichtlich des Hauses vorliegen, so wäre das gesondert zu prüfen.
Ist das Haus bereits verkauft, so gilt:
Nach § 2169 Abs. 1 BGB ist bzw. wird das Vermächtnis eines bestimmten Gegenstands (Haus) unwirksam, soweit der Gegenstand zur Zeit des Erbfalls nicht zur Erbschaft gehört, es sei denn, dass der Gegenstand dem Bedachten auch für den Fall zugewendet sein soll, dass er nicht zur Erbschaft gehört (das müsste aber sich so aus dem Testament ergeben).
Ich hoffe, Ihnen damit weitergeholfen zu haben und wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.
Vielen Dank im Voraus für Ihre Bewertung meiner Antwort. Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Hesterberg
Rechtsanwalt
Sie haben eine Frage im Bereich Erbrecht?
Raten Sie nicht weiter!
Unsere Rechtsanwält*innen geben Ihnen gerne eine kostenlose
Ersteinschätzung zu Ihrem Anliegen.
Jetzt kostenlose Ersteinschätzung einholen