(Nationale) Zuständigkeit bei Ermittlungen
Beantwortet von Rechtsanwältin Anja Merkel, LL.M.
Fragestellung
Sehr geehrte Frau Merkel,
meine Frage betrifft die (nationale) Zuständigkeit bei Ermittlungen. Ich bin Deutscher und derzeit dabei, mein Studium in der Schweiz abzuschließen. Bis vor 9 Jahren (vor dem Studium) habe ich ausschließlich in Deutschland gelebt.
Offensichtlich führen die Behörden hier in der Schweiz Ermittlungen gegen mich, die schon vor Jahren in Deutschland ( vor dem Studium im Ausland) begonnen wurden. Beispielsweise werden Freunde und Bezugspersonen befragt, dürfen mir dazu aber keine Angaben machen. Von den Behörden ist noch niemand je mit Vorwürfen o.ä. an mich herangetreten und ich habe deshalb noch keinerlei Rechtsberatung genutzt. Ich empfinde das derzeitige Vorgehen und die Ermittlungen als Schikane und würde mir eine schnellstmögliche Einstellung wünschen. Ein Prozess gegen mich ist aus meiner Sicht vollkommen aussichtslos.Es geht wohl um vielfältige Vorwürfe, die Schiene "Psychiatrie" gibt den Behörden scheinbar große Handlungsspielräume. Es gibt allerdings keine nennenswerte psychische Störungen. An Gesetzesverstößen fällt mir neben wenigen harmlosen "Übertretungen" nur ein, dass ich möglicherweise häufig bei einem Frankreichaufenthalt mit dem Rad gegen Verkehrsregeln verstieß. (Die Gesetze sind hier wohl relativ hart.)
Deshalb strebe ich an, dass die Behörden in Deutschland bei den Ermittlungen schnellstmöglich wieder das Heft in die Hand nehmen (und nach einer Überprüfung des Falls die Ermittlungen einstellen können). Die schweizerischen Behörden dürften das nur ungern zulassen, da sie mit großem Aufwand gegen mich vorgegangen sind.
Meine Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz habe ich im Herbst 2014 offiziell abgemeldet und bin seither häufig wieder in Deutschland. Meine Wohnung im Ausland ist auf Ende Februar 2015 gekündigt und ich werde zurück nach Deutschland ziehen. Allerdings bin ich an der Universität im Ausland noch bis Mitte 2015 eingeschrieben und habe noch eine schriftliche Prüfung abzulegen und eine Abschlussarbeit (per Post bis Februar 2015) abzugeben.
Meine Frage ist nun: Wann genau sind die Behörden gezwungen, die Zuständigkeit für den Fall zurück nach Deutschland zu übergeben und was kann ich dafür tun? Macht es einen Unterschied, ob ich die ausstehende Prüfung schon im Februar ablege oder erst Mitte 2015 (und dann für die Prüfung in die Schweiz reise)? Mit dem Ablegen der Prüfung bereits im Februar 2015 wäre auch verbunden, dass ich von Mitte Februar bis Mitte des Jahres 2015 nur noch in einem "Urlaubssemester" (keinem regulären Semester) eingeschrieben wäre.
Vielen Dank für Ihre Hilfe und freundliche Grüße
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Antwort von Rechtsanwältin Anja Merkel, LL.M.
Sehr geehrter Fragesteller,
ich beantworte Ihr Anliegen auf Basis der zur Verfügung gestellten Informationen und des augelobten Einsatzes folgendermaßen:
1. Wann genau sind die Behörden gezwungen, die Zuständigkeit für den Fall zurück nach Deutschland zu übergeben und was kann ich dafür tun?
Gar nicht. Ein anderer Staat KANN um Übernahme der Strafverfolgung wegen einer der schweizerischen Gerichtsbarkeit unterworfenen Tat ersucht werden, vgl. Art. 88 IRSG, jedoch gibt es keinerlei Verpflichtung zur Abgabe, wenn die Tat der schweizer gerichtsbarkeit unterworfen ist.
Da Sie nicht angeben/wissen warum und ob überhaupt gegen Sie ermittelt wird, kann ich zur schweizer Zuständigkeit keine konkreten Anagben tätigen.
Damit eine tat der schweizer Gerichtsbarkeit unterworfen wird, reicht es aus, dass die Tat auf schweizer Territorium begangen wurde.
2. Macht es einen Unterschied, ob ich die ausstehende Prüfung schon im Februar ablege oder erst Mitte 2015 (und dann für die Prüfung in die Schweiz reise)?
Ja und nein.
Eine Abgabe der STrafverfolgung auf einen anderen Staat kann unter folgenden Voraussetzungen durchgeführt werden, vgl. Art. 88 IRSG:
wenn die Gesetzgebung des anderen Staates (Deutschalnd) die Verfolgung und die gerichtliche Ahndung der Tat zulässt und wenn:
a.
der Verfolgte sich dort aufhält und seine Auslieferung an die Schweiz unzweckmässig oder unzulässig ist; oder
b.
er diesem Staat ausgeliefert wird und die Übertragung der Strafverfolgung eine bessere soziale Wiedereingliederung erwarten lässt.
Insofern kommt es bei einem Verfahrensübernahmeersuchen darauf an, wo der Verfolgte sich aufhält und nicht wo und wann eine Prüfung abgelegt wird.
Ob dies Ihrem Studium schadet kann ich nicht sagen. Hier dürfte maßgeblich sein, ob es eine Anwesenheitspflicht gibt oder nicht. Gibt es eine solche Verpflichtung, gefähren Sie Ihr Studium, wenn Sie
in Deutschland wohnen und der UNi in der Schweiz fernbleiben. Insofern kann eine vorgezogene Prüfung hilfreich sein.
Hier noch ein link zum Gesetz: http://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19810037/index.html
Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass dieses Forum eine ausführliche und persönliche Rechtsberatung nicht ersetzen kann, sondern vor allem dafür gedacht ist, eine erste rechtliche Einschätzung zu ermöglichen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen könnte die rechtliche Beurteilung Ihres Anliegens anders ausfallen.
Beste Grüße
Anja Merkel, LL.M.
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