Nachforschungen von Vers. zwecks Leistungsverweigerung
Beantwortet in unter 1 Stunde
Fragestellung
Hallo,
ich bin Epileptiker und soweit medikamentös eingestellt, dass ich i.d.R. anfallsfrei und damit verkehrstüchtig bin. Aufgrund des vollkommen überraschenden und plötzlichen Todes meiner 39jährigen Schwester hatte ich in unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang dazu eine ganze Serie von Anfällen (komplex-fokale Anfälle). Im Rahmen einer Routineuntersuchung (halbjährliche-jährliche ambulante Kontrolltermine) meiner Fachklinik in deren Behandlung ich mich bereits seit über 30 Jahren befinde riet mir mein Facharzt dazu den hausinternen Integrationsfachdienst aufzusuchen und mich beraten zu lassen. Nachdem ich diesem meine Situation geschildert habe schlug mir die Sachbearbeiterin vor, diesen Umstand zur Beantragung eines höheren GdB (90% inkl. der Marken G und B) zu nutzen (bislang 50%),zumahl ich aktuell ohnehinn nicht selbst fahren dürfte und ich deshalb auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sei. Mir stellt sich allerdings inzwischen die Frage "Inwieweit kann mir in einem Jahr daraus von der Kfz-Haftpflichtversicherung ein Strick gedreht werden, damit diese im Falle eines Schadens ihre Leistung verwähren darf? Darf und wird sie ins Blaue hinein bei Versorgungsamt und/oder Haus- bzw. Facharzt Informationen einfordern ( immerhin merkt und sieht man mir meine Epilepsie nicht an und ich bin wie gesagt normalerweise anfallsfrei, weshalb es vermutlich kein anfallsbedingter Unfall wäre).
Als Antwort würde mir bereits ein Anstoß in Form eines Einzeilers und den entsprechenden Normen und/oder Urteilen aus denen dies hervorgeht genügen. Die Details wäre ich als Wirtschaftsjurist ( LL.B.) in der Lage mir selbst zu erarbeiten.
Vorab Vielen Dank
Patrick Saar
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Antwort des Experten
Sehr geehrter Fragensteller,
FeV § 11 FeV Eignung Ewald Ternig Haus/Krumm/Quarch, Gesamtes Verkehrsrecht
1. Auflage 2014:
"Vgl Nr. 5 der Anlage 4 zur FeV. Allein die Tatsache, dass ein Betroffener wegen Diabetes mellitus in Behandlung ist, rechtfertigt nicht die Annahme der Fahrungeeignetheit, wenn die Krankheit gut eingestellt ist und sich der Betroffene an die ärztlichen Vorgaben hält.[1] Anderes gilt im Fall einer nicht ausreichend eingestellten Zuckerkrankheit.[2] Im Zusammenhang mit einer Diabetes verpflichten konkrete tatsachengestützte Eignungsbedenken nur für die Fahrerlaubnisklasse der Gruppe 1 zur Einholung eines ärztlichen Gutachtens.[3] Ein Diabetiker kann ein von ihm ausgehendes gesundheitlich bedingtes Risiko im motorisierten Straßenverkehr – wenn überhaupt – nur durch ein besonders ausgeprägtes Verantwortungsbewusstsein ausgleichen.[4]"
Die Einstufung in einem höheren GdB kann ein Indiz für eine Einschränkung der Fahrtauglichkeit sein, aber nicht ohne ein im Vergleich zur Vergangenheit zunehmendes Maß an Anfällen oder einer gesteigerten Intensität, die die Fahrtauglichkeit weiter einschränkt.
Jedenfalls müssen die üblichen Fahrpausen nach Anfällen eingehalten werden!
In den AKB der KFZ Versicherungen wird zwar in der Regel nicht nach dem Gesundheitszustand gefragt ( im Gegensatz zu Krankenversicherungen ). Den Nachweis des Vorsatzes oder der groben Fahrlässigkeit bei der Verursachung eines Unfalls muss dann die Versicherung selber führen. Es kommt aber stets auf den Wortlaut der von Ihnen konkret geschlossenen KfZ Versicherung an.
Die Beweislast der Fahrtauglichkeit bei Bewusstseinsverlust obliegt allerdings dem Versicherungsnehmer. Denn der Versicherung ist natürlich der Beweis ohne Einsicht in die Patientenakte anderweitig nicht möglich.
Der Versicherer kann sich nämlich bei ungewöhnlichen Verkehrsunfällen ( wie sie bei einem epileptischen Anfall zu befürchten sind - Fahren in den Gegenverkehr oder Graben ) schnell auf die grob Fahrlässige oder vorsätzliche Handlung berufen.
Dann ändert sich die Beweislast zu Ihren Ungunsten:
BGH, Urteil vom 20. 6. 1990 - IV ZR 298/89 (Frankfurt):
"Insoweit ist für § 61 VVG anerkannt, daß die Beweislastregelung in § 827 Satz 1 BGB, wonach die Beweislast für die Zurechnungsunfähigkeit den Täter trifft (BGHZ 98, 135, 102, 227) entsprechend anwendbar ist (vgl. Senatsurteile VersR 85, 440; 89, 469). Für den gleichgelagerten Fall des § 152 VVG kann nichts anderes gelten."
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Saeger
- Rechtsanwalt -
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Was will man mehr?! Gerne Wieder.
Vielen Dank für Ihre prompte Bearbeitung. Wenn ich Sie richtig verstanden habe bedeutet dies also im Klartext: Im Falle eines "schlüssigen" Unfallhergangs, der jedem durch Unachtsamkeit hätte passieren können (z.B. Auffahrunfall an roter Ampel) liegt die Beweislast meiner Fahruntauglichkeit i.d.R. bei der Versicherung (sofern in der Police nicht anders geregelt), bei ungewöhnlichen Unfällen die Beweislast meiner Fahrtauglichkeit bei mir. Die Versicherung darf aber nicht pauschal damit argumentieren, dass ein GdB von 90 nur Epileptikern ausgestellt wird, die mehrmals wöchentlich Anfälle bekommen, ich also vermutlich fahruntauglich war und deshalb ICH nachweisen muss, dass dieser Unfall nicht aufgrund eines Anfalls passierte.
Die entscheidende Frage wurde allerdings noch nicht beantwortet: Da ich - allein schon um dies zu vermeiden - garantiert nicht mit meinem GdB haussieren gehen werde und man mir im Übrigen meine Krankheit nicht ansieht hat die Versicherung bei einem "normalen" Unfall keinen Anhaltspunkt dafür bei mir eine Epilepsie anzunehmen. Darf Sie sich dennoch "ins Blaue hinein" bei meinen Ärzten und/oder dem Versorgungsamt danach erkundigen
genau so ist es: bei "normalen" Unfällen wird kein Hahn danach krähen. Zumal es bereits keine Kausalität gibt.
Die Versicherung hat auch bei "ungewöhnlichen" Unfällen kein Akteneinsichtsrecht, aber bei "ungewöhnlichen" Unfällen tragen Sie die Beweislast.
MfG
RA Saeger
Wäre aber m.E. auch aus verfassungsrechtlichen Gründen höchstbedenklich und deshalb vermutlich anfechtbar - Stichwort informationelle Selbstbestimmung ;-). Einen juristischen Kleinkrieg können sich allerdings nur die wenigsten leisten. Meist hat die Versicherung den längeren Atem, leider. Deshalb war es mir wichtig im Vorfeld bereits eine gewisses KnowHow zu haben, wie weit die Versicherungen gehen dürfen.
Dass bei einem epileptischen Anfall keine Versicherung freiwillig zahlt, ist irgendwie logisch.
Das in dem von Ihnen zitierten Kommentar geforderte ausgeprägte Verantwortungsbewusstsein ist bei mir übrigens dahingehend erfüllt, dass ich
1. Vorgefühle (Auren) habe und deshalb frühzeitig an die Seite fahren kann,
2. selten alleine fahre, sondern meistens (insbesondere Langstreckken) jemanden dabei habe, der notfalls das Steuer übernehmen kann und
3. meinen -hoffentlich bald genehmigten- Ausweis dazu benutzen werde, wo- und wann immer möglich auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen.
Vielen Dank
ein Arzt, der ohne ihre Einwilligung Auskunft erteilt, macht sich nach § 203 StGB strafbar.
Die Basisinformation über die grds. Gesundheitsproblematik erlangt die Versicherung bei Großunfällen meist über informative Dritte ( Arbeitskollegen, Bekannte, etc. ) oder aus der Besonderheit des Unfallgeschehens selbst. Das ist eher ein tatsächliches und weniger ein rechtliches Problem.
Wie gesagt: bei ernsthaften Attacken ist grds. eine mehrmonatige Fahrpause notwendig.
MfG
RA Saeger