Meine Erbsage,
Fragestellung
Hallo Herr Ra. Hesterberg,
meine Unterlagen haben Sie ja. Nochmals die Frage:
Handelt es sich bei dem Testament um ein Vermächtnis oder eine Teilungsanordnung ?
kurz der Sachverhalt um den es geht: Unsere Tante ist vor einem Jahr verstorben und laut ihrem Testament soll meine Schwester ( ihre Nichte ) nun ihren Nachlass regeln. Beide sind wir Erben je ½. Einige weitere Personen wurden von ihr mit Bargeld bedacht.
Unsere Tante, war nicht verheiratet und hat auch selbst keine Kinder.
Des weitern gibt es in ihrem handschriftlich verfassten Testament folgende Aussagen:
Nach dem meine Schwester verstoben ist, sind mein Neffe…….., und meine Nichte………, meine Erben.
Den Bauplatz soll meine Nichte erhalten.
Mein Anteil an den Grundäckern geht an meinen Neffen und meine Nichte über.
Den Hörgel Acker soll die Tochter meines Neffen erhalten.
Die Frage lautet:
Liegt hier nun ein Vermächtnis oder eine Teilungsanordnung vor.
Unsere Tante, hat uns immer zu gleichen teilen ( über 50 Jahre ), in ihrem Leben bedacht, also wenn der eine 100€ bekam, bekam der andere ( Nichte und Neffe ) die auch. Das war ein Grundsatz ihres Lebens, niemanden zu benachteiligen.
Jetzt schon vielen Dank für Ihre Antwort.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwalt Daniel Hesterberg
Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),
vielen Dank für Ihre nochmalige Anfrage hinsichtlich des weiteren Sachverhalts in dieser Erbsache), die ich gerne auf Basis Ihres Einsatzes und des von Ihnen mitgeteilten Sachverhalts wie folgt beantworte:
In der Tat kommen eine Teilungsanordnung nach § 2048 BGB in Betracht als auch ein dazu abzugrenzendes Vermächtnis nach den §§ 2147 ff. BGB.
Dieses ist durch Auslegung der letztwilligen Verfügung (Testament oder Erbvertrag) zu ermitteln.
Teilungsanordnungen können die Verwaltung oder die Auseinandersetzung des Nachlasses betreffen. Der Erblasser kann etwa einzelnen Miterben bestimmte Nachlassgegenstände zuweisen.
Ein Vermächtnis ist nach der Rechtsprechung immer dann anzunehmen, wenn der Begünstigte nach dem Willen des Erblassers einen Vermögensvorteil gegenüber den übrigen Miterben bekommen soll.
Ob der Erblasser den Erben begünstigen wollte, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln. Indiz für einen Begünstigungswillen kann sein, dass der Erblasser den zu einem Vermögensvorteil des Begünstigten führenden objektiven „Mehrwert“ kannte, während fehlende Kenntnis für das Fehlen eines Begünstigungswillens und damit gegen ein Vorausvermächtnis spricht.
Die Abgrenzung ist gerade zu dem Vorausvermächtnis wichtig; Letzteres ist nach § 2150 BGB, Vorausvermächtnis, wie folgt bestimmt:
"Das einem Erben zugewendete Vermächtnis (Vorausvermächtnis) gilt als Vermächtnis auch insoweit, als der Erbe selbst beschwert ist."
Weist der Erblasser einem von mehreren Miterben Gegenstände zu, deren Wert denjenigen des Erbteils übersteigt, kann auch nur der Mehrbetrag im Wege des Vorausvermächtnisses zugewandt worden sein.
Damit ist die Auslegung mitunter schwer, aber ich neige folgende Lösung zu.
Eine Anrechnung auf de Erbteil soll nicht stattfinden, wonach hier das eher für ein Vermächtnis spricht.
Charakteristisch für ein Vorausvermächtnis ist zudem, dass der Vorausvermächtnisnehmer einen rechtlich selbstständigen Anspruch (neben der Erbschaft) erhält, auch ob der Erblasser einem Miterben Gegenstände zugewiesen hat, deren Wert höher ist, als diesem nach der Quote bei der Auseinandersetzung zukäme (Kriterium der Wertverschiebung).
Da hier neben der Einzelregelung: "Den Bauplatz soll meine Nichte erhalten" noch zusätzlich die Gleichbehandlung im Rahmen der Bestimmung im Testament "Mein Anteil an den Grundäckern geht an meinen Neffen und meine Nichte über" vorhanden ist, also die Einzelregelung ohne Anrechnung auf den Erbteil zugunsten der Nichte im Testament steht, spricht dieses für ein singuläre Vergünstigung im Wege eines Vorausvermächtnisses hinsichtlich des Bauplatzes.
Immer dann ist von einer Teilungsanordnung auszugehen, wenn der Erblasser den Bedachten auf die Übernahme des Gegenstands festlegen wollte.
Darauf deutet aber gerade nichts hin. Zwingend handelt es sich um ein Vermächtnis, wenn der Erblasserwille dahin geht, dass der Bedachte den Gegenstand auch dann erhalten soll, falls er wider Erwarten nicht Erbe wird.
Das liegt hier näher, weil der Bauplatz allein steht.
Vor dem Nachlass mag das anders gewesen sein, aber hie zeigt sich doch eher ein abweichender Wille.
Ich hoffe, Ihnen damit weitergeholfen zu haben und wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.
Vielen Dank im Voraus für Ihre Bewertung meiner Antwort. Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Hesterberg
Rechtsanwalt
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ich würde mich ja Ihrer Einschätzung sofort anschließen, wenn ich meine Tante nicht sehr
gut gekannt hätte und sie mich übrigens auch. Denn am 6. so wie am 12.01.2012 hatte ich sie besucht, sie hatte dazu Eingeladen, dies hat sie auch in Ihrem Tagebuch vermerkt. Das Testament trägt das Datum den 10.01.2012. Eine Ihrer Fragen die sie an beiden Tagen an mich hatte, war: Was würdest du mit dem Bauplatz machen, wenn du diesen nach meinem Tode erhalten würdest?
Und meine Antwort war darauf – natürlich bauen!
Gerade dies wollte sie verhindern und mehr nicht. Das weiß auch meine Schwester. Und wenn ihr verhalten, wie beschrieben nicht über 50 Jahre gleich gewesen wäre, jeder bekommt dasselbe nicht mehr und nicht weniger. Würde ich ihnen auch zustimmen. So fällt es mir aber schwer.
Es ist sogar sehr wahrscheinlich, dass es ein zweites neueres Testament gab und dieses durch meine Schwester vorgelegte nicht das letzte Gültige ist. Sie hat ja ganz alleine die Wohnung, also ohne mich betreten am Tage des Todes unserer Tante. Und zu diesem Zeitpunkt alle Papiere die ihr so wichtig erschienen an sich genommen und mir bis heute keinen Einblick gewährt.
Beweisen kann ich dies allerdings nicht.
Mit freundlichem Gruß
R.P
Auch hier ein klares Handeln unserer Tante, denn seit 2010 durch den Tod unserer Mutter ihrer
Schwester gehörten uns, meiner Schwester und mir ja schon die ½ der Äcker. Durch diesen Satz, hat sie wieder keinen benachteiligt. Und dies obwohl meine Schwester nichts damit anfangen kann, ich sehr wohl, da ich eine kleine Landwirtschaft betreibe.
Mit freundlichen Grüßen
R.P.
vielen Dank für Ihre Nachfrage, die ich gerne wie folgt beantworte:
In Ordnung, jetzt verstehe ich den Hintergrund besser und in der Tat muss ich sagen, dass diese gewichtigen Umstände im Vorfeld natürlich bei der Auslegung des Testaments hinreichend zu berücksichtigen sind.
Man kann natürlich die Sinnhaftigkeit des Vorgehens ihrer Tante hinterfragen, aber der Wille des Erblassers ist entscheidend zu berücksichtigen und somit komme ich dann auch zu dem Auslegungsergebnis, dass dann umso mehr für eine Teilungsanordnung spricht.
Hinsichtlich des zweiten, neueren Testaments haben Sie folgendem Anspruch gegenüber Ihrer Schwester:
Auch unter Miterben besteht ein Auskunftsanspruch ausnahmsweise, wenn ein Miterbe einen Wissensvorsprung wie hier hat beziehungsweise Erbschaftsgegenstände in Besitz hat beziehungsweise sogar zurückhält.
Es besteht ein Auskunftsanspruch und gegebenenfalls auch einen Anspruch auf Herausgabe gegen den Erbschaftsbesitzer, § 2027 BGB (Auskunftspflicht des Erbschaftsbesitzers).
Desweiteren besteht hinsichtlich Verfügungen von Todes wegen eine Ablieferungspflicht, worauf ihre Schwester hinzuweisen wäre.
§ 2259 Abs. 1 BGB - Ablieferungspflicht:
"Wer ein Testament, das nicht in besondere amtliche Verwahrung gebracht ist, im Besitz hat, ist verpflichtet, es unverzüglich, nachdem er von dem Tode des Erblassers Kenntnis erlangt hat, an das Nachlassgericht abzuliefern."
Ich hoffe, Ihnen damit weitergeholfen zu haben und wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.
Vielen Dank im Voraus für Ihre Bewertung meiner Antwort. Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Hesterberg
Rechtsanwalt