Markenrecht - gewerblich - dringende Frage
Fragestellung
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich betätige mich seit kurzem als gewerblicher Händler im Bereich Nahrungsergänzungsmittel, speziell für Sportler.
Nun wurde ich von einem größeren Hersteller aufgefordert ihm meine Bezugsquelle seiner Produkte mitzuteilen, da ich nicht direkt bei dem Hersteller als Händler gelistet bin, sondern meine Waren über Dritte beziehe. Das widerstrebt mir jedoch sehr.
Im Folgenden ein Auszug aus der E-Mail des Herstellers:
"Da Sie bei uns nicht als Händler in dem von uns betriebenen geschlossenen Vertriebssystem teilnehmen, stellt sich die Frage, woher Sie die zum Verkauf angebotenen Produkte beziehen wollen, sofern es sich hierbei tatsächlich um unsere Produkte handeln sollte. Darüber hinaus bieten Sie die entsprechenden Produkte zu einem Preis an, der ebenfalls vermuten lässt, dass die von Ihnen angebotenen Produkte möglicherweise Plagiate darstellen, da diese deutlich unter Marktpreis angeboten werden.
Daher steht uns auch ein entsprechender Auskunftsanspruch gemäß § 19 in Verbindung mit § 14 Markengesetz zu.
Wir fordern Sie daher auf, bis spätestens Mittwoch, den 22.06.2016 mitzuteilen, über wen Sie die Produkte beziehen.
Sollte die gesetzte Frist fruchtlos verstreichen, werden wir die Angelegenheit unseren Rechtsanwälten übergeben, die die entsprechenden Schritte einschließlich Schadenersatz und Unterlassungsansprüche Ihnen gegenüber geltend machen."
Die Produktbilder habe ich selbst gemacht und weder diese noch die Produktbeschreibungen vom Hersteller kopiert. Sämtliche Produkte sind original versiegelt und somit keine Plagiate. Bezüglich der Preise herrscht in Deutschland meines Wissens die unverbindliche Preisempfehlung.
Da mir die Begründung sowie die Rechtsgrundlage sehr fragwürdig vorkommen und ich meine Bezugsquellen nicht preisgeben möchte, würde ich mir gerne fachkundlichen Rat holen und fragen, ob ich dem Hersteller tatsächlich offenlegen muss, woher ich die Produkte seiner Marke beziehe und falls ja, in welchem Umfang? Was, wenn ich die Produkte zuvor privat bezogen und keine Rechnung mehr vorliegen habe?
Durch etwas Eigenrecherche bin ich auf den Erschöpfungsgrundsatz gemäß § 24 Markengesetz gestoßen, welcher meiner Meinung nach in diesem Fall zutrifft, da die besagten Waren in vielen anderen (Online-)Shops, auf eBay etc. angeboten werden und dem
Vielen Dank und mit freundlichen Grüßen
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Antwort von Rechtsanwalt Michael Pilarski
Sehr geehrter Ratsuchender,
die Angelegenheit ist rechtlich nicht wenig komplex. Grundsätzlich ist es natürlich so, dass der Inhaber einer Marke mit der Marke nach seinem Belieben ähnlich wie ein Eigentümer mit seinem Eigentum verfahren kann.
Hier ließe sich der Hebel bereits ansetzen, weil man dem „vermeintlichen“ Hersteller entgegnen könnte, dass er sich zwar auf die rechtlichen Grundlagen aus §§ 19, 14, 4 MarkenG beruft, jedoch keinerlei Nachweis dafür vorliegt, dass er tatsächlich der Inhaber einer eingetragenen Marke ist. Hier könnte man ihn im Erwiderungsschreiben auffordern, den Nachweis zu erbringen, bevor man sich Gedanken über die Frage macht, ob überhaupt Auskunft gegeben wird.
Wie Sie selbst bereits richtig sagen, könnte außerdem der so genannte Erschöpungsgrundsatz nach § 24 MarkenG Anwendung finden.
Allerdings bestehen hier bestimmte Voraussetzungen. Es kommt vornehmlich darauf an, ob der Hersteller, wenn er denn Inhaber der Marke ist, die Ware selbst oder mit seiner Zustimmung über einen Dritten mit oder ohne Vertriebsbeschränkung in den Vertrieb gebracht hat. Nach der Rechtsprechung ist eine solche Vertriebsbeschränkung in der Regel durchaus zulässig.
Das bedeutet, wenn Sie die Waren von einem Händler oder dem Hersteller aus dem Inland, der EU oder dem EWR-Raum erworben haben, für den keine Vertriebsbeschränkungen vorlagen, dann dürfte der Erschöpungsgrundsatz Anwendung gelten.
Wenn Sie die Waren aber von Händlern erworben haben, die allesamt Vertriebsbeschränkungen unterlagen, dann wäre der Weiterverkauf rechtlich problematisch. Dies müssten Sie überprüfen. Insofern könnte unter Umständen doch ein „geschlossenes Vertriebssystem“ vorliegen. Wenn es jedoch mehrere Händler gibt auf zahlreichen Händlerplattformen gibt, die Waren an Verbraucher sowie an weitere Händler weiterverkaufen, dann könnte das tatsächlich gegen ein „geschlossenes Vertriebssystem“ sprechen.
Wenn Sie die Waren privat erworben haben, dann wäre es zwar eine Möglichkeit sich darauf zu berufen, dass Sie kein gewerblicher Händler sind, jedoch dürfte dies nicht funktionieren, wenn Sie große Mengen in den Vertrieb bringen. Dies ist regelmäßig ein Indiz für die gewerbliche Tätigkeit.
Zu beachten ist jedoch, dass selbst wenn die Marke wegen der Geltung des Erschöpfungsgrundsatzes genutzt werden darf, dies nicht gleichzeitig bedeutet, dass Sie auch das Markenlogo bzw. die Markengrafik zwecks eigener Werbung verwenden dürfen.
Ich kann Ihnen gerne anbieten, Sie bei direkter Beauftragung meiner Person in dieser Rechtsangelegenheit zu vertreten.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen weiterhelfen. Nutzen Sie die Kommentarfunktion, falls Unklarheiten bestehen, damit ich diese gegebenenfalls ausräumen kann.
Mit freundlichen Grüßen
Pilarski
(Rechtsanwalt)
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