Kündigungsschutz
Beantwortet
Fragestellung
Sehr geehrter Herr Barthel,
ich arbeite in der unselbständigen Repräsentanz eines japanischen Unternehmens mit unter zehn Mitarbeitern, nur vier Mitarbeiter, davon zwei aus Japan entsandt. In seinem Heimatland hat das Unternehmen über 10.000 Mitarbeiter. Welcher Kündigungsschutz gilt für das Unternehmen in Deutschland? Der für Unternehmen unter zehn Mitarbeitern oder der für Unternehmen über zehn Mitarbeitern?
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort des Experten
Sehr geehrte/r Ratsuchende/r,
zunächst möchte ich mich für die Anfrage bedanken.
Um auf Ihre Frage zurückzukommen:
Zunächst kommt es darauf an, seit wann Sie bei Ihrem Arbeitgeber beschäftigt sind. Wenn Sie vor dem 31.12.2003 dort zu arbeiten begonnen haben, dann liegt der Schwellenwert, ab dem Sie Kündigungsschutz nach dem KSchG genießen, bei 5 Mitarbeitern. Wenn Sie nach dem 31.12.2003 dort zu arbeiten begonnen haben, dann gelten als Schwellenwert die von Ihnen genannten 10 Mitarbeiter.
Für die Berechnung der Mitarbeiterzahl kommt es in Ihrem Fall allerdings nicht auf das Unternehmen insgesamt mit seinen über 10.000 Mitarbeitern an, sondern auf den jeweiligen Betrieb.
Wenn ich es richtig verstanden habe, hat Ihr Unternehmen eine "Außenstelle" hier in Deutschland, in welcher Sie mit vier anderen Mitarbeitern beschäftigt sind, zwei davon aus Japan entsandt. Ich gehe nun im weiteren davon aus, dass es keine weiteren solcher "Außenstellen" gibt, sondern nur die Ihre.
Solange keine Mitarbeiter des Mutterkonzerns regelmäßig mit Ihnen und Ihren Kollegen vor Ort zusammenarbeiten und auf diese deutsches Arbeitsrecht anwendbar ist, sodass man unter Umständen von einem sogenannten Gemeinschaftsbetrieb ausgehen könnte, können die Mitarbeiter des Mutterkonzerns nicht mit einbezogen werden (da das Unternehmen seinen Sitz nicht in Deutschland hat), sodass das Kündigunsschutzgesetz bei Ihnen keine Anwendung findet kann.
Sollten Sie mit Kollegen aus Japan so eng zusammenarbeiten, dass man von einem Gemeinschaftsbetrieb ausgehen könnte, so könnte man die betroffenen Mitarbeiter miteinberechnen, um den Schwellenwert zu erreichen. Diese Mitarbeiter würden in diesem Fall deutschem Recht unterliegen, sodass sie mitgezählt werden könnten (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26.03.2009).
Von einem sogenannten Gemeinschaftsbetrieb kann man auch ausgehen, wenn Sie mit Mitarbeitern anderer Firmen sehr eng zusammenarbeiten und diese deutschem Arbeitsrecht unterliegen. Auch diese könnten dann miteinbezogen werden.
Sollten Sie mit keinem Ihrer japanischen Kollegen (oder Mitarbeitern anderer Unternehmen) so eng zusammenarbeiten und man somit nicht von einem Gemeinschaftsbetrieb ausgehen können, so haben Sie tatsächlich nur 4 Mitarbeiter und kommen nicht in den Schutzbereich des Kündigungsschutzgesetzes.
Ihre Kündigungsschutzregeln sind dann im Arbeitsvertrag, oder in einem Tarifvertrag oder im BGB (§ 622) zu finden.
Sollten in Ihrem Arbeitsvertrag Kündigungsschutzregeln vereinbart worden sein, gelten diese, solange diese Sie nicht schlechter stellen, als die Regeln in einem eventuell für Sie geltenden Tarifvertrag oder aber dem BGB. Sollten die Vereinbarungen zum Kündigungsschutz in Ihrem Arbeitsvertrag Sie schlechter stellen, als die aus einem eventuell gültigen Tarifvertrag oder dem BGB, sind die Vereinbarungen in Ihrem Arbeitsvertrag in der Regel ungültig und die Regelung des Tarifvertrags oder des § 622 BGB ist anzuwenden.
Sollte ich versehentlich von falschen Voraussetzungen ausgegangen sein, teilen Sie mir dies bitte mit, damit ich meine Aussage spezifizieren kann.
Ansonsten hoffe ich, dass ich Ihre Frage zufriedenstellend beantwortet konnte. Für Rückfragen stehe ich Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.
Hinweis zur Anwendbarkeit deutschen Arbeitsrechts:
Wenn ein Mitarbeiter einen deutschen Arbeitsvertrag hat oder im Arbeitsvertrag deutsches Arbeitsrecht gewählt wurde, kann dies (wenn das Recht des Gastlandes dies zulässt), zur Anwendbarkeit deutschen Arbeitsrechts führen.
Sollten Sie mit Mitarbeitern aus dem Mutterkonzern so eng wie oben beschrieben zusammenarbeiten, müssten Sie folglich in Erfahrung bringen, wie dies bei den betroffenen Mitarbeitern geregelt wurde. Sollten Sie dies nicht ausfindig machen können, so haben Sie leider schlechte Chancen von einem Gemeinschaftsbetrieb ausgehen zu können. Bei Firmen in Deutschland würde sich dies einfacher gestalten.
Mit freundlichen Grüßen,
Bürthel Michael,
Fachanwalt für Arbeitsrecht
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