Kündigung mit oder ohne Abfindung ?
Fragestellung
Hallo Herr Pilarski,
ich bin seit über 21 Jahren in einem mittelständischen Betrieb angestellt. Erst als Sachbearbeiterin, später dann als Führungskraft. Ich habe mich für das Unternehmen sehr engagiert und persönlich aufgeopfert. Dies wurde vom Vorstand immer sehr geschätzt und hervorgehoben.
Nun bin ich wegen einer chronischen psychischen Erkrankung seit Mitte 2014 voll erwerbsgemindert und beziehe Erwerbsminderungsrente.
Zudem bin ich ebenfalls ab Mitte 2014 mit 50 % schwerbehindert. Davon habe ich die Firma schriftlich in Kenntnis gesetzt.
Im Frühjahr bin ich von Hamburg nach Flensburg umgezogen. Jüngst hat mir die Firma meine noch in der Firma verbliebenen Sachen per Post geschickt.
Nun die Frage: Ich befinde mich in einem ungekündigten, aber ruhenden Arbeitsverhältnis. Wenn ich richtig informiert bin, kann mir die Firma aufgrund meiner Schwerbehinderung nicht kündigen.
Ich möchte das Vertragsverhältnis lösen um Abzüge bei meiner Direktversicherung zu verhindern und um dieses Lebenskapitel abzuschließen.
Kann ich das nur mit einer normalen Kündigung oder kann ich auch einen Aufhebungsvertrag fordern? Wenn ja, mit welcher Begründung ? Welche Chancen hat so eine Forderung? Wie hoch sollte ich die Abfindungssumme festsetzen? 0,5 Gehälter pro Jahr ? Haben Sie da Erfahrungswerte?
Wie gesagt, ich bin eine langgediente und geschätzte Mitarbeiterin. Die Firma hat mir bislang nichts angeboten, wartet also ab bzw. `hofft´ dass ich wiederkomme, was allerdings krankheitsbedingt wohl nicht absehbar ist.
Danke für Ihre Einschätzung!
Mit freundlichen Grüßen,
Susanne
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwalt Michael Pilarski
Sehr geehrte Ratsuchende,
vielen Dank für Ihre Anfrage:
Eingangs möchte ich darauf hinweisen, dass eine abschließende Beurteilung der Rechtslage ohne die Einsicht in den Arbeitsvertrag nicht möglich ist.
Ausgangslage ist, dass Sie ein laufendes Arbeitsverhältnis mit Ihrem Arbeitgeber haben. Wenn Sie davon sprechen, dass es sich um ein mittelständisches Unternehmen handelt, dann gehe ich zunächst davon aus, dass es mehr als 10 Mitarbeiter hat.
Dies unterstellt, wäre zunächst der Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz gegeben. Eine Kündigung muss daher sozial gerechtfertigt sein. Sie kann aus personenbedingten, verhaltesbedingten oder betriebsbedingten Gründen erfolgen. Dies muss der Arbeitgeber im Zweifel nachweisen. Einschränkungen könnten sich daraus ergeben, wenn Sie leitende Angestellte gewesen sind.
Außerdem genießen Sie besonderen Kündigungsschutz nach dem SGB IX, weil Sie einen Grad der Behinderung von 50% haben. Hier muss für die Wirksamkeit der Kündigung sogar das Integrationsamt zustimmen.
Sie können das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der im Arbeitsvertrag individuell oder der in § 622 BGB geregelten Kündigungsfristen kündigen. Einen Aufhebungsvertrag fordern kann man nicht, denn ein Aufhebungsvertrag ist ein Vertrag, der eine Einigung erfordert. Zu einer Einigung können Sie Ihren Arbeitgeber nicht zwingen. Sie können nur anfragen und hoffen, dass Ihnen der Arbeitgeber entgegenkommt. Chancen hätte die Forderung nach einem Aufhebungsvertrag durchaus, weil Ihnen der Arbeitgeber sonst kündigen müsste und dies ist unter Berücksichtigung Ihres Status entsprechend schwierig. Einen Anspruch auf Abfindung haben Sie nicht, es sei denn dies ist in Ihrem Arbeitsvertrag vertraglich geregelt. Eine Abfindung ist ausschließlich Verhandlungssache. Hier kann man ein Bruttogehalt pro Betriebszugehörigkeit ansetzen als Verhandlungsgrundlage.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen weiterhelfen. Nutzen Sie die Kommentarfunktion, falls Unklarheiten bestehen, damit ich diese gegebenenfalls ausräumen kann.
Mit freundlichen Grüßen
Pilarski
(Rechtsanwalt)
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