Grunderwerbsteuer
Beantwortet von Steuerberater, vBP Ingo Kneisel
Fragestellung
Hallo,
Meine Schwester verkauft mir ihre Eigentumswohnung die ca. 300.000 Euro wert ist für 150.000 Euro. Dazu wird es einen notariellen Vertrag geben. Der restliche Wert von 150.000 Euro wird mir gegen Pflegeleistungen an meiner pflegebedürftigen Schwester übertragen. Woran bemisst sich die Grunderwerbsteuer an 300.000 oder 150.000 Euro in NRW?
Vielen Dank für eine Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
Patricia H.
Antwort von Steuerberater, vBP Ingo Kneisel
Sehr geehrte Fragestellerin,
im Rahmen einer Erstberatung und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes und den von Ihnen gemachten Sachverhaltsangaben, möchte ich Ihre Fragen gerne im Nachstehenden wie folgt beantworten:
Sie wollen die ETW Ihrer Schwester zum Preis von 300.000,--€ kaufen. Gezahlt werden soll wein KP i. H. v. 150.000 € Die restlichen 150.000 € sollen dadurch abgegolten werden, dass Sie die Pflege der Verkäuferin (Schwester) übernehmen.
Allgemeines zur Grunderwerbsteuer:
§ 9 Gegenleistung
(1) Als Gegenleistung gelten
1. bei einem Kauf:
der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen;.....
Zur grunderwerbsteuerlichen Gegenleistung gehört also alles, was für den Erwerb des Grundstücks aufgewendet wird. Die Grunderwerbsteuer wird in der Regel somit von der Gegenleistung berechnet (§ 8 Abs. 1 GrEStG). Zur Gegenleistung gehört jede Leistung, die der Erwerber (Sie) dem Veräußerer (Ihre Schwester) oder einer anderen Person für den Erwerb des Grundstücks gewährt (§ 9 Abs. 1 GrEStG). Als Gegenleistung gilt insbes. nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen, etc.
Als grunderwerbsteuerliche Gegenleistung gilt auch eine Pflegeverpflichtung, die der Grundstückskäufer gegenüber dem Veräußerer im Grundstückskaufvertrag eingeht. Allerdings mit der Besonderheit bezüglich des Zeitpunktes der Fälligkeit der GrESt.
Die OFD Niedersachsen erklärt, mit welchem Wert diese Verpflichtung in den Grunderwerbsteuerbescheid einfließt. Die Grunderwerbsteuer bemisst sich somit nach dem Wert der Gegenleistung (§ 8 Abs. 1 GrEStG), i. d. R. nach dem Kaufpreis des Grundstücks. Als Gegenleistung gilt aber auch eine zukünftige unentgeltliche Pflegeverpflichtung, die der Grundstückserwerber gegenüber dem Verkäufer vertraglich übernimmt. Derartige Vereinbarungen sind in der Praxis insbesondere unter nahen Angehörigen anzutreffen.
Die OFD Niedersachsen hat mit Verfügung vom 21.2.2014 erklärt, mit welchen Werten diese Pflegeverpflichtungen steuerlich anzusetzen sind und wann diese in den Grunderwerbsteuerbescheid einfließen dürfen. Danach kann die Pflegeleistung für grunderwerbsteuerliche Zwecke mit folgenden Monatswerten angesetzt werden (ab. 1.1.2012):
bei Pflegestufe I bis 450,00 EUR
bei Pflegestufe II bis 1.100,00 EUR
bei Pflegestufe III bis 1.550,00 EUR
Die Wertansätze ergeben sich aus § 36 SGB XI.
Sofern der Erwerber des Grundstücks keine ausgebildete Pflegekraft ist, dürfen die Leistungen ab dem 1.1.2012 mit folgenden (niedrigeren) Monatswerten angesetzt werden (Sätze für Pflegegeld nach § 37 SGB XI):
bei Pflegestufe I 235,00 EUR
bei Pflegestufe II 440,00 EUR
bei Pflegestufe III 700,00 EUR
Die OFD weist darauf hin, dass der Wert der Pflegeleistung für steuerliche Zwecke nicht anzusetzen ist, wenn der Grundstückserwerber eine Ersatzleistung für den Fall einer nicht möglichen Pflege erbringen muss. In diesem Fall muss der Wert der Ersatzleistung herangezogen werden.
Zu der Frage, wann die Pflegeverpflichtung in den Grunderwerbsteuerbescheid einfließen darf, unterscheidet die OFD zwei Fälle:
Sofortige Pflegebedürftigkeit:
Sofern die Pflegebedürftigkeit bei Abschluss des Grundstückskaufvertrags bereits besteht, müssen die Finanzämter die Gegenleistung in Form der Pflegeverpflichtung sofort in die Berechnung der Grunderwerbsteuer einbeziehen.
Zukünftige Pflegebedürftigkeit:
Muss die Pflegeleistung hingegen erst noch in (ungewisser) Zukunft vom Erwerber erbracht werden, besteht also aktuell noch keine Pflegebedürftigkeit des Veräußerers, sollen die Finanzämter die Grunderwerbsteuer zunächst ohne den Wert der Pflegeverpflichtung festsetzen und im Grunderwerbsteuerbescheid darauf hinweisen, dass der Eintritt der Pflege dem Finanzamt angezeigt werden muss. Zugleich sollen die Ämter den Steuerfall über (maximal) 10 Jahre überwachen. Sofern der Pflegefall später eintritt, müssen sie die Pflegeleistung in einem zusätzlichen Grunderwerbsteuerbescheid ansetzen (keine Änderung des ursprünglichen Bescheides).
Fazit:
Ist der Kaufpreis i. H. v. 300.000 € also bereits um den rechnerischen Wert der Dienstleistungsverpflichtung i. H. v. 150.000 € gekürzt, ist hier für grunderwerbsteuerliche Zwecke je nach o. g. Fallgestaltung der Wert i. H. v. 150.000 € sofort oder später um die Werte lt. SGB zu erhöhen, wenn dies notariell so vereinbart wird. Der notarielle Kaufpreis sollte also unter der Berücksichtigung der Pflegedienstleistung mit 150.000 € bezeichnet werden. Der steuerliche Wert der Pflegeleistung ergibt sich dann wie oben beschrieben.
Wie errechnet sich der Wert der Pflegeleistung:
Sie haben z. B. Ihrer 75 Jahre alten Schwester, die in die Pflegestufe I eingruppiert ist, Pflege auf Lebenszeit zugesagt. Die Pflegepflicht beträgt 235 EUR x 12 = 2.482 EUR. Nach dem Kapitalwert einer lebenslänglichen Nutzung (BStBl. I 01, 1041) ist der Jahreswert in unserem Beispiel mit 7,271 zu vervielfältigen, sodass sich ein Wert von 18.046 EUR ergibt.
Ich hoffe Ihre Anfrage richtig verstanden- und ausreichend beantwortet zu haben. Sollten Rückfragen bestehen, nutzen Sie bitte gerne die Nachfragefunktion.
Mit freundlichen Grüßen
Ingo Kneisel
Steuerberater
vereidigter Buchprüfer
Detmolder Str. 235, 33605 Bielefeld
E-mail: info@ingo-kneisel.de
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Ingo Kneisel
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Ingo Kneisel
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