Gewinnerzielungsabsicht
Fragestellung
Seit 16 Jahren bin ich neben meiner nichtselbständigen Tätigkeit selbständig als BWL-Dozent an Fachhochschulen und VHS tätig. In der Vergangenheit habe ich dabei eigentlich immer Gewinne erzielt, die ich versteuert habe. Aufgrund eines persönlich bedingten Umzugs weg aus meiner Heimat in den Süden habe ich mein bis dahin aufgebautes Kontaktnetzwerk bezüglich meiner Dozententätigkeit verloren, so dass es mir trotz Bemühungen schwer fiel irgendwelche Aufträge zu bekommen und ich in den Jahren 2009 bis 2012 Verluste aus dieser Tätigkeit erwirtschaftete.
Diese Verluste möchte das Finanzamt nicht anerkennen. Es unterstellt mir trotz Totalgewinns eine Aufgabe meiner Gewinnerzielungsabsicht. Ein Abwarten ist nicht möglich aufgrund einer laufenden Klage, muss ich auf die Aufhebung der Vorläufigkeiten, die seit 2009 im Einkommensteuerbescheid vorhanden sind, bestehen.
Das Finanzamt fordert Nachweise darüber, dass ich mich in der Verlustzeit um Aufträge gekümmert habe (Bewerbungen etc.). Leider besitze ich darüber keine Nachweise, da dies lediglich persönlich bei mir ablief. Ein potentieller Auftraggeber, bei dem ich vorstellig geworden bin, hat sich bereit erklärt zu bestätigen, dass ich mich dort beworben habe.
Weiter bittet mich das Finanzamt meine Einnahmen vor der Verlustphase und meine aktuellen Einnahmen nachzuweisen, sowie eine Gewinnprognose zu erstellen.
Muss ich meine Einnahmen aus der Vergangenheit nachweisen? Müssten diese dem Finanzamt nicht bekannt sein (Seit meines Umzuges würde es sicherlich aufwendig werden diese Unterlagen wieder zusammenzusuchen)? Kann es solche Nachweise von mir verlangen? Muss ich eine Gewinnprognose erstellen obwohl ich mich noch im Bereich eines Totalgewinns bewege?
Unglücklicherweise lassen sich meine aktuellen Einkünfte nicht nachweisen, da ich leider nichts schriftliches habe und eine Bezahlung erst im Nachhinein (Ende Oktober) vereinbart ist. Vom aktuellen Auftraggeber mag/kann ich aus verschiedenen persönlichen Gründe, die ich nicht weiter ausführen möchte, keine schriftlichen Bestätigungen anfordern.
Fraglich ist, ob das Finanzamt auf die gewünschten Nachweise bestehen kann und mir meine Verluste einfach streichen kann? Denn die Arbeit als Dozent im Fachbereich BWL/VWL ist keine bloßes Hobby (Liebhaberei). Müsste das Finanzamt nicht wie von mir gewünscht die Verluste anerkennen und die Vorläufigkeiten aufheben - auch ohne dass ich mehr als die o.g. Bestätigung nachweise - ?
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Antwort von Dipl.-Bw. (FH) / Steuerberater Ralph Arens
Hallo und vielen Dank für Ihre Anfrage.
Ja, dass Finanzamt darf diese von Ihnen genannten Nachweise verlangen. Natürlich sollten dem Finanzamt die Zahlen der Jahre vor 2009 vorliegen. Aufgrund des Wechsels der Zuständigkeit zwischen zwei Bundesländern, kann ich aus Erfahrung bestätigen, dass sich hier so mancher Sachbearbeiter schwertut. Nun, das ist die Realität.
Wenn Sie vier Jahre in Folge Verluste erwirtschaften, stellt sich tatsächlich die Frage, der Gewinnerzielungsabsicht. Auch wenn Sie in den vorherigen Jahren Gewinne erwirtschaftet haben. Hätten Sie Ihre aktive Tätigkeit Ende 2008 beendet, dann müsste das Finanzamt in den Folgejahren zumindest klar zuordenbare nachlaufende Betriebsausgaben steueerlich mindernd anerkennen. Das wäre schon mal die absolute Untergrenze.
Ihr Sachbearbeiter braucht klare Anhaltspunkte dafür, dass Sie auch zukünftig Gewinne erzielen möchten. Entsprechend Ihrer Ausführungen, können Sie dies noch nicht nachweisen. In so weit ist es in Ihrem Sinne, wenn die Bescheide 2009 bis 2012 unter dem Vorbehalt erlassen wurden, da noch keine abschließende Beurteilung der selbständigen Einkünfteerzielungsabsicht möglich ist. Welche Klage dies erfordert, dass dem nicht so ist, sollten Sie mir noch mitteilen.
Auch wenn Sie keinen Schriftverkehr zwecks Auftragssuche nachweisen können, so sollten Sie zumindest eine eigene Chronologie und Dokumentation erstellen, wann Sie mit wem im Bezug auf Ihre Dozententätigkeit gesprochen haben. Oder zu welchen Netzwerktreffen/Hochschulen/Messen Sie gegangen sind. Soweit sich nun die ersten Früchte daraus ernten lassen und weitere Aufträge zu erwarten sind, dann ist es zwingend erforderlich eine entsprechende Vorausschau/Planung zu erstellen. Diese kann ebenso als Indiz für die Gewinnerzielungsabsicht herangezogen werden.
Reichen diese Angaben und Prognosen dem Finanzamt nicht, bleibt es bei dem Vorbehalt. Ist in 2014 ein Gewinn realistisch? Pragmatisch kann auch sein, einafch einige Ausgaben nicht zu berücksichtigen, um nun in die Gewinnzone zu kommen?
Wie realistisch sind weitere Gewinne in 2015/2016?
Herzliche Grüße
Ralph Arens
Steuerberater aus Bielefeld
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